Aschenputtel
510A
Märchentyp AT: 510AB; cf. 451,
480, 510B, 511
Grimm KHM: Aschenputtel 21
Die Tochter eines
vornehmen Mannes hat eine böse Stiefmutter bekommen, und
während sich die Stiefschwestern unterhalten, muss sie im
Herdwinkel sitzen. Ihre tote Mutter kommt ihr zu Hilfe.
Durch sie oder durch einen auf ihrem Grab oder auf eine
andere wunderbare Weise wachsenden Baum oder durch
hilfreiche Tiere (Vögel) etc. erhält die Stieftochter
ein silbernes, ein goldenes, ein diamantengeschmücktes
Kleid und mitunter auch Bediente. Manchmal heisst es, dass
der Vater auf ihren Wunsch von einer Reise einen
zauberhaften Baum mitbrachte; vom Geist dieses Baumes (=
der Mutter) erhält sie die Kleider etc. Als bei einem
königlichen Besuch am Hof die Stiefschwestern und alle
Leute einen Ball (die Kirche) besuchen und die Stiefmutter
ihrer daheimbleibenden Stieftochter schwere Aufgaben
stellt, wie die Körner aus einem Haufen verschiedener
Getreidearten zu sortieren, kommen die helfenden Tiere
(Vögel, Ameisen etc.) und machen die Arbeit fertig,
während sie selbst sich in eines ihrer schönen Gewänder
kleidet und in vollem Staat zum Ball fährt. Ein fremder
Prinz verliebt sich sofort in sie, aber sie verschwindet,
ehe der Ball zu Ende ist, mitunter durch Hilfe einer
Zauberformel. Das wiederholt sich drei Mal, aber beim
letzten Mal verliert sie ihren Schuh. Nun wird verkündet,
dass diejenige, der dieser Schuh passt, die Gemahlin des
Prinzen werden solle. Der Stiefmutter glückt es, den
Prinzen zu täuschen, indem sie erst einer Tochter die
Ferse, dann der anderen die Zehen abschneidet, aber die
helfenden Tiere (Vögel, Hund etc.) machen den Betrug
offenbar. Zuletzt wird die schöne Stieftochter
herbeigeführt, und ihr passt der Schuh. Hierauf wird
Hochzeit gefeiert.
Anmerkung
Zu den Aschenputtelmärchen zählen wir auch 511
(Einäuglein, Zweiäuglein, Dreiäuglein). Diese Märchen
stehen einander so nahe und sind in den meisten Fällen so
geformt worden, dass sie Motive untereinander austauschen
konnten, wie Glasstücke in einem Kaleidoskop ihren Platz
wechseln. Weiter vgl. 511.
Literatur
Bausinger, H.: Aschenputtel. In: Zeitschrift
für Volkskunde 52, 1955, p. 144-155.
Cox, M.E.R.: Cinderella. Three Hundred and Forty-five
Variants of Cinderella, Catskin and Cap o’Rushes
Abstracted and Tabulated with a Discussion of Medieval
Analogues and Notes. London 1893. (reprinted 1967)
Dauber, A.: A Cinderella story. Hamburg 1992.
Derungs, K.: Der psychologische Mythos. Frauen, Märchen
& Sexismus. Bern 1996.
Dundes, A.: Cinderella. New York 1982.
Göttner-Abendroth, H.: Die Göttin und ihr Heros.
München 1993.
Lüdeke, H.: Das Aschenbrödel als griechische
Volksballade. In: Zeitschrift für Volkskunde 46, 1938, p.
87-91.
Lüthi, M.: Der Aschenputtel-Zyklus. In: Janning, J. u.a.:
Vom Menschenbild im Märchen. Kassel 1980.
Rooth, A.B.: The Cinderella cycle. Lund 1951.
Tangherlini, T.: Cinderella in Korea: Korean Oikotypes of
AaTh 510. In: Fabula 35, 1994, p. 282-304.
Ting, Nai-tung: The Cinderella cycle in China and
Indo-China. Helsinki 1974.
Waley, A.: The Chinese Cinderella story. In: Folk-lore 58,
1947, p. 226-238.
Wehse, R.: Cinderella. In: EM 3, 1981, p. 39-57.
Märchen
>> Cap
o' Rushes
>> Katie
Woodencloak
>> Fair,
Brown and Trembling
>> Rashin-Coatie
>> Cinderalla
(Italy)
>> Conkiajgharuna,
the Little Rag Girl
>> Pepelyouga
>> The
Wonderful Birch
>> Tam and
Cam
>> The Green
Knight
>> The
Princess and the Golden Shoes
>> Finette
Cendron
Hinweise
Bei Grimm 1819 erweitert und umgearbeitet "nach
drei Erzählungen aus Hessen". Hinzugefügt ist der
dritte Absatz, wonach der Vater verreist und die jüngste
sich das Reis ausbittet, das zuerst im Wald an seinen Hut
streifen würde; dies pflanzt sie in die Erde, und daraus
wächst das Bäumchen, woraus sich das Gold und Silber
schüttelt (dazu die hsl. Bemerkung: "aus Sommer u.
Winterg. Stein"). Neu ist ferner der Schluss von den
Versen der Tauben an. Auch bleibt in der älteren Fassung
Aschenputtel am ersten Abend daheim und sieht dem Tanz von
ihrem Taubenschlag aus zu, den die eine Schwester am
andern Morgen aus Missgunst niederreissen lässt; an den
beiden folgenden Abenden wird sie von einem Wagen zum Fest
abgeholt; die Tauben kommen ungerufen zu ihr und geben ihr
Ratschläge; die kostbaren Kleider empfängt sie aber vom
Bäumchen selber, nicht von einem Vogel darauf.
Eine der erwähnten Fassungen aus Zwehrn hat nicht den
Eingang, wo die sterbende Mutter ihrem Kind Beistand
verspricht, sondern fängt gleich damit an, dass es einem
Stiefkind schlimm geht; auch ist das Ende verschieden.
Nachdem Aschenputtel ein Jahr lang vergnügt mit dem
König gelebt, verreist er und lässt ihr alle Schlüssel
zurück mit dem Befehl, eine gewisse Kammer nicht zu
öffnen. Als er aber fort ist, wird sie von der falschen
Schwester verleitet, die verbotenen Kammer
aufzuschliessen, worin sie einen Blutbrunnen finden. In
diesen wird sie hernach, als sie bei der Geburt eines
Söhnleins krank liegt, von der bösen Schwester geworfen,
die sich an ihrer Stelle ins Bett legt; aber die Wachen
hören das Jammergeschrei, retten die rechte Königin, und
die falsche wird bestraft. Dieser Schluss ist dem in dem
Märchen von Brüderchen und Schwesterchen (KHM 11)
ähnlich.
Einer anderen, der an die bekannte Sage von der h.
Genovefa erinnert, hat eine vierte Erzählung aus dem
Mecklenburgischen, Aschenputtel ist Königin geworden und
hat ihre Stiefmutter, die eine Hexe ist, und ihre böse
Stiefschwester zu sich genommen. Als sie einen Sohn
gebiert, legen diese einen Hund hin geben das Kind einem
Gärtner, der soll es töten; ebenso beim zweitenmal, wo
der König aus grosser Liebe abermals dazu schweigt. Beim
drittenmal überliefern sie die Königin mit dem Kind dem
Gärtner, er solle sie töten; er bringt sie aber in eine
Waldhöhle. Da die Königin vor Gram keine Milch hat, so
legt sie das Kind einer Hirschkuh an, die in der Höhle
ist. Das Kind wächst, wird aber wild, bekommt lange Haare
und sucht im Wald Kräuter für seine Mutter. Einmal kommt
es zu dem Schloss und erzählt dem König von seiner
schönen Mutter. Fragt er: "Wo ist denn deine schöne
Mutter?" - "Im Wald in einer Höhle". -
"Da will ich hingehen". - "Ja, aber bring
einen Mantel mit, dass sie sich anziehen kann". Er
geht hinaus, erkennt sie, ob sie gleich ganz mager ist,
und nimmt sie mit. Unterwegs begegnen ihm zwei Knaben mit
goldenen Haaren. "Wem gehört ihr?" fragt er.
"Dem Gärtner". Der Gärtner kommt und entdeckt,
dass es des Königs Kinder sind, die er nicht getötet,
sondern bei sich aufgezogen hatte. Die Wahrheit kommt an
den Tag, und die Hexe mit ihrer Tochter wird bestraft.
Eine fünfte Erzählung aus dem Paderbörnischen, die
gleich der vorigen den Brüdern Grimm schon vor 1822
mitgeteilt wurde, leitet so ein: Eine schöne Gräfin
hatte in der einen Hand eine Rose, in der andern einen
Schneeball und wünschte sich ein Kind so rot als die Rose
und so weiss als der Schnee. Gott erfüllte ihren Wunsch.
Wie sie einmal am Fenster steht und hinaussieht, wird sie
von der Amme hinabgestossen. Diese erhebt ein Geschrei und
gibt vor, die Gräfin habe sich selbst hinabgestürzt.
Dann berückt sie durch ihre Schönheit den Grafen, dass
er sie zur Gemahlin nimmt. Sie gebiert ihm zwei Töchter,
und das schöne rot und weisse Stiefkind muss als
Aschenputtel dienen. Es soll nicht in die Kirche, weil es
keine Kleider hat; da weint es auf seiner Mutter Grab, die
reicht ihm einen Schlüssel heraus und heisst es einen
hohlen Baum aufschliessen; er öffnet sich wie ein
Schrank, und es findet darin Kleider, Seife sich zu
waschen, und ein Gebetbuch. Ein Graf sieht es, und um es
festzuhalten, bestreicht er die Kirchenschwelle mit Pech.
Es entwickelt sich nun alles wie in den andern
Erzählungen.
Aus Schwaben "Aschengrittel": ein Zwergle
schenkt dem Mädchen ein Wunschstäbchen; der König
selber spricht:
"Gru, Gru,
Der Schuh ist voll Blut.
Das ist nicht die rechte Braut."
Aschekritteli in Idunna und Hermode
"Escherfidle": ein weisses Männlein am Baum
verschafft die schönen Kleider.
Das Aschenputtelmärchen ist nahe verwandt mit denen
von Allerleirauh (KHM 65), Einäuglein (KHM 130) und von
der Gänsehirtin (KHM 179). Wir finden in dieser Gruppe
folgende Teile, die auf verschiedene Arten miteinander
verbunden werden:
A1. Die Heldin wird von Stiefmutter und Stiefschwestern
misshandelt, oder A2 flieht vor dem Vater, der sie
heiraten will, in einer entstellenden Kleidung, oder A3
wird vom Vater verstossen, weil sie erklärt, sie liebe
ihn wie das Salz, oder A4 soll von einem Diener getötet
werden. B. Während ihres Magddienstes (daheim oder bei
Fremden) wird sie B1 von der verstorbenen Mutter, einem
Baum auf ihrem Grab oder einem überirdischen Wesen, B2
von Vögeln oder B3 einer Ziege, Schaf oder Kuh beraten,
unterstützt, gespeist; B4 als die Ziege geschlachtet ist,
entspriesst aus ihren Eingeweiden ein Wunderbaum. C1. Sie
tanzt in prächtiger Kleidung mehrmals mit einem Prinzen,
der vergeblich sie festzuhalten sucht, oder wird von ihm
in der Kirche erblickt; C2 macht Anspielungen auf die
Misshandlungen, die sie als Magd erduldet hat; C3 wird in
ihrem Schmuck in ihrer Kammer oder in der Kirche vom
Prinzen erblickt. D1. Sie wird entdeckt durch die
Schuhprobe oder D2 durch den Ring, den sie in die Brühe
des Prinzen wirft oder in sein Brot einbäckt. D3. Sie
allein vermag die Goldäpfel zu pflücken, die der Ritter
begehrt. E. Sie heiratet den Prinzen. F. Sie lässt ihrem
Vater ungesalzene Speisen vorsetzen und zeigt so den Sinn
ihrer früheren Antwort.
Dänisch: "Hasselbroder"; sie steckt den vom
Diener ihr mitgebrachten Haselzweig in den Brunnen; aus
diesem kommen später drei Hündchen und bringen ihr
schöne Kleider, "Mette Skindkjole"; die tote
Mutter heisst sie mit einem Stäbchen an einen Baum
klopfen, "Hanen og hönen der gick til thingen";
an eine Erzählung von dem der Hexe unwissentlich
versprochenen Sohn, seinem Dienst bei ihr, seiner Flucht
mit ihrer Tochter und der vergessenen Braut schliesst sich
die Schuhprobe und Heirat an. "Den lille Sko";
ein Aal gibt ihr die Kleider und hütet später ihre drei
von der argen Stiefmutter in den Teich geworfenen Kinder.
"De to kongedøttre" endet traurig; da sie am
dritten Abend bis nach Mitternacht beim Tanz bleibt,
verwandeln sich die vom Kobold gelieferten Kleider,
Kutsche und Pferde, und sie bleibt Küchenmagd wie zuvor.
Schwedisch: "Askungen"; die Amme verschafft
Kleider, Kutsche und Lakaien. "Styfdotteren och den
rätta dotteren"; alter Mann am Brunnen gibt die
Schachtel mit den Kleidern. Bei "Flickorna, som foro
till kungens gård" ist der Eingang anders: Drei
Schwestern gehen nacheinander als Mägde an den Hof; die
beiden älteren weigern der Kuh, dem Schaf und dem alten
Mann unterwegs ihre Hilfe, während die jüngste ihnen
freundlich begegnet und dafür einen Zauberstab oder
prächtige Kleider erhält.
Im Isländischen: "Der verlorene Goldschuh"
erscheint die verstorbene Mutter der von der Stiefmutter
verstossenen und gefesselten Mjaðveig im Traum, schenkt
ihr ein Tuch, das sich mit Speisen bedeckt, sobald man es
wünscht, und weist ihr ein Häuschen am Seestrand zum
Aufenthalt an. Ein fremder Prinz landet, findet ihren
Schuh, den sie auf ihrer Flucht vor den Fremden verloren,
sucht die Eigentümerin am Königshof und erhält
Mjaðveigs Stiefschwester zur Braut. Als er aber mit ihr
an jenem Häuschen vorbeisegelt, singen die Vögel:
"Im Steven sitzt die Absatzgehackte,
Voll ist ihr Schuh vom Blute.
Hier am Lande ist Mjaðveig, Manis Tochter,
Eine viel besser zur Braut Berufne.
Kehre um, Königssohn!"
Er tötet die Unholdin und holt die rechte Braut.
Angehängt ist ein Schluss aus dem Märchen von der
untergeschobenen Gattin "Helga" (erhält von den
durch ihre älteren Schwestern getöteten Eltern
geflügelte Pferde und prächtige Kleider; Schuhprobe). -
Färöisch: "Das Mädchen, das Speise und Kleider im
Hügel erhielt"; ähnlich der isländischen
Erzählung von Mjaðveig.
Englisch: In dem aus Schottland stammenden Märchen
"Rashin Coatie", weist die sterbende Mutter die
Heldin an ein rotes Kalb, das ihr Speise liefert wie in
den zu KHM 130 angeführten Seitenstücken und auch,
nachdem es geschlachtet ist und das Mädchen seine Knochen
bis auf einen gesammelt und eingegraben hat, wiederkehrt
und Kleider bringt. - Irisch: "Fair, Brown and
Trembling"; eine Dienerin hilft. Angehängt das
Märchen von der untergeschobenen Gattin. "Cul-fin,
Cul-dia, Cul-corrach"; eine Hexe spendet die Kleider
und rettet später die drei von den argen Schwestern
beseitigten Kinder der Heldin und diese selber vom Tod.
In Frankreich erzählt Perrault 1697 Nr. 6
"Cendrillon ou la petite pantoufle de verre" das
Märchen: den Wunsch der Heldin, mit auf den Ball zu
gehen, erfüllt ihre Patin, eine Fee, die aus einer
Melone, Mäuse, Ratten und Eidechsen, Wagen, Pferde,
Kutscher und Lakaien erschafft und ihr einschärft, um
Mitternacht heimzukehren. Das verlorene Pantöffelchen ist
von Glas; es fehlt der Versuch der Schwestern, sich durch
Abhacken der Zehe oder der Ferse an die Stelle der Braut
zu setzen, es fehlt auch das hilfreiche Eingreifen der
toten Mutter und der Tiere. Vor 1705 flocht die Gräfin
D'Aulnoy in ihre Novelle Ponce de Léon das Märchen
"Finette Cendron" ein, das, den Eingang mit
Hänsel und Gretel gemeinsam hat. Eine bretonische
Erzählung "Le chat noir" gehört nur zum Teil
hierher: in der Lieblingskuh der Yvonne, die ihre
Stiefmutter (wie in KHM 130) schlachten lässt, finden
sich zwei goldene Schuhe, die ihre Stiefschwester zur
Hochzeit anziehen soll; aber ihr kleiner Hund läuft dem
Wagen nach und verrät, dass die falsche Braut sich Zehen
und Ferse abgeschnitten hat. "La Cendrouse";
Heldin bittet den Vater, ihr eine Nuss mitzubringen; aus
dieser kommen Kleider und Kutsche hervor.
Italienisch: "La gatta Cennerentola"; wo die
Heldin ihre erste Stiefmutter durch Zuschlagen der Truhe
umbringt, von der zweiten aber noch schlimmer behandelt
wird; sie pflanzt eine Dattel, die ihr Vater aus Sardinien
mitgebracht hat, ein, und erhält von dem Bäumchen
Kleider, Wagen und Dienerschaft. Aus Toscana: "La
Cenerentola" wo der Vater der Heldin den Vogel
Verdeliò mitbringt; sie bittet ihn jedesmal:
"Oh Uccelin Verdeliò,
Fammi più bella ch' io non so'!"
Bei Comparetti "La Cenerentola" schenkt eine
alte Frau der spinnenden Hirtin diesen Wundervogel.
"Vaccarella"; die spinnende Kuh wird
geschlachtet, aber Maria nimmt aus ihrem Innern eine
goldene Kugel und ruft diese an: "Pallo dorato, pallo
dorato, Vestimi d'oro e dammi l'innamorato!" Die
Stiefmutter verbrüht unwissend ihre eigne Tochter im
Fass. "El pumo de uoro e la Conçaçienera";
Goldapfel aus dem Kuhbauch spendet Kleider, wird aber in
den Versen der Heldin als Apfelbaum angerufen.
"L'Isabelluccia"; Fisch gibt einen Granatapfel,
aus dem ein Baum aufspriesst, und wird mit Reimen
angerufen. Menschenhaut überzogen. Ausgestochene und
wiedergekaufte Augen. - Sizilianisch: "La
picuredda"; aus den Knochen des spinnenden Schafes
erstehn zwölf Jungfrauen
"Gràttula-Beddàtula"; Dattelzweig vom Vater
mitgebracht, spendet Kleider; der Prinz erblickt Ninetta
zuerst in seinem Garten, dann dreimal beim Tanz und hält
sie fest. - Maltesisch: "Runzelschmutzchen";
eine Vogelscheuche, die der Prinz vom Baum schneidet und
in den Keller wirft, wird ein Mädchen; aus drei Nüssen
ein Viergespann und schöne Kleider. - Mallorkinisch:
"N'estel d'or"; Kuh, Fee ähnlich Frau Holle. -
Portugiesisch: "The hearth cat"; goldene Kugel
in der geschlachteten spinnenden Kuh; "The maiden and
the fish"; der die Kleider spendende Fisch wird zu
einem Prinzen, der die Heldin heiratet. - Griechisch:
"Little Saddleslut"; die beiden älteren
Töchter schlachten und verzehren ihre Mutter; die
jüngste sammelt die Knochen, die sich in Gold und Kleider
verwandeln. - Rumänisch: "Die Kaiserstochter
Gänsehirtin"; das Mädchen, dem die Stiefmutter eine
Schlange eingegeben hat, wird als ehrlose Dirne vom Vater
vertrieben; der Prinz gewahrt, wie sie auf der Weide ihren
entstellenden Holzmantel ablegt und eine Schlange aus
ihrem Mund kriecht. - Serbokroatisch: durch eine Nadel von
der Stiefmutter in einen Vogel verwandelt, die andre
Tochter untergeschoben. Strohal: der Prinz findet sie am
Grab der Mutter, diese segnet den Bund. Stojanovic: im
Magen der Kuh ein Kästchen mit kostbaren Kleidern.
Plohl-Herdvigov: sechs Seelen helfen der Heldin statt der
Kuh spinnen, Hahn verrät. "Pappaluga or the golden
slipper"; die spinnende Kuh ist die rechte Mutter,
aus ihren Knochen kommen die Kleider. Wuk: der Prinz
findet das Mädchen auf der Jagd in einem hohlen Baum und
nimmt es als Gänsehirtin mit. "Die
Stieftochter"; Braut untergeschoben, die
ausgestochenen Augen eingetauscht. Aus Macedonien: der von
der Tante gemisshandelten Waise gibt eine Frau, die sie
auf der Viehweide getroffen hat, prächtige Kleider. Des
Kaisers Diener finden im Flusse ihren Schuh, den sie
verlor, als ihre Base sie von der Brücke hinabstossen
wollte. - Bulgarisch: die Knochen der Kuh verwandeln sich
in Gold und Prachtkleider, ihr goldner Schuh fällt in den
Fluss. - Slowakisch: wie bei Schott Nr. 4 lassen die
eifersüchtigen Schwestern die Heldin zwölf Schlangen
verschlingen; in hölzernem Gewand kommt sie als Magd ins
Königsschloss; der Prinz tötet die Schlangen, die aus
dem Mund der Schlafenden kriechen, und verbrennt das
Holzgewand. - Tschechisch: "Die drei
Schwestern"; drei Nüsse, die der Vater mitgebracht,
liefern die Kleider; der Hund weist dem Prinzen den
verstümmelten Fuss der falschen Braut. Die jüngste,
misshandelte Schwester findet im Schloss des
Menschenfressers in drei geheimen Gemächern Kleider,
Schmuck und einen Schimmel. Aus Südböhmen: die
mildtätige Heldin erhält von drei Greisen Schönheit,
den Apfelbaum und goldene mildtätige Tränen. Aus Glatz:
ein Brunnen gibt Kleider. Aus Mähren: ein Vogel bringt in
drei Nüssen schöne Kleider. - Wendisch: Ein-, Zwei-,
Drei-, Vieräuglein; eine läutende Linde und ein
bellender Hund. Untergeschobene Braut. - Polnisch aus
Kielce: die hilfreiche Frau kommt aus der Fichte. Vor der
Schuhprobe entflieht die Heldin, dient drei Jahre bei
einer Frau und kehrt reich beschenkt heim; ihre
Stiefschwester wird ebendahin geschickt und erhält einen
Koffer voll Schlangen. Aus Radom: zwei Tauben bringen ein
Knäuel, das zu einem Schloss in einer Eiche führt.
Wisla: als die eifersüchtigen Schwestern mit dem Prinzen
zur Eiche kommen, springt seine von jenen ermordete
Liebste als Fröschlein in seine Tasche. - Grossrussisch:
Einleitung wie bei Sneewittchen; ein Greis hilft, ein
Jäger nimmt sie vom Grab der Mutter zum Fest beim Zaren
mit, wo der Prinz sie liebgewinnt; die Kindbetterin wird
von der Stiefmutter in eine Hindin verwandelt. Aus Samara:
Stier statt Kuh, untergeschobene Braut, "Brüderchen
und Schwesterchen". Aus Rjazan: das Mädchen
versteckt sich in einem Fach des Bettes, das der Prinz
kauft, dann in einer Eiche über einer Quelle, in der sich
eine Hässliche spiegelt. Kavkaz: die Kuh ist dem Mädchen
von der sterbenden Mutter vermacht; untergeschobene Braut.
In einigen russischen Märchen befreit ein Stier ein
Geschwisterpaar von dem Bären, dem sie der Vater in Not
versprochen hatte, und gebietet ihnen dann, ihn zu
verbrennen; aus seiner Asche entsteht ein Pferd, ein Hund
und ein Apfelbaum (aus dem Gouv. Woronez bei Afanasjev 2,
4 Nr. 117). In einer Variante aus dem Gouv. Orel (ebd. 2,
6 Nr. 118a) ersteht aus den Knochen des von den
Geschwistern geschlachteten und verzehrten Öchsleins ein
bärtiger Zwerg, der jene in ein Räuberhaus führt,
nachdem er die Räuber getötet; dann folgt die Erzählung
von der verräterischen Schwester (R. Köhler 1, 304).
Kleinrussisch: Apfelbaum und Quelle, untergeschobene
Braut. - Weissrussisch: alle drei Schwestern dienen im
Königspalast; die jüngste begräbt einen Pferdekopf, aus
dem eine Eiche aufwächst, die sich ihr öffnet.
Federowski: die Mutter bringt ihr aus dem Grab Kleider;
aus den Eingeweiden des Stieres ersteht ein Hahn; ein Herr
im Sechsgespann kommt zur Quelle, lässt sich von der
Heldin Wasser reichen und fährt mit ihr davon.
Dobrovoljskij: im Magen der Kuh findet die Waise einen
Wunderstein. Karlowicz: ein verzauberter Schlangenprinz
hilft ihr der Stiefmutter Wasser bringen, wie im
Froschkönig. - Litauisch: Quelle mit Wein und Apfelbaum.
Jurkschat: eine Frau im Wald hilft; der liebeskranke Prinz
sieht das Sternengewand unter den Alltagskleidern der Magd
vorschimmern. - Finnisch: das Schaf, aus dessen Knochen
eine Birke herauswächst, ist wirklich die Mutter der
Heldin; eine Hexe hat sich verwandelt und dafür ihre
Gestalt angenommen; angehängt ist die falsche Braut. -
Ungarisch: "The widower and his daughter"; drei
Nüsse vom Vater; die Braut von einer Zigeunerin geraubt
und ins Wasser gestossen, wird zur Ente wie in
"Brüderchen und Schwesterchen". -Türkisch: der
Vater, der seine Tochter sucht, heiratet die Schwester der
in Tauben verwünschten Jünglinge.
Indisch: Kuh geschlachtet; die vergrabenen Knochen
spenden Kleider; Hahn verrät das Versteck der Heldin.
"Bâpkhâdî"; Heldin mit sechs Schwestern im
Wald verlassen wie Perraults Poucet; sie finden ein Haus;
Kirchgang; Schuh von einer Krähe fortgetragen;
Schuhprobe; Heirat. Die Kinder durch die neidischen
Schwestern beseitigt. Knowles: die Mutter verwandelt sich
in eine Ziege, als sie in Abwesenheit des Mannes gegessen
hat, wird getötet; ihre Knochen geben weiterhin ihren
Kindern Nahrung. Der König findet in dem gekochten Fisch
des Mädchens Nasenring, der diesem beim Waschen entfallen
war, und forscht nach der Besitzerin. -Aus Annam:
"Con Tam et Con Cam". Fisch vergraben, spendet
Kleider. Tauben lesen Bohnen und Sesam. - Philippinen: es
helfen ein Krokodil, eine Krabbe und eine alte Frau.
Arabisch aus Ägypten: "La vache des
orphelins"; die aus den Knochen der Kuh gewachsene
Aloe nährt die Geschwister weiter. Artin-Pacha: "Le
pot enchanté"; die Heldin verliert ihr Armband, wird
von den neidischen Schwestern in eine Taube verwandelt und
fliegt zum Prinzen, der die Zaubernadeln aus ihrem Kopf
zieht. "Aschenputtel"; sieben Feen helfen dem
Mädchen; dies verliert den Fussring statt des Schuhs. -
Mauritius: "Histoire de Peau-d'âne"; der Ring
im Kuchen, den der Prinz zu verschlucken scheint, wird von
dem Mädchen herausgenommen, er passt nur an ihren Finger.
- Madagaskar: "Les trois princesses et
Andriamohamona"; eine Ratte spendet die Kleider. -
Angola: "Fenda Maria and her elder brother nga
Nzua"; statt der bösen Stiefmutter eine Schwägerin,
hilfreiche Ziege geschlachtet, Schachteln von einer alten
Frau. Der Bruder verstösst seine Frau und nimmt die
Schwester zu sich.
Chile: "Maria la cenicienta"; Zauberstab im
Eingeweide der Kuh. Gutes und böses Mädchen wie in KHM
24.
Der Name der Heldin Aschenputtel oder Aschenpuddel
bezeichnet im Hessischen die in der Asche wühlende, sich
wälzende Küchenmagd, ein geringfügiges, unreines
Mägdlein.
Die reiche Entfaltung des Wortes hängt ohne Zweifel
mit der verbreiteten Vorstellung zusammen, nach der der
jüngste von drei Söhnen für dumm gilt und verachtet
wird, weil er seine erste Jugend im Schmutz und in der
Asche der Küche zubringt; als endlich seine Zeit
erscheint, tritt er auf, tut es seinen Brüdern weit zuvor
und erreicht das höchste Ziel. Rollenhagen erwähnt im
Froschmeuseler 1608 Bl. B1b unter den wunderbarlichen
Hausmärlein das "von dem verachten frommen
Aschenpössel und seinen stolzen spöttischen
Brüdern". Auf dieses zielen schon Luther und seine
Zeitgenossen, wenn sie Männer des alten Testaments wie
Abel, Loth, Jakob, David als solche anfangs missachteten
jüngsten Brüder mit jenem Märchenhelden vergleichen. In
Schweden gedenkt Verelius 1664 in den Anmerkungen zur
Gautrekssaga cap. 9 S. 70 des Volksmärchens "huru
Askefijsen fick konungs dottren till hustru", das
mithin von einem Jüngling handelte, der Küchenjunge war
und die Königstochter erhielt. Das dänische Sprichwort
"Esbern Askefiis overgaar baade Peder og Povel"
bei Peder Syv macht die älteren hochmütigen Brüder des
Helden namhaft. - Solche Erzählungen von einem
männlichen Aschenbrödel finden wir z. B. bei Zingerle,
Haltrich "Das Rosenmädchen" und "Der
Aschenputtel wird König".
Gleich häufig aber gehen Name und Fabel auf die
jüngste Tochter über, die im Schmutz der Küche schwere
Arbeit verrichtet und der zuletzt für ihr Aschengewand
königlicher Schmuck zu teil wird. Luther, erzählt eine
Legende von drei Jungfrauen, die vom Christkind
verschieden behandelt werden: "Aber die dritte, das
arme Aschenprödlin, hat nichts denn eitel mangel und
ungemach ... das ist die recht braut". Schon Geiler
von Kaisersberg, der in seinen Predigten wiederholt als
Beispiel der Demut und Geduld des Eschengrüdel anführt,
gibt einzelne Züge des Märchens.
Über die hilfreiche Kuh oder Ziege, in der bisweilen
die Seele der toten Mutter fortzuleben scheint, ebenso wie
in dem aus ihren Knochen aufspriessenden Baum, vgl. KHM
130.
Bei dem Umstand, dass Aschenputtel durch den verlorenen
Schuh gesucht und entdeckt wird, ist an die Sage von
Rhodope zu erinnern, deren von einem Adler entführten
Schuh Psammetichos, dem er in den Schoss gefallen war,
durch ganz Ägypten schickte, um die Eigentümerin zu
seiner Gemahlin zu machen. In einem andern ägyptischen
Märchen erregt ein schwimmendes Goldhaar der schönen
Frau des Königs Verlangen nach ihr. Über den
germanischen Verlobungsbrauch des Schuhanziehens vgl. J.
Grimm, Rechtsaltertümer 1, 214.
Variantenverzeichnis
>> Märchen-Suchdienst
Aschenbrödel. Bechstein/Deutschland 62
Die Aschenkatze. Basile/Italien 1,6
Aschenputtel. Grimm/KHM 21
Cendrillon. Perrault/Frankreich 6
Die wahre Braut. Grimm/KHM 186
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