Das wundersame
Kind 708
Märchentyp AT: 708; cf. 711
Grimm KHM:
Eine Prinzessin wird durch den
Zaubertrunk (Tierhaare) ihrer neidischen Stiefmutter
schwanger. Sie gebiert einen Sohn in Gestalt eines
Tier-Menschen, der sofort spricht und wunderbare Kräfte
besitzt. Sie wird vertrieben (wohnt in einer Höhle,
verdingt sich als Küchenmagd), doch der Sohn hilft seiner
Mutter. Auf einem Schloss, das sie besuchen, begleitet der
starke Tiermensch den Prinzen des Hofes bei einem Auftrag
(Hochzeit, Brautschau). Beide werden ins Gefängnis
geworfen. Da verspricht der Sohn dem Prinzen zu helfen,
wenn dieser gelobt, seine (angeblich hässliche) Mutter zu
heiraten. Das tut der Prinz und erblickt die Schönheit
der Frau. Bei der Hochzeit wird der wilde und
tierähnliche Sohn durch Enthauptung in einen schönen
Jüngling verwandelt.
Anmerkung
Bekannt ist das Märchen auch unter dem Titel
"Hans Wunderlich", das Ulrich Jahn im 19.
Jahrhundert in seiner Sammlung "Volksmärchen aus
Pommern und Rügen" veröffentlicht hat. Wiederum ist
es die Mutter des Prinzen, welche die junge Frau
verzaubert bzw. dadurch schwanger macht, dass sie ihr drei
Blutstropfen von allen Tieren des Waldes zu trinken gibt.
Wir erkennen das verbreitete totemistische Motiv der
übernatürlichen Empfängnis, obwohl es in diesem
Märchen als hexenhafte Handlung dargestellt wird. Die
verleumdete junge Frau soll getötet werden, doch ein
Jäger lässt sie laufen. Sie sucht sich eine Höhle und
gebärt einen wilden, tierhaften Sohn, ganz in Analogie
zum getrunkenen Tierblut. Noch am Tag der Geburt nimmt der
Sohn die Mutter zum nächsten Königshof und wird der
Diener/Helfer eines Prinzen. Dieser reist mit Hans
Wunderlich zu einem König mit zwei Töchtern, deren
jüngste seine Braut wird. In der Hochzeitsnacht ermordet
jedoch die ältere, neidische Schwester die Braut und
schiebt die Tat dem Bräutigam zu, der gefasst wird und im
Kerker auf sein Todesurteil wartet. Hans Wunderlich rettet
ihn unter der Bedingung, dass er seine
"hässliche" Mutter heiratet, was am Schluss
auch geschieht. Die Entwandlung in einen schönen
Jüngling vollzieht sich durch Enthaupten, in anderen
Fassungen kommen alle Tiere des Waldes, und schlecken den
wilden Mann zu einem ansehnlichen Jungen. In anderen
Varianten ist von einer neidischen Schwester nicht die
Rede, sondern die Braut stirbt von selbst. Auch ist der
Prinz der eigentliche Königssohn und Mann der
verleumdeten Frau, d.h. der Vater von Hans Wunderlich, wie
es z.B. Josef Haltrich in einem Märchen aus Sachsen mit
dem Titel "Der tausendfleckige, starke Wila"
berichtet.
Literatur
Derungs, K.: Struktur des Zaubermärchens II.
Hildesheim, Zürich, New York 1994.
Propp, V.J.: Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens.
München 1987.
Ranke, K.: Schleswig-holsteinische Volksmärchen. Kiel
1955.
Scherf, W.: Das Märchenlexikon. München 1995.
Thompson, S.: The Folktale. New York 1951.
Wallensköld, A.: Le conte de la femme chaste convoitée
par son beau-frère. Helsingfors 1907.
Märchen
>> Der
tausendfleckige, starke Wila
Hinweise
Variantenverzeichnis
>> Märchen-Suchdienst
Hans Wunderlich. Jahn/Deutschland 13
Der Haarige. Sutermeister/Schweiz 52
Der tausendfleckige, starke Wila. Haltrich/Deutschland 20
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