Riesen streiten
um Zauberdinge 518
Märchentyp AT: 518; cf. 302, 400,
552, 926D
Grimm KHM: Der König vom goldenen Berg 92; Die Rabe 93;
Der Trommler 193
Riesen (Teufel) streiten und
kämpfen um Zauberdinge (Tarnkappe, Siebenmeilenstiefel,
Hut, Schuhe, Mantel, Schwert etc.). Ein Junge trickst die
Riesen dadurch aus, dass er die wundersamen Dinge zur
Probe verlangt, und erwirbt die magischen Gegenstände
für sich. Dieser und andere Freier müssen verschiedene
Aufgaben erfüllen, um die Hand der Prinzessin zu
erhalten. Der Junge erfüllt die Aufgaben mit Hilfe seiner
Zauberdinge und befreit die Prinzessin von einer
Verzauberung (siehe dazu Typ 400).
Anmerkung
Die oben angeführte Erzählung ist eher als ein Motiv,
das in verschiedene Märchen eingefügt wird, um dem
Helden die Möglichkeit zu geben, sein Ziel zu erreichen,
denn als ein selbständiges Märchen zu betrachten. Man
findet es im Rahmen der Märchen Der Riese ohne Herz
(302), Die zertanzten Schuhe (306), im
Schwanenjungfraumärchen (400), im Märchen von Fortunatus
(566) und noch in vielen anderen. Die älteste
Bekanntschaft stammt aus Griechenland und Kleinasien. Es
findet sich nämlich in den Perseusmythos eingeflochten.
Dieser Mythos war in Griechenland bereits im ersten
Abschnitt der archaisch-klassischen Zeit (700 - 300
v.u.Z.) bekannt, aber da er, wie sein Inhalt und seine
Bilder zeigten, von den noch älteren Assyrern (vgl. 300)
herstammt, dürfte sein Ursprug der homerisch-mykenischen
Zeit (vor 700 v.u.Z.) zugeschrieben werden können. Wir
finden darin die Flügelschuhe, ein magisches Ränzel und
die allerdings relativ spät erwähnte Hadesmütze, d.h.
die Tarnkappe.
Hier behandelte Motive werden jedoch auch im Tripitaka
der Chinesen erwähnt. Eine von diesen Versionen ist im
Jahre 492 n.u.Z. aus dem Sanskrit übersetzt und in das
Buch der hundert Erzählungen aufgenommen worden, eine
andere ist im selben Werk im Jahre 516 n.u.Z.
zusammengestellt worden. In Indien ist das Motiv im
Kathasaritsagara (um 1000 n.u.Z.) aufgezeichnet. Es findet
sich auch in der mongolischen Märchensammlung Siddhi-Kür
und in Tausendundeiner Nacht u.a. in der Erzählung von
Hassan aus Basra (siehe 400), die dem persischen Kern von
Tausendundeiner Nacht, Hesar-Afsaneh aus dem 8. oder 9.
Jahrhundert, angehört. Das Motiv hat seine grösste
Verbreitung in Vorderasien, Mittel- und besonders
Osteuropa und im Norden. In Snorris Edda (um 1220) zeugen
einige, in diesem Zusammenhang bisher unbeachtete Züge
des Skaldskaparmal (Kap. 61) davon, dass das Motiv schon
damals im Norden nicht unbekannt war. Zwei Zwerge, Brock
und Sindre, hatten auf Lokis Initiative hin gerade den
Göttern eine Menge Kleinodien gegeben, als sich Loki auf
seinen Schuhen, die ihn durch Luft und Wasser trugen (d.h.
auf den Siebenmeilenstiefeln des Märchens), davonmachte.
Um der epischen Fortsetzung willen lässt ihn die
Erzählung jedoch von Thor einholen und ergreifen.
Literatur
Aarne, A.: Die drei Zaubergegenstände und die
wunderbaren Früchte. In: Vergleichende Märchenforschung.
Helsingfors 1908.
Gehrts, H.: Von der Wirklichkeit der Märchen. Regensburg
1992.
Propp, V.J.: Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens.
München 1987.
Thompson, S.: The Folktale. New York 1951.
Wesselski, A.: Versuch einer Theorie des Märchens.
Reichenberg 1931.
Märchen
>> Das grosse Buch der
Zaubermärchen
Hinweise
>> Schwanenjungfrau
400
Variantenverzeichnis
>> Märchen-Suchdienst
Die Heirat mit der Hexe. Schneller/Tirol 13
Der König vom goldenen Berg. Grimm/KHM 92
Die Rabe. Grimm/KHM 93
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