Schwanenjungfrau
400
Märchentyp AT: 400; cf. 401
Grimm KHM: Der König vom goldenen Berg 92; Die Rabe 93;
Die drei schwarzen Prinzessinnen 137; Der Trommler 193
Ein Junge beraubt eine
Schwanenjungfrau ihres Federkleides oder eines
Kleidungsstückes und zwingt sie dadurch zur Ehe. Da das
Federkleid (Kleidungsstück) nicht verbrannt wurde,
erhält sie es wieder und flieht. Es folgt die Suche des
Jungen nach der Schwanenjungfrau. Er begegnet dabei drei
alten hilfreichen Frauen, bei denen er übernachtet und
die ihm den Weg weisen, Tieren verschiedener Sphären
(Landtiere, Wassertiere, Vögel), dem Nordwind oder
streitenden Riesen und erwirbt verschiedene Zauberdinge:
Mantel, Schuhe, Schwert etc. Er muss einen hohen Berg
(Glasberg) erklimmen oder wird von einem Adler dorthin
gebracht, und erreicht schliesslich das jenseitige Schloss
mit der Prinzessin. Diese soll verheiratet werden, doch
der Junge besiegt mittels der Zauberdinge seinen
männlichen Widersacher. Oder er gibt sich zu erkennen,
worauf das Gleichnis vom alten und neuen Schlüssel folgt.
Der Freier tritt ab und er wird von der Prinzessin
geheiratet.
Anmerkung
Die Hauptversion des Märchens wird mit der von anderen
Märchen her wohlbekannten Einleitung von drei Brüdern,
die nacheinander einen Acker bewachen, gekoppelt. Nur der
Jüngste entdeckt den Schwan, beraubt ihn seines
Federkleides, gibt es ihm aber gegen das Eheversprechen
zurück und bekommt schliesslich einen Ring als
Erkennungszeichen, worauf der Schwan verschwindet. Das
Verschwinden kann auch nach der Hochzeit geschehen, aber
in jedem Fall fordert die Heldin den Helden auf, sie zu
suchen, und nennt dabei oft den Namen des
Aufenthaltsortes. Auf der Suche nach seiner verlorenen
Braut trifft der Held zwei Männer, die um ein Erbe
streiten, das aus einem Tarnmantel, Hundertmeilenstiefeln
oder ähnlich kostbaren Dingen besteht. Unter dem Vorwand,
das Erbe zu teilen, setzt er sich in den Besitz der
Gegenstände und verschwindet (siehe 518). Kaum im Besitz
dieser Gegenstände, muss der Jüngling "die drei
wegweisenden Instanzen" aufsuchen. In einigen
Varianten sind dies Sonne, Mond und Wind, und sie helfen
ihm, den Aufenthaltsort der Heldin zu finden. Meistens
sind es aber drei alte Männer oder Frauen, die über
verschiedene Tiere herrschen, und mit ihrer und eines
Vogels Hilfe erreicht der Jüngling den Ort, an dem sich
die Heldin befindet. Das Motiv vom Flug mit dem Vogel ist
manchmal so ausgebildet wie im Märchen vom Bärensohn
(301AB).
Der Schluss des Märchens ist durch seine vielfach
wechselnden Formen interessant. Die oben besprochenen
Varianten, die damit beginnen, dass der Jüngling einen
Acker bewacht und die Schwanenjungfrauen dort entdeckt,
endigen oft damit, dass der Jüngling seine Braut
ungefähr so wie der Bärensohn (301) befreit, nachdem er
den Drachen, Riesen oder Unhold besiegt hat, der sie der
Vorstellung nach in seiner Gewalt hatte. Im Zusammenhang
damit wird oft der Ring als Erkennungszeichen vorgewiesen.
So endet auch eine grosse Anzahl der Varianten, die bei
den slawischen Völkern bekannt sind. Die übrigen
europäischen und einige indische, nord- und
westasiatische Varianten schliessen hingegen damit, dass
der Held sich nur mittels seines Ringes oder dergleichen
zu erkennen gibt. In einem ziemlich grossen
orientalisch-europäischen und besonders
orientalisch-slawischen Gebiet werden dem Helden wie im
Märchen Die magische Flucht (313) durch den Riesen oder
den Unhold schwere Aufgaben gestellt. Nach ihrer Lösung
folgt in ungefähr der Hälfte der Fälle die eigentliche
Flucht mit magischen Verwandlungen oder dem Wegwerfen
verschiedener magischer Gegenstände.
Ausser der oben wiedergegebenen Hauptversion haben wir
drei weitere Typen mit einer im grossen gesehen auf
Europa beschränkten Verbreitung. Im ersten dieser
sekundären Typen ist ein Jüngling meistens schon im
Mutterleib dem Teufel versprochen wurden. Er geht jedoch
bei einem Priester in die Lehre und wird auf dieselbe
Weise erlöst wie der Jüngling in 810 (Der Teufel und der
magische Kreis). Er soll eine oder mehrere Prinzessinnen
in einem Schloss erlösen, worin der Teufel haust.
Manchmal sind sie schwarz oder versteinert. Die
Wiederverwandlung geschieht dann nur Schritt für Schritt.
Sie gelingt ihm jedoch, und er gewinnt seine Prinzessin,
aber als er dann sein Elternhaus aufsuchen will,
verstösst er gegen ihre Vorschriften und verliert den
Wunschring (Flugring), womit er sich im Nu nach Hause und
wieder zurück versetzen oder seine Gemahlin
herbeiwünschen konnte. Er muss nun auf andere Weise die
Heldin zu erreichen suchen und gewinnt sie wie in der
Hauptversion mit Hilfe der magischen Gegenstände der um
das Erbe Streitenden und nach dem Besuch bei "den
drei wegweisenden Instanzen" zurück. Doch gibt er
sich gewöhnlich wiederum durch einen Ring zu erkennen.
In dem zweiten sekundären Typ ist der Held oft Soldat,
und auch er erlöst eine oder mehrere Prinzessinnen
dadurch, dass er sich drei Nächte in einem Schloss
aufhält, worin Teufel hausen. Auch hier kommen schwarze
oder in anderer Weise verzauberte Prinzessinnen vor, aber
die Erlösung ist nicht vollzogen, bevor der Jüngling die
Prinzessin auf einem bestimmten Platz erwartet, und als er
sich mit ihr treffen soll, wird er mit Schlafdorn
gestochen oder auf andere Weise in Schlaf versetzt und
muss sie dann genau wie in der Hauptversion suchen. In
einem dritten sekundären Typ ist genauso wie im ersten
ein Jüngling schon im Mutterleib dem Teufel versprochen
worden. Durch den Diebstahl eines Federkleides oder eines
Kleidungsstückes wird ihm die Hilfe einer
Schwanenjungfrau zugesagt. Darauf folgen zuerst schwere
Aufgaben und dann die magische Flucht und die vergessene
Braut. Dieser Typus unterscheidet sich von 313 nur durch
das eingeschobene Schwanenjungfraumotiv.
Im Çatapatha-Brahmana ehelicht Pururavas die Fee (d.h.
"Apsara") Urvaçi. Nach Übertreten des Gebotes
verschwindet sie, und schliesslich findet er sie in
Schwanengestalt wieder. Auf der Balkanhalbinsel ist die
eigentliche Vorstellung von Schwanenjungfrauen genau wie
in Indien in den Volksglauben übergegangen (in Indien
"Apsaras", auf dem Balkan "Neraiden").
Wir scheinen hier ein Gegenstück zu dem Glauben der alten
Ägypter zu haben, dass die Störche Menschen seien, oder
zum Volksglauben an Jungfrauen in Seehundsgestalt an den
Küsten der Ost- und Nordsee.
Ein Studium der am besten erzählten orientalischen
Version des Hauptmärchens, welche zweifelsohne die
Erzählung von Hassan von Basra in Tausendundeiner Nacht
mit ihren drei Varianten in derselben Märchensammlung
ist, zeigt zwar, dass der Teil des Märchens, der von den
Schwanenjungfrauen handelt, ohne Zweifel dem
indisch-persischen Kern von Tausendundeiner Nacht
angehört, aber auch, dass die Konturen schon in diesem
Teil des Märchens so verwischt wurden, dass die
unverkennbar ursprünglich geradlinige Komposition sich
erst nach einer Analyse zeigt. Hinzu kommen einige
deutliche Dublierungen. Ferner kommt hinzu, dass die
Motive von den um das Erbe Streitenden und den drei
wegweisenden Instanzen ihre Plätze getauscht haben oder
ebenfalls Erweiterungen sind. Es hat demnach eine
Umarbeitung stattgefunden, und zwar möglicherweise schon
auf persischem Boden.
Das Märchen ist in Europa durch das Wielandslied am
frühesten belegt, das einer unserer ältesten Eddalieder,
aber gleichzeitig südgermanischen Ursprungs ist. Das
Motiv der Erzählung scheint nicht der Sage oder den
Sekundärtypen entlehnt zu sein, sondern der Hauptversion.
Dafür sprechen teils die sowohl im Märchen als auch in
der Erzählung vorkommenden beiden Bräute, teils die drei
Brüder. Die letzteren sind zweifelsohne von den drei vor
allem nach dem Norden gehörenden, den Acker bewachenden
Brüdern inspiriert, die dann mit Wieland und seinen
beiden Brüdern kombiniert wurden. Drei
Schwanenjungfrau-Ehen gibt es dagegen in keiner Variante
des Märchens oder der Sage. Das ist eine Gestaltung, die
ganz und gar dem Lied angehört. Der Ring, den Niduds
Männer Wieland rauben, hat sein Gegenstück in der
ebenfalls südgermanischen und in der Lieddichtung
übrigens durchschimmernden Siegfriedsage, ist aber mit
dem Erkennungsring der Hauptversion und nicht mit dem
Wunschring (Flugring) des ersten Sekundärtyps in
Zusammenhang zu bringen. Wir werden auch gleich sehen,
dass dieser Sekundärtyp jünger als das Wielandslied ist.
Es scheint, als ob dieses Lied und die Siegfriedsage ihre
Wurzeln in der gleichen Richtung hätten, d.h. dass der
Stoff einst der Donau und dem Rhein gefolgt ist (siehe
519). Dies würde auch erklären, wie die
Wielandsüberlieferung durch den Daedalusmythos bereichert
wurde.
Ausser im Wielandslied finden wir Spuren des Märchens
früh in literarischen Bearbeitungen sowohl auf
französischem Gebiet, u.a. bei Marie de France (um 1150)
in Lanval als auch auf keltischem, italienischem und
deutschem Sprachgebiet. Auf deutschem Sprachgebiet ist
Albrecht von Scharfenbergs Seifrid de Ardemont (14.
Jahrhundert) bemerkenswert. Hierin wird eine Jungfrau in
Schlangengestalt durch den Aufenthalt eines Jünglings in
einem verzauberten Schloss während dreier Nächte
erlöst. Das Schlussmotiv lässt eine in gewisser Hinsicht
mit Hassan von Basra in Tausendundeiner Nacht gemeinsame
Quelle vermuten. In beiden erreicht der Held nämlich die
von ihm Begehrte oder die Schwanenjungfrau dadurch, dass
er sich in eine Pferde- resp. Kamelhaut einnähen lässt
und von einem Vogel (Greif, resp. Rock) in ihr Land
geführt wird - siehe dazu auch die chinesischen Varianten
des Märchens Weberin und Kuhhirt mit dem Einnähen in
eine Kuhhaut.
Ein mit dem Schwanenjungfraumotiv verwandtes Motiv
finden wir in dem aus antiken Vorstellungen geholten
Märchen von Melusine von Jean D’Arras (aus dem Jahr
1387) wieder. Einer Heroisierung des Motivs begegnen wir
u.a. im Märchen von dem von einem Schwan gezogenen
Lohengrin, dessen Herkunft und Name nicht erfragt werden
dürfen (siehe 451).
Literatur
Findeisen, H.: Mensch und Tier als Liebespartner
in der volksliterarischen Überlieferung Nordeurasiens und
der amerikanischen Arktis. Augsburg 1956.
Frank, E.: Der Schlangenkuss. Leipzig 1928.
Hanika, J.: Die schwarzen Prinzessinnen. In: Rheinisches
Jahrbuch für Volkskunde 2, 1951, p. 39-47.
Hartland, E.S.: The science of fairy tales. Detroit 1968.
Heisig, K.: Über den Ursprung der Melusinensage. In:
Fabula 3, 1960, p. 170-181.
Kretschmar, F.: Hundestammvater und Kerberos. Stuttgart
1938.
Moog, H.: Die Wasserfrau. Köln 1987.
Moor, E.: Über das Märchen von der verwünschten
Königstochter: Grimm Nr. 93. In: Aus den
Forschungsarbeiten d. ungar. Inst. u. d. Collegium
Hungaricum. Berlin, Leipzig 1927. p. 185-220.
Mudrak, E.: Herr und Herrin der Tiere. In: Fabula 4, 1961,
p. 163-173.
Petzoldt, L. u.a.: Der Dämon und sein Bild. Frankfurt
1989.
Petzoldt, L.: Von der Liebe zu übernatürlichen Frauen.
In: Rudin: Wahr sein kann man. Pforzheim 1990, p. 89-100.
Schmaus, A.: Das Seelentier der Fee. In: Festschrift für
M. Woltner zum 70. Geburtstag. Heidelberg 1967, p.
219-227.
Spiess, K.v.: Die Sagen von der Fisch- oder
Schlangenjungfrau. In: Wiener Zeitschrift für Volkskunde
46, 1941, p. 31-42.
Märchen
>> Von
drei Schwänen
>> Der Jäger
und die Schwanenjungfrau
>> Die
Wildgänse
>> Die weissen
Vögel vom Arpsee
>> Der Kuhhirt
und die Spinnerin
>> The swan
maiden
>> Swan maiden
and the king
>> The golden
apple tree and the nine peahens
>> The peacock
maiden
>> Prince
Bairam and the fairy bride
Hinweise
Der König vom goldenen Berg:
Eine andere, abweichende Fassung aus Zwehrn: Ein
Fischer soll die Fische liefern, die er schuldig ist, und
kann keine fangen. Da kommt der Teufel, und er verschreibt
ihm für reichen Fischfang seinen Sohn. Am andern Tag
führt er ihn hinaus auf eine Weise, wo ihn der Teufel
holen will; aber der Jüngling nimmt die Bibel mit, macht
einen Kreis und setzt sich hinein, so dass der Böse sich
ihm nicht nähern kann. Der Teufel heisst ihn die Bibel
hinwerfen, aber er tut es nicht; da wirft der Teufel ihm
den Stuhl um, so dass der Kreis zerbrochen wird, und
schleppt ihn eine Ecke mit sich; aber jener lässt die
Bibel doch nicht fallen, und der Böse muss endlich von
ihm weichen. Der Jüngling geht fort und kommt in ein
grosses Haus, darin ist eine Stube, in der es niemand
aushalten kann; er aber legt sich da schlafen. Nachts
kommt ein Diener ohne Kopf, der deutet ihm an, es sei eine
verwünschte Königstochter in dem Haus, die solle er
erlösen, das könne er aber, wenn er sich vor nichts
fürchte. Bald kommen Gespenster, die kegeln und packen
ihn, ballen ihn zusammen und nehmen ihn zur Kugel und
werfen ihn nach den Kegeln. Wie's aber vorbei ist,
erscheint ein Geist und bestreicht ihn mit Öl, und er ist
wieder frisch wie vorher. Die zweite Nacht kommen die
Gespenster abermals, werfen Ball mit ihm, dass ihm alle
Glieder knacken und brechen, und wie sie aufhören, sagen
sie: "Morgen, wenn du noch da bist, sollst du in Öl
gesotten werden". Aber er hat doch keine Furcht, und
der gute Geist kommt und heilt ihn wieder. In der dritten
Nacht machen die Gespenster ein grosses Feuer an, setzen
einen Kessel mit Öl darüber und sagen: "Wenn das
siedet, so werfen wir dich hinein". Und über ein
Weilchen, als es zwölf schlägt, sagen sie: "Jetzt
ist's Zeit!" fassen ihn und werfen ihn nach dem
Kessel, aber er fällt neben hin, und aller Spuk ist
vorbei. Es steht aber eine nackte Jungfrau neben ihm, die
dankt ihm und sagt: "Ich bin eine Königstochter, du
hast mich erlöst und sollst mein Gemahl werden". Da
reist er fort; sie aber lässt sich überreden und verlobt
sich mit einem andern, der eines Königs Sohn ist. Der
junge Fischer begegnet auf dem Weg Zweien, die schlagen
sich um einen Stiefel, wenn man den anzieht, macht man
hundert Stunden mit einem Schritt. Da sagt er zu ihnen:
"Den Streit will ich brechen. Stellt auch
gegeneinander! Wem ich den Stiefel zuwerfe, der soll ihn
haben". Sie drehen sich um, er aber zieht den Stiefel
an, tut einen Schritt und ist hundert Stunden von ihnen
weg. Ebenso erwirbt er einen unsichtbar machenden Mantel.
Nun zieht er fort und kommt in die Stadt, wo die
Königstochter eben ihre Hochzeit feiern will. Er geht mit
seinem Mantel in das Zimmer und stellt sich hinter sie,
niemand kann ihn aber sehen. Und wie sie essen will, hält
er ihr die Hand, da erschrickt sie, blickt sich um, und er
streift den Mantel ein wenig vom Kopf, so dass sie ihn
erkennen kann. Da geht sie mit ihm hinaus, und er rät ihr
dem Königssohn zu sagen, wenn man den alten Schlüssel
wiedergefunden, bedürfe man des neuen nicht.
Wir unterscheiden folgende Teile des Märchens: A. Der
Vater verspricht unwissend seinen Sohn dem Teufel. - B.
Der Jüngling erlöst eine in Schlangengestalt verzauberte
Jungfrau durch drei qualvolle Nächte und wird ihr Gemahl.
- C. Als er seine Eltern besucht, wünscht er wider sein
Versprechen die Gattin herbei, die darauf verschwindet. -
D. Der Jüngling nimmt streitenden Erben drei Wunschdinge,
Schwert, Mantel und Stiefel ab. - E. und kommt unsichtbar
in das Schloss seiner Frau, die eben eine zweite Heirat
schliessen will.
Aus Österreich: "Der Fischerssohn";
Wanderung zu Mond, Sonne, Wind; Frage über den alten
Schlüssel. - Heanzisch: bei Mond, Sonne und Wind; der
Wind gibt Zauberstiefel; Frage vom alten Schlüssel. Aus
Pommern: "Die Königin von Tiefental"; Wanderung
zu Süd-, Ost- und Nordwind. "Das Schloss der
goldenen Sonne"; der Jüngste von drei Brüdern
tötet nach Anweisung der verzauberten weissen Hindin eine
Hexe, wandert ein Jahr lang zu ihrem Schloss und feiert
Hochzeit mit der Jungfrau; wie er dann seine Eltern
aufsucht, beschützt ihn unterwegs sein in einen Zwerg
verwandelter Schwager. - Dänisch: der Vater wird von drei
verzauberten Prinzessinnen verpflichtet, in 18 Jahren
seinen Sohn zu ihnen zu schicken; Wanderung zu drei Hexen.
"Prinsessen med ønskeringen"; die Prinzessin
von Rosenland hinterlässt dem Helden Bleischuhe; er nimmt
streitenden Zwergen Schuhe, Mantel und einen Trog ab und
kommt zur Mutter der Winde, Frage vom Schlüssel.
"Prinsessen på Skammelsbjærg slot"; Wanderung
zum Nordstern; Mond, Sonne. - Norwegisch: "Die drei
Prinzessinnen aus Witenland"; Wanderung zu den Herren
der Tiere, Vögel und Fische.
"Soria-Moria-Schloss"; Halvor tötet in drei
Schlössern drei Trolle und befreit drei Prinzessinnen; er
fragt bei Mond und Westwind und tauscht für sein Pferd
Siebenmeilenstiefel ein. - Rätoromanisch: "Il vento
e l'annuvolato"; ein Hirt wird von einer wilden Frau
Donna Chelina zum Gatten erwählt. - Aus Italien: ein
unglücklicher Fischer erhält vom Teufel (Korsaren)
Fische und Geld gegen das Versprechen, ihm seinen
jüngsten Sohn zu überliefern; aber der Teufel vermag dem
Knaben nichts anzuhaben, weil er das Zeichen des Kreuzes
macht. Ein Adler trägt ihn in ein fernes Schloss und
verwandelt sich dort in die junge Fee Aquillina. Nachdem
er herangewachsen, wird er deren Gatte. Als ihn die
Sehnsucht nach Eltern und Brüdern ergreift, gewährt ihm
Aquillina ein Jahr Urlaub und schenkt ihm einen
Wunschring, verbietet ihm aber, von ihr zu reden. Er
besucht die Seinen und nimmt an einem Turnier des Königs
von Granada teil, rühmt sich dort, dass er die schönste
Frau habe, und ruft, dies zu beweisen, durch den Ring die
Fee herbei. Zürnend erscheint sie, nimmt ihm Ross und
Waffen und verschwindet. Liombruno trifft im Wald drei
Räuber, die um einen unsichtbar machenden Mantel und
Zauberstiefel streiten, bemächtigt sich der Wunschdinge,
fragt auf einem hohen Berg die Winde, die dort bei einem
Einsiedler einzukehren pflegen, nach Aquillinas Land und
darf den Sirocco dahin begleiten. Unsichtbar kommt er in
das Feenschloss und versöhnt sich mit Aquillina. -
Slowenisch: Kuss erlöst die zur Schlange verzauberte
Jungfrau, der Held soll den Ring niemandem zeigen, kommt
zu Sonne, Mond, Wind. - Serbokroatisch: "Die Vila in
Mühlenburg"; die verwünschte Stadt erwacht zum
Leben als das Paar in die Kirche tritt; Mond, Sonne, Wind.
"Die Vila vom Berge erzieht sich ihren Gemahl";
vier Winde. Ristic-Loncarski: der Held heiratet die
erlöste Jungfrau nicht, sondern eine Schlangenprinzessin,
deren Haut er verbrennt; der Zar stellt ihm, um die Frau
zu bekommen, schwere Aufgaben. Sbornik: drei Brüder
sollen drei Jahre und drei Monate im verwünschten Schloss
bleiben; der jüngste greift nach einer Blume und wird zu
Stein. - Tschechisch: "Die schwarze Prinzessin".
"Der Höllentanz"; der Gärtnerjunge mit den
goldenen Haaren befreit die ältere "schwarze"
Prinzessin und heiratet die jüngere. - Slowakisch: in der
verzauberten Burg, in die der Pfeil des jüngsten Prinzen
fällt, schläft die Prinzessin mit elf Hofjungfrauen; als
er sich rührt, verschwinden sie; eiserne Schuhe; zwölf
Glassärge. - Lappländisch: "Der arme Bursch, der
Teufel und die goldene Burg"; keine Qualnächte;
Ring; Könige der Fische und der Vögel; Schuhe und
Mantel. - Ungarisch: Sándor wälzt den Stein von der
verzauberten Kröte fort; erhält einen Zauberring; fragt
bei Erde, Feuer, Wasser und Luft, raubt den Zwergen
Mantel, Schuhe und Geldbeutel; Frage vom Schlüssel.
"Die verwunschene Ente"; der Arme verkauft seine
beiden Kinder nicht dem Teufel, sondern einem Grafen; der
Sohn Janos gewinnt die Fee Ilona, als er auf die
verzauberte Ente schiessen will; verschläft das
Stelldichein, weil ihm der Kutscher eine Zigeunerwurzel in
seinen Rock gesteckt hat; erlöst die Schlange durch drei
Qualnächte. - Zigeunerisch: "Die verwünschte
Stadt"; der Held erlöst die verzauberte Katze durch
drei Qualnächte, dringt aber zu früh zu ihr und wird
verwiesen; seine zweite Frau ist treulos und lässt ihn
töten; als sein Pferd die Leiche zur ersten bringt,
belebt diese sie.
Der bretonische Ritter Graelent im französischen Lai
gelangt, wie er im Wald eine weisse Hindin verfolgt, zu
einem Quell, in dem drei Jungfrauen baden, gewinnt die
Liebe der vornehmsten von ihnen, der er geloben muss, kein
Wort zu sagen, wodurch ihre Liebe offenbar werde, und wird
von ihr mit einem prächtigen Ross und Kleidern beschenkt.
Als König Artus am nächsten Pfingsttag alle Ritter
fragt, ob es eine schönere Frau unter der Sonne gebe als
seine Gattin, schweigt Graelent lächelnd; wie aber der
König ihn auffordert zu reden, erklärt er, er kenne eine
dreissigmal schönere, und wird dazu verurteilt, binnen
einem Jahr die Dame vorzustellen. Traurig reitet Graelent
heim, vergeblich ruft er die Geliebte; am Gerichtstag soll
schon das Urteil über ihn gesprochen werden, da erscheint
die Schöne im Geleit ihrer Jungfrauen, erwirkt die
Freisprechung des Ritters und reitet wieder von dannen.
Graelent folgt ihr und fleht vergeblich um ihre Vergebung;
erst als er zweimal ihr in den Bach nachsprengt und in die
Gefahr des Ertrinkens gerät, erbarmt sie sich und nimmt
ihn mit in ihr Land. - Ähnlich berichtet Marie de France
vom Ritter Lanval, dass er im Wald in einem kostbaren Zelt
eine Dame von wunderbarer Schönheit findet, ihre Minne
geniesst, Geld und Gut gewinnt und die Geliebte oft, ohne
dass sie einem andern sichtbar ist, wiedersieht. Als die
Königin ihm ihre Gunst anträgt, lässt er sich zu der
Erklärung hinreissen, er habe ein Geliebte, deren letzte
Dienerin die Königin noch an Schönheit übertreffe. Die
rachsüchtige Fürstin verklagt ihn bei Artus, der
Gerichtstag wird anberaumt, in der letzten Stunde sprengt
auf weissem Zelter die Geliebte Lanvals heran und erweist
seine Aussage als wahr; dann steigt Lanval hinter ihr aufs
Ross, das beide ins selige Feenland Avallon trägt. -
Deutschland: hier reitet Mundirosa, die jungfräuliche
Herrscherin eines Wunderlandes, dem Helden mit einer Schar
von Rittern und Frauen entgegen und begrüsst ihn mit
Umarmung und Kuss; beim Scheiden schärft sie ihm ein,
dass er sich nie ihrer Schönheit rühme. Auf einem
Turnier in Gassana, wo die Königstochter Duzisamor als
die schönste gepriesen wird, übertritt er dies Gebot und
soll sterben, wenn er nicht in fünf Tagen den Beweis
erbringe. Mundirosa erscheint mit einem schwarzgekleideten
Gefolge, alle sprechen ihr den Preis zu, sie aber nimmt
Abschied von Seifrid. Später lässt er sich in eine
Pferdehaut genäht von einem Greifen übers Meer in ihr
Land tragen, befreit sie durch einen Zweikampf von ihrem
Bedränger Girot und gibt sich ihr zu erkennen.
Die Rabe:
Das Märchen von der verwünschten Königstochter, die
ein Jüngling erlöst, dann aber durch dreimaliges
Einschlafen vor dem Stelldichein verliert und erst nach
geraumer Zeit wiederfindet, zeigt in seiner zweiten
Hälfte nahe Verwandtschaft mit KHM 92 und mit dem
Trommler (KHM 193). Hält man unsre etwas getrübte
Fassung mit den übrigen zusammen, so ergeben sich
folgende Züge: A1. Der Held trifft auf der Jagd oder in
einem verzauberten Schloss eine in ein Tier verwandelte
oder (A2) schwarzgekleidete oder (A3) im Wasser stehende
oder versteinerte Jungfrau, die ihn bittet sie zu
erlösen. - B1. Er lässt sich drei Nächte hindurch
schweigend von Gespenstern misshandeln oder (B2) lässt
die Prinzessin dreimal neben sich schlafen, ohne sie
anzurühren oder zu beleuchten. - C. Dreimal soll er die
Jungfrau bei Tage erwarten, schläft aber ein, da ihn eine
Hexe durch einen Schlafapfel oder eine Schlafnadel
verzaubert hat. - D. Er wandert nach dem fernen Schloss
der Jungfrau und wird durch (D1) Einsiedler, (D2) Geister
oder (D3) Tiere zurechtgewiesen, oder (D4) nimmt
streitenden Erben Wunschdinge, besonders eine Tarnkappe,
fort. - E. Er gelangt endlich in das Schloss und vermählt
sich mit der Jungfrau.
In "Das Schloss im Walde und Ritter Gundiberts
Abentheuer" erlöst der Ritter die Verzauberte aus
ihrer Schlangengestalt durch Schweigen bei furchtbaren
Gespenstern; wie die Jungfrau dreimal vorbeifährt, ist
der Ritter, der zu ihrer Erlösung wachen soll,
eingeschlafen, weil er aus einer Quelle getrunken, an
einer Blume gerochen, einen Apfel genossen hat; sie legt
ihm jedesmal ein Geschenk zur Seite, ihr Bild, eine
Bürste die Geld schafft, ein Schwert mit der Inschrift
"Folge mir"; auch ist die Farbe ihrer Pferde
jedesmal verschieden. Aus Hannover: "Die Prinzessin
hinter dem roten, weissen und schwarzen Meere". -
Dänisch: "Prinsessen i Hundeham"; er schläft
an drei Donnerstagen ein, weil seine Mutter ihn mit einer
Zauberbürste gestrichen hat; hilfreicher Löwe; Turnier.
- Schottisch: "Das verzauberte Reh"; Jain wird
im Räuberhaus dreimal getötet, von der Hindin belebt;
schläft aber dreimal an der Kirchtür ein, weil die Hexe
einen Schlafdorn in die Tür oder seinen Rock gesteckt
hat; die Geister in der ihm geschenkten Dose tragen ihn in
das unterseeische Reich, wo er in drei Wettrennen siegt
und die Hand der Königstochter erhält. "The kingdom
of the green mountains". - Französisch: "Le
pillotous"; Ziege; an der Quelle wird der Held von
der Entzauberten geweckt. "Le petit soldat"; die
Schlange verlangt, dass er ihr Mieder, Rock und Strümpfe
aus den verhexten Zimmern hole; Wunschbörse und Mantel
von der Prinzessin entwendet, Hörner durch Pflaumen.
"La princesse Troïol"; Ziege; eine Alte schenkt
Wunschtuch und Rute; Mutter der Winde; Frage vom alten
Schlüssel. "Jannic aux deux sous"; Kröte durch
drei Küsse erlöst; Adler trägt. - Italienisch: "I
tre anelli"; er schickt der Königin als Gehilfe
eines Goldschmieds die drei von ihr erhaltenen Ringe.
"E caporal Pipeta"; er sucht Portugal, wohin die
aus der Versteinerung Erlöste gefahren; fragt drei Winde,
vom Vogel getragen, tötet einen Drachen. -
Serbokroatisch: "Der goldene Apfelbaum und die neun
Pfauinnen"; der jüngste Königssohn packt die
jüngste der Pfauinnen, die nachts den Apfelbaum seines
Vaters plündern, und kost mit ihr, zieht der Entflohenen
nach; dreimal vom Diner eingeschläfert, enthauptet er
diesen; auf die Vermählung folgt noch eine Entführung
der Gattin durch einen leichtsinnig befreiten Drachen. -
Slowakisch: der Held bekommt alle Schätze durch das Herz
des Adlers, der ihn zum Schloss getragen hat und geköpft
worden ist. - Weissrussisch: zehn Soldaten und ein Junker
erlösen die eingemauerte Prinzessin durch Schweigen
während dreier Nächte; der Junker trinkt Wasser, das ihm
ein Greis anbietet, und schläft dreimal ein; übers Meer
getragen begräbt er einen Riesen und tötet den Drachen,
der die Prinzessin bedrängte. - Grossrussisch: der Held
findet die Jungfrau am Meer; wie der Phönix ihn in ihr
Land trägt, hört er von einer Alten, dass ihre Liebe in
einem Ei, Ente, Hasen, Truhe verborgen ist wie sonst das
Leben eines Unholds, und holt das Ei, das die Alte dann
der Schönen vorsetzt. Aus Tula: Schwanjungfrau,
aufgesucht in eisernen Stiefeln, hilfreicher Löwe,
magische Flucht u. a. Aus Nizegorod: die Prinzessin, die
sich in das Bildnis des Helden verliebt hat, lässt sich
vom Phönix, dessen Fittiche alle Wachen einschläfern, zu
ihm tragen; er verspricht in Jahresfrist um sie zu werben.
- Tatarisch: "Chosha Sultan"; der Jüngling, dem
seine Mutter eine Schlafnadel hat einstecken lassen,
verschläft dreimal das Zusammentreffen mit der in
Entengestalt gefangenen Jungfrau; zornig macht sie ihr
Herz zu einem Stein, legt den in eine Ente, die in einen
Hasen und den in einen Kasten unter einem Stein; mit Hilfe
dankbarer Tiere findet der Jüngling den Stein und
schmilzt ihn im Schnee. Die Verzauberung in eine Hinde,
für die in den aufgezählten Varianten des Märchens oft
eine Ziege, Schaf, Hund, Katze, Ente, Rabe, Schlange oder
Kröte eingetreten ist, ist ein ausserordentlich häufiges
Motiv der mittelalterlichen Ritterdichtung. In
bretonischen Lais des 12. Jahrhunderts (Graelent, Gugemar,
Tyolot) und in Epen des bretonischen Sagenkreises
(Lancelot, Perceval I, Floriant et Florete), wie auch im
Dolopathos des Johannes de Alta Silva spürt der Held auf
der Jagd eine weisse Hinde auf, die ihn von seinen
Gefährten weglockt und zu einem Quell, in dem die Fee
badet, oder zu einem Palast, in dem sie ihn erwartet,
führt; im Lai von Guingamor, im Partonopeus und Perceval
II tut ein Eber, im Wigalois ein gehörntes Tier dasselbe.
Die in vielen Märchenfassungen folgende Erlösung durch
drei Qualnächte fehlt bei Hans Sachs und gehörte
vermutlich dem Märchen ursprünglich nicht zu.
Verfasste Gedichte "Friedrich von Schwaben",
(zu Anfang des 14. Jahrhunderts). Friedrich, der jüngste
von drei herzoglichen Brüdern, gerät bei der Verfolgung
eines Hirsches in eine Burg im Wald, deren Tor er offen
findet. Er bindet sein Ross an und tritt in einen Saal, wo
ein gedeckter Tisch steht, aber weder Frau noch Mann zu
sehen ist. Nach dem Mahl legt er sich in einer Kammer
schlafen, da kommt nachts ein weibliches Wesen zu ihm und
klagt ihm seine Not. Es ist eine Königstochter Angelburg
aus der lichten Aue, die durch ihre arge Stiefmutter
Flanea bei ihrem Vater angeklagt wurde, als ob sie ihm
durch Zauberei das Augenlicht genommen hätte, und nun zur
Busse mit ihren beiden Jungfrauen den Tag über als Hirsch
im Wald laufen muss; nur nachts erhalten die drei Mädchen
ihre menschliche Gestalt und finden in diesem Haus Nahrung
und Ruhe. Friedrich vermag ihnen Erlösung zu bringen,
wenn er dreissig Nächte innerhalb eines Jahres neben
Angelburg schläft, ohne sie zu sehen oder ihre Ehre
anzutasten. Bereitwillig gelobt der Ritter dies zu
erfüllen. Er reitet heim und kehrt zu den angesetzten
Fristen jedesmal in die Burg zurück. Als ihn daheim immer
grössere Sehnsucht verzehrt, lassen seine Brüder Ärzte
kommen, die aber sein Leiden nicht zu heilen wissen.
Endlich verheisst ein fremder Arzt Hilfe; es ist der
verkleidete Buhle der Königin Flanea, die in Erfahrung
gebracht hat, dass nur noch Nächte zur Erlösung fehlen.
Der Zauberer erklärt, Friedrichs Krankheit sei die Liebe,
und rät ihm, wenn Angelburg entschlafen sei, mit einem
Feuerzeug Licht zu machen und die Geliebte zu betrachten.
Friedrich lässt sich betören und erblickt die Jungfrau
in ihrer sonnengleichen Schönheit; da erwacht sie und
klagt, nun müsse er ein Auge verlieren, sie aber werde
als Taube zum lichtesten Brunnen entrückt und könne ihn
erst wiedersehen, nachdem er drei grosse Kämpfe
bestanden; zum Abschied gibt sie ihm einen
wunderkräftigen Ring. Betrübt zieht Friedrich zu seinen
Brüdern, teilt mit ihnen sein Erbe und reitet durch die
Lande, allenthalben nach dem lichtesten Brunnen fragend.
Endlich geht ihm die Zehrung aus, er muss seine Gefährten
entlassen und arm und allein allerlei Abenteuer bestehen.
Nach Jahren zeigt ihm eine gleichfalls von ihrer
Stiefmutter in einen Hirsch verzauberte Königstochter
Pragnet den Brunnen. Er nimmt dort drei badenden
Jungfrauen, die als Tauben geflogen kamen, ihr Gewand und
verlangt, dass Angelburg, die ihn nicht erkennt, ihm die
Ehe gelobe; erst als dies geschehen, zeigt er ihr den
Ring, und freudig ziehen sie miteinander in Angelburgs
Erbland. Flanea treibt ihren schwachen Gemahl, mit
Heeresmacht dem Fürsten und seinem Anhang
entgegenzutreten; aber die Schlacht und der dreitägige
Zweikampf mit dem Zauberer Jeroparg enden mit einem vollen
Sieg Friedrichs. Die tückische Königin und ihr
zaubermächtiger Buhle werden verbrannt.
Der Trommler:
Es sind hier zwei verschiedene Märchen
zusammengeschweisst, erstens die gewonnene, entflohene und
wieder aufgesuchte Schwanjungfrau, zweitens das Märchen
von den mit Hilfe der Liebsten gelösten Aufgaben der Hexe
und dem Vergessen der Braut. Den Anlass zu dieser
Verbindung hat vermutlich eine Fassung des zweiten
Märchens gegeben, in welcher der Held auf dem Weg zum
Unhold sich den Beistand der jüngsten Tochter des Dämons
dadurch zu sichern sucht, dass er der Badenden das Schwan-
oder Entengewand raubt und erst gegen das Versprechen
ihrer Hilfe zurückgibt.
Wir unterscheiden folgende Teile: A) Der Held raubt
einer badenden Schwanjungfrau ihr Federgewand und gewinnt
sie zur Frau. - B) Die Frau findet das versteckte Gewand
und entflieht in ihre Heimat (zum Glasberg). - C) Der Held
folgt ihr und gewinnt sie wieder, nachdem er (C1) Hilfe
von Riesen oder Vögeln und verschiedene Wunschdinge
(Sattel, Hut, Mantel, Stiefel, Schwert) erhalten (wie in
KHM 92, 93) oder (C2) Aufgaben (wie in KHM 113) gelöst
hat. - C3) Bisweilen auch gemeinsame magische Flucht.
Deutsch: "Der geraubte Schleier"; ein Eremit,
der selbst die geliebte Schwanjungfrau verloren,
unterweist den Helden. Schwäbisch: "Von drei
Schwänen"; Erlösung durch Peinigung während dreier
Nächte, wie in Varianten KHM 93. Tirolisch: "Der
gläserne Berg". Siebenbürgisch: "Die
Schwanenfrau". Odenwald: "Von der schönen
Schwanenjungfer"; Verbot, von der Braut zu sprechen;
der Vogel Greif trägt den Helden zur "finstern
Welt" empor; Peinigung während dreier Nächte.
Böhmisch: "Die drei weissen Tauben"; der
befreite Drache schenkt dem Helden drei Leben, hilfreiches
Pferd. "Die Jungfrau auf dem gläsernen Berge";
drei Enten; hilfreiche Tiere. Niederrheinisch: "Der
gläserne Berg"; ein Vogel trägt empor.
Holsteinisch: "De twölf Swön"; Hans belauscht
die im Weizenfeld tanzenden Jungfrauen, erhält für den
geraubten Mantel einen Wunschbeutel und erlöst jene mit
Hilfe eines redenden Schimmels. Pommerisch: "Der
Hühnenberg". Westpreussisch: "Die beiden
Schwäne"; Ring statt Gewand.
Dänisch: "Jomfru Lene af Søndervand"; die
Schwanjungfrau kommt nach einem Jahr am Johannistag, um
Hochzeit zu halten, kehrt aber um, weil der König zugegen
ist. "Prinsessen i Babylonien". - Schwedisch:
"Die geflügelten Elfen". "Das schöne
Schloss östlich von der Sonne, nördlich von der
Erde"; drei Taubenjungfrauen zertreten die Wiese. -
Norwegisch: "Südlicher als Süden und nördlicher
als Norden und in dem grossen Goldberg"; drei Tauben
im Weizenfeld. "Daverdana av Egreteland";
Stelldichein dreimal verschlafen. - Isländisch: "Die
Burg östlich vom Mond und nördlich von der Sonne";
drei Schwanjungfrauen holen nachts die Blumen fort; der
Held fragt Vögel und Winde. - Färöisch: "Das
Seehundweibchen". - Englisch: "Die verheiratete
Meermaid"; Seehundsfell geraubt. - Rätoromanisch:
"Die Schwanenjungfrau". - Italienisch: "Die
Heirat mit der Hexe"; statt des geraubten
Schwanenkleides die Bedingung, die Gattin nie bei
Kerzenlicht anzusehen und "Die drei Tauben".
"L'isola della felicità". "Von Joseph, der
auszog sein Glück zu suchen"; ein Vogel, der den in
eine Tierhaut eingenähten Helden auf den Diamantberg
trägt. - Spanisch: "El marqués del Sol". -
Albanisch: "La loubie et la belle de la terre".
- Serbokroatisch: "Der Prinz und die drei
Schwäne". "Die Vila in der goldenen Burg".
Strohal: der Schlüssel des Glasbergs liegt im Herzen
eines Drachen. "Die Frau eine Wölfin". -
Bulgarisch: "Der Hirt und die drei Samovilen". -
Böhmisch: "Der goldene Berg". "Die Taube
mit den drei goldnen Federn". Kulda: der Held kann
sich in Tiere verwandeln, überwindet dadurch den Drachen
und befreit die Jungfrau; die Braut wird zu einem Pferd,
auf dem der Held drei Tage ohne Speise und Trank reiten
soll; er muss sie im gläsernen Palast suchen; es hilft
der von der Frau gekreuzigte Vater der Braut; Taube, der
der Held drei goldene Federn ausreisst, wird zur Jungfrau,
er hütet die Pferde der Hexe mit Hilfe dankbarer Tiere,
erhält ein Zauberschwert, tötet den Drachen und befreit
die drei Tauben. - Slowakisch: der jüngste Sohn fängt
die drei Schwanjungfrauen, die die Goldbirnen stehlen, mit
Hilfe einer Maus; die Schöne verschwindet, als eine Hexe
in der dritten Nacht ihre goldenen Haare abschneidet, bis
hinter das rote Meer; Erlösung der Prinzessinnen im
eisernen, kupfernen und gläsernen Berg. - Polnisch:
"Die goldenen Tauben"; mit Hilfe dankbarer Tiere
gelangt der Held auf den Glasberg, besiegt den Drachen,
öffnet mit dem Schlüssel, den er der aus diesem
entfliegenden Taube entnommen, das verwünschte Schloss. -
Grossrussisch: "Yelena the wise". -
Lappländisch: "Das Mädchen aus dem Meere".
"Die Tochter des Beivekönigs". - Ungarisch:
"Fairy Elizabeth".
Die arabische Erzählung vom Juwelier Hassan von Basra
in der 1001 Nacht gehört zu den ausführlichsten und
ausgeschmücktesten der Sammlung. Ein tückischer Magier
will sich durch den jungen Hassan das kostbare Holz vom
Wolkenberg verschaffen, dessen er zu seinen
alchimistischen Arbeiten bedarf. Nachdem der Jüngling in
eine Tierhaut genäht und von einem Geier zu dem
unersteigbaren Gipfel emporgetragen ist und das verlangte
Holz seinem Meister hinuntergeworfen hat, überlässt ihn
dieser seinem Schicksal. Hassan stürzt sich ins Meer und
gelangt zu einem Schloss, wo er von weiblichen Genien
freundlich aufgenommen wird. Nachdem er eine verbotene
Tür geöffnet, belauscht er in einem Garten zehn badende
Schwanjungfrauen, gewinnt eine davon zur Gattin und zieht
mit ihr heim zu seiner Mutter. Nach Jahren findet die Frau
während seiner Abwesenheit ihr Federkleid und entfliegt
mit ihren beiden Kindern nach den Inseln Wâk (Japan?).
Hassan folgt ihr und befreit nach vielen Abenteuern, von
einer hässlichen Alten unterstützt und mit Hilfe einer
unsichtbar machenden Mütze und eines Zauberstabes, die er
streitenden Erben abgenommen, die Seinigen aus der Gewalt
der grausamen Königstochter Nur-el-Hudã, der Schwester
seiner Gattin. - Eine kürzere und ursprünglichere Form
bietet die Geschichte Azems in derselben Sammlung,
während die Geschichte Dschânschâhs ebenda den Helden
zu einem Prinzen macht, der bei der Verfolgung einer
Gazelle in die Reiche der Affen und der Ameisen kommt und
von einem jüdischen Zauberer zum Diamantberg gebracht
wird; statt der Schwäne erblickt er drei Tauben; die
Heimat, in die seine Gattin zurückfliegt, heisst Takni. -
Tatarisch: der Held beschleicht drei badende
Königstöchter, die seine Schwester in Taubengestalt
besuchen, in dem verschlossenen Park, raubt das
Taubengewand der einen und macht sie zu seiner Frau, wird
aber wegen des gebrochenen Gastrechts von seinem Vater
verstossen; als er wider die Vorschrift der Frau sein
erstes Kind in die Hände nimmt, zerreisst es die Frau;
als er es beim zweiten wiederholt, verschwindet sie; um
sie noch einmal zu sehen, verbrennt er die mit ihrem Geld
gekauften Waren. - Ajsorisch: Zar Bagrej findet im Palast
des Zaren Kischmir einen marmornen Springbrunnen, zu dem
täglich drei Königstöchter aus dem Diamantenreich als
Tauben geflogen kommen, und gewinnt eine von ihnen; sie
verlässt ihn, weil sie gezwungen ist sich mit dem Schwert
zu wehren; er lässt sich vom Adler zu ihrem Vater tragen
und kehrt nach einigen Jahren mit ihr heim. - Indisch:
"Toria the goatherd and the daughter of the
sun". "The king's son and his fairy bride"
und "The monkey princess". - Annamitisch:
"L'étoile du soir et l'étoile du matin"; der
Mann sucht mit seinem Kind die Gattin auf, stürzt aber
ins Meer und wird in den Abendstern verwandelt, sie in den
Morgenstern. - Java: "Dewi Nawang Wulan";
Widôdari heissen die Himmelsnymphen. - Guyana: "The
royal vultures"; der Jüngling wird von der Vogelfrau
in ihr Wolkenreich getragen, verlässt sie, um seine
Mutter aufzusuchen, kämpft gegen die Geier, um seine Frau
wiederzuerhalten, und wird vom unerkannten eignen Sohn
erschlagen. - Eskimo: "Ititaujang"; die Wildgans
verwandelt sich, nachdem ihr der Held ihre Schuhe
wiedergegeben hat, in ein Mädchen und wird seine Frau;
als er aber einmal verlang, dass sie von dem erlegten
Walfisch esse, rafft sie Vogelfedern auf, wird mit ihrem
Kind zur Wildgans und entfliegt; der Held findet sie nach
verschiedenen Abenteuern mit einem andern Gatten auf einer
fernen Insel und tötet sie.
In der Völundarkviþa (Edda) lassen sich drei
Walküren am Seestrand nieder, um zu baden; Wölund und
seine Brüder nehmen ihnen ihre Schwanhemden und machen
sie zu ihren Frauen, aber im neunten Winter entfliegen
diese. Im Epos "Friedrich von Schwaben" nimmt
der Held der schönen Angelburg, die mittags mit ihren
zwei Jungfrauen in Taubengestalt zu einem Quell fliegt,
während des Bades die Gewänder und gibst sie nicht eher
heraus, als bis ihm Angelburg die Ehe angelobt hat. - Auf
andre Sagen von Ehen mit überirdischen Frauen, wie
Melusine, Liombruno, Donaunixen, brauchen wir hier nicht
einzugehen; doch sei auf das irische Märchen "Die
Nixe von Gollerus" hingewiesen, wo die geraubte
Mütze der Meerfrau diese in die Gewalt des Fischers
bringt, und auf das galizische, wo der geraubte Schuh der
wilden Frau das Gleiche vollbringt. - Der in
holsteinischen, skandinavischen, finnischen und
lappländischen Fassungen erscheinende Eingang, dass der
jüngste von drei Brüdern auf dem Feld wacht, um den
ausfindig zu machen, der nachts die Saat zertritt oder den
Garten plündert, ist wohl aus einem andern Märchen
herübergenommen. - Zu dem Glasberg, der mehrfach durch
einen Silber-, Gold- oder Smaragdberg oder ein Wolkenreich
ersetzt wird, vgl. BP 1, 233. 2, 273. - Zur Befragung der
Winde BP 2, 272.
Variantenverzeichnis
>> Märchen-Suchdienst
Die drei schwarzen Königstöchter.
Grimm/KHM 137
Die eisernen Stiefel. Wolf/Deutschland 19
Friedrich Goldhaar. Busch/Deutschland 38
Der geraubte Schleier. Musäus/Deutschland 3,2
Die Geschichte von dem Königssohn Ahmed und der Fee Peri
Banu. 1001 Nacht/Arabien 3
Die Heirat mit der Hexe. Schneller/Tirol 13
Der König vom goldenen Berg. Grimm/KHM 92
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