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Frau Holle 480

Märchentyp AT: 480; cf. 334, 403, 510A
Grimm KHM: Frau Holle 24


Eine Stiefmutter stösst ihre Stieftochter in einen Brunnen mit einer unterirdischen Welt, manchmal unter der Anschuldigung, dass sie ihre Spindel oder dgl. verloren habe. Die Stieftochter begegnet dort Tieren und Dingen (Kuh, Apfelbaum, Ofen, Brot usw.), die sie nach deren Wünschen bedient: Die Kuh will gemolken werden, der Baum mit seinen reifen Äpfeln geschüttelt und das Brot im Ofen herausgenommen. Zuletzt kommt sie zu einer alten Frau, der sie ein ganzes Jahr dient, wobei ihr die dankbaren Tiere zu Hilfe kommen. Nicht zuletzt lernt sie auch von der Alten, es auf der Erde schneien zu lassen. Am Ende der Dienstzeit wird sie mit magischen Dingen beschenkt oder verschönt: Zauberschrein mit Kostbarkeiten, Goldregen über den ganzen Körper und ihr Kleid, Perlen aus Mund oder Haar etc. Da stösst die Stiefmutter auch die eigene Tochter in den Brunnen, aber deren wenig diensteifriger Sinn lässt sie nur einen Schrein (Pech) erwerben, der Unglück bringt.


Anmerkung

Die Gabenspenderin, die mitunter durch ein männliches Wesen ersetzt wird, heisst bei Grimm Frau Holle, sonst in Deutschland Nixe, Hexe und dergleichen. In Frankreich, Norwegen und Polen wird sie manchmal Jungfrau Maria genannt. Die Schreine, nach denen einige Märchen den Namen bekamen, scheinen der Vorstellung von der Jungfrau Maria als Gabenbringerin zu folgen, haben aber eine wesentlich grössere Verbreitung. Sie haben u.a. Frankreich, Irland, die Niederlande, Deutschland, den ganzen Norden mit den baltischen Ländern, Rumänien und sämtliche slawischen Völker erreicht. Wir begegnen ihnen, eingeschaltet in ein anderes Märchen, bereits in den Gesta Romanorum. Sie entsprechen der Gabe, Perlen bzw. Kröten usw. zu lachen in 403B (Die weisse und die schwarze Braut und die Männlein). Diese Gabe kommt auch abwechselnd mit den Schreinen in Frankreich, den Niederlanden, Schottland, Schweden und Polen vor. Oft sieht man gleichzeitig eine andere Entlehnung aus demselben Märchen, wie den Befehl, im Winter Erdbeeren zu pflücken. Gewisse Typen zeigen ebenso wie der obige Auszug eine Anleihe von 428 (Der musizierende Schrein oder Der Auftrag bei der Schwester der Hexe). Zu diesen Entlehnungen gehören u.a. die Prüfungen, denen die Heldin während der Wanderung vom Brunnen zur Wohnung der Hexe unterworfen wird.

Oftmals wird die Wanderung in der Unterwelt fortgesetzt, bis die beiden Mädchen zu einer goldenen Pforte und einer Pforte aus Pech kommen. Diese Pforten kommen besonders in Frankreich, Deutschland, den Niederlanden und Dänemark vor, und sie spielen teilweise die gleiche Rolle wie die Schreine. Sie zwingen zur Wahl, und dahinter steht die Belohnung oder die Strafe. In den Niederlanden, bei den west- und südslawischen Völkern, ausnahmsweise auch in Schweden, ist es eine Kugel, ein Knäuel oder ein Kuchen, der den beiden Mädchen den Weg zeigt. Das ist eine Reminiszenz an die verlorene Spindel, die oft den gleichen Dienst tut. Als Einleitungsmotiv finden wir besonders in Italien auch die Aufgabe, Wasser in einem Sieb zu holen (1180).

Die älteste literarische Spur dieses Märchens haben wir in Italien bei Basile (gest. 1632) in zwei ziemlich verblassten Varianten (III,10; IV,7), von denen die eine (IV,7) eigentlich nur eine Einleitung zu 403A (Die weisse und die schwarze Braut und deren Brüder) ist. Die andere dagegen (III,10) hat eine goldene Pforte und eine Stalltür zur Wahl. Perrault nahm das Märchen in seine Contes de mère l’Oye von 1697 auf, von wo es dann u.a. in ein schwedisches Volksbuch von 1798 kam. Die literarische und die mündliche Überlieferung sind jede ihren eigenen Weg gegangen, und beide haben ihre besondere Prägung. Weder Perrault noch Grimm erwähnen irgendwelche Schreine. Die Schreine gehören hingegen zur Hauptversion der mündlichen Überlieferung. Nicht einmal ein späterer Druck des Jahres 1859 hat einen entscheidenden Einfluss auf die Hauptversion gehabt, trotz seiner roten, gelben, blauen und schwarzen Schreine. Von den vorkommenden Sonderformen wird eine durch die zu waschenden Köpfe charakterisiert, die es auch in Finnland und England gibt, eine andere durch das hungernde Mädchen mit dem singenden Knochen und eine dritte durch die Forderung "mit dem Hinterteil zu wackeln" (dansa vippa "mit dem Hinterteil wackeln, tanzen").


Literatur

Becker, R.: Die weibliche Initiation im ostslawischen Zaubermärchen. Berlin 1990.
Bleichsteiner, R.: Iranische Entsprechungen zu Frau Holle und Baba Jaga. In: Mitra 1, 1914, p. 65-71.
Brednich, R.W.: Volkserzählungen und Volksglaube von den Schicksalsfrauen. Helsinki 1964.

Früh, S./Derungs, K.: Schwarze Madonna im Märchen. Mythen und Märchen von der Schwarzen Frau. Bern 1998.
Göttner-Abendroth, H.: Die Göttin und ihr Heros. München 1993.
Hempel, H.: Das Frau-Holle-Märchen und sein Typus. Greifswald 1922.
Roberts, W.E.: The special forms of Aarne-Thompson type 480 and their distribution. In: Fabula 1, 1958, p. 85-102.
Roberts, W.E.: The tale of the kind and the unkind girls. Berlin 1958.
Rumpf, M.: Frau Holle. In: EM 5, p. 159-188.
Wagner, R.: Einige vorder- und hinterindische Fassungen des Märchens von der Frau Holle. In: Zeitschrift für Volkskunde 42, 1932-1933, p. 163-178.
Wienker-Piepho, S.: Frau Holle zum Beispiel. In: Jahrbuch der Brüder-Grimm Gesellschaft 2, 1992, p. 115-136.


Märchen

>> Die Feen
>> Die beiden Mädchen und die Hexe


Hinweise

Eine Erzählung aus der Schwalmgegend verbindet dies Märchen mit dem von Hänsel und Gretel. Es sassen zwei Mädchen bei einem Brunnen und spannen, das eine war schön, das andere war garstig. Das schöne sprach: "Wer seinen Rocken lässt in das Wasser fallen, der soll hinter drein." Da fiel ihm der Rocken hinab, und es musste hinunter. Unten aber ertrank es nicht im Wasser, sondern kam auf eine Wiese, darauf stand ein Birnbäumlein, zu dem sprach es: "Schüttle dich, rüttle dich!" Da schüttelte und rüttelte sich das Birnbäumlein. Darauf kam es zu einem Kälbchen, und sprach: "Muhkälbchen, beug dich!" Da beugte sich das Kälbchen. Darauf kam es zu einem Backofen und sprach zu ihm: "Backöflein, back mir einen Weck!" Da backte ihm der Backofen einen Weck. Endlich kam es an ein Häuschen von Pfannkuchen, und weil es Hunger hatte, so ass es davon. Und wie es ein Loch gegessen hatte, sah es hinein und erblickte ein rotes Mütterlein, das rief: "Der Wind, das himmlische Kind! Komm herein und laus mich!" Da ging es hinein und lauste die Alte, bis sie einschlief. Darauf ging es in eine Kammer, wo alles voll von goldenen Sachen war, und tat ein goldenes Kleid an und ging wieder fort. Wie's aber wieder zum Backöflein kam, sprach es: "Backöflein, verrat mich ja nicht!" "Nein, ich will dich nicht verraten." Dann kam es zum Kälbchen und endlich zum Birnbäumlein und sprach zu jedem: "Verrat mich nicht!" und jedes antwortete: "Nein, ich verrat dich nicht." Nun kam es wieder zum Brunnen herauf, und der Tag brach eben an, da rief der Hahn: "Unser goldenes Mädchen kommt." Bald fällt auch der Garstigen der Rocken in den Brunnen, und sie muss hintennach; sie kommt zu dem Birnbaum, dem Kalb und Backofen, sie spricht wie die schöne zu ihnen, aber sie folgen ihr nicht. Nun laust sie die rote Alte, bis sie eingeschlafen ist, geht in die Kammer und kleidet sich ganz golden an und will wieder heim. Sie bittet den Backofen, das Kalb und den Birnbaum, sie nicht zu verraten; aber sie antworten: "Ja, wir verraten dich doch." Als nun die Alte aufwacht, eilt sie dem Mädchen nach, und jene sagen zu ihr: "Wenn du läufst, so holst du es noch ein." Sie erreicht es auch noch und besudelt ihm das goldene Kleid. Wie es nun wieder heraufkommt und eben der Tag anbricht, so ruft der Hahn: "Unser dreckiges Mädchen kommt!" - Hiermit stimmt eine Erzählung aus dem Paderbörnischen am meisten überein, besonders in der Teilnahme, welche die Dinge, die auf dem Weg das Mädchen anrufen, hernach bezeigen. Es hat ein Bäumchen geschüttelt, eine Kuh gemelkt, der man ihr Kälbchen gestohlen, und das Brot aus dem Ofen gezogen. Es muss dann in dem Haus eine Hexe, einen Affen und einen Bären jeden Mittag lausen, dafür bekommt es die schönsten Kleider, Gold und Silber in Menge. Wie es das alles hat, spricht es: "Ich will hingehen und Wasser holen." Es geht und findet die Tür zu dem Brunnen wieder, durch welche es herabgekommen war. Es öffnet die Tür und sieht eben den Eimer sich herabsenken, da setzt es sich hinein und wird hinaufgezogen. Weil es nun ausbleibt, schicken die Hexe, der Affe und der Bär einen grossen schwarzen Hund nach, der fragt überall, ob niemand ein ganz mit Silber und Gold behangenes Mädchen gesehen. Aber der Baum, den es geschüttelt hat, zeigt mit seinen Blättern einen andern Weg, die Kuh, die es gemelkt hat, geht einen andern und nickt mit dem Kopf, als sei es dort hin, und der Backofen schlägt mit seiner Flamme heraus und zeigt ganz verkehrt. Der Hund kann also das Mädchen nicht finden. Dem bösen Mädchen geht es dagegen schlimm; als es entflieht und unter den Baum kommt, den es nicht hat schütteln wollen, schüttelt er sich selbst und wirft viele trockene Zweige herab, die es schlagen; die Kuh, die es nicht hat melken wollen, stösst es, sodass es endlich zerschlagen und voll blauer Flecken oben wieder anlangt. - Eine hessische Erzählung ist abweichend. Es war eine Frau, die liebte nur ihre rechte und gar nicht ihre Stieftochter, die doch ein gutes, frommes Mädchen war; sie hielt es immer hart und suchte es los zu werden. Eines Tags setzte sie beide an einen Brunnen, da sollten sie spinnen: "Wer mir aber den Rocken hinabfallen lässt, den werf ich hinterdrein." So sprach sie und band ihrer Tochter den Rocken fest, der Stieftochter aber ganz lose. Kaum hat diese ein bisschen gesponnen, fällt ihr der Rocken hinab, und die Stiefmutter ist unbarmherzig genug und wirft sie hinab. Sie fällt tief hinunter, kommt in einen herrlichen Garten und in ein Haus, wo niemand ist; in der Küche will die Suppe überlaufen, will der Braten eben verbrennen und der Kuchen im Backofen eben schwarz werden. Sie setzt die Suppe geschwind ab, giesst Wasser zum Braten und nimmt den Kuchen heraus und richtet an; so hungrig sie aber ist, nimmt sie doch nichts davon ausser ein paar Krümchen, die beim Anrichten vom Kuchen herabgefallen waren. Darauf kommt eine Nixe mit furchtbaren Haaren, die gewiss in einem Jahr nicht gekämmt waren, und verlangt, sie solle sie kämmen, aber nicht rupfen und nicht ein einzig Haar ausziehen, welches sie endlich mit vielem Geschick zustande bringt. Nun sagt die Nixe, sie wolle sie gern bei sich behalten, sie könne aber nicht, weil sie die paar Krumen gegessen habe; doch schenkt sie ihr einen Ring und andere Sachen, wenn sie den nachts drehe, wolle sie zu ihr kommen. Die andere Tochter soll nun auch zu der Nixe und wird in den Brunnen geworfen; sie macht aber alles verkehrt, bezähmt ihren Hunger nicht und kommt dafür mit schlechten Geschenken zurück.

Eine Erzählung aus Thüringen gibt W. Reynitzsch in dem Buch über Truhten und Truhtensteine. Die schöne Schwester, der die Spindel in den Brunnen gefallen ist, wird von der garstigen (aischlichen) hinabgestossen. Sie kommt auf ein weites Feld, ein weisses Männchen geht mit ihr auf eine grüne Wiese, auf welcher ihnen ein Bardel (Sänger) mit seiner Geige begegnet, sie singend empfängt und geleitet. Eine rote Kuh bittet gemelkt zu werden, damit ihr das Euter nicht zerspringe; das Mädchen tuts. Sie gelangen endlich an eine prächtige Stadt; das Männlein fragt, zu welchem Tor es eingehen wolle, zum Goldtor oder zum Pechtor. Es wählt aus Demut das letztere, wird aber durch das erstere geführt, wo alles von Gold trieft; Angesicht und Kleider werden ihr vergoldet. Eine Jungfrau fragt, wo sie wohnen will, im weissen oder schwarzen Haus; sie spricht wieder: "Im schwarzen", wird aber ins weisse geführt. Eine andere fragt, ob sie lieber mit schönen Spinnerinnen Goldflachs spinnen und mit ihnen essen wolle, oder mit Katzen und Schlangen. Das Mädchen erschrickt, wird aber zu den Goldspinnerinnen gebracht, isst mit ihnen Braten und trinkt Bier und Met. Nachdem es ein herrliches Leben eine Zeitlang da geführt, wird es durch ein Goldtor von einem andern Männchen wieder zurückgebracht und langt mit Goldkränzen behängt zu Hause an. Der gelbe Hahn kräht bei ihrer Ankunft Kickericki, kickericki! und alle rufen: "Da kommt die goldene Marie!" Nun lässt sich die hässliche Schwester auch in den Brunnen stossen. Es folgt von allem das Gegenteil, ein schwarzes Männchen führt sie fort, sie kommt durchs Pechtor in eine Nebelwohnung zu Schlangen und Kröten, wo sie sich nicht satt essen darf und Tag und Nacht keine Ruh hat. - Eine Bearbeitung in den Erzählungen der Villeneuve (Contes marins. 1740). Das Murmeltier (Liron), so heisst das Stiefkind, muss die gröbste Arbeit verrichten, die Schafe hüten und dabei eine gegebene Zahl gesponnener Faden mit nach Haus bringen. Das Mädchen setzt sich oft an einen Brunnenrand, will eines Tages sich das Gesicht waschen und fällt hinein. Als es wieder zu sich kommt, befindet es sich in einer Krystallkugel unter den Händen einer schönen Brunnenfrau, der es die Haare kämmen muss, dafür bekommt es ein kostbares Kleid, und so oft es seine Haare schüttelt und sich kämmt, sollen glänzende Blumen herausfallen, und wenn es in Not ist, soll es sich herabstürzen und Hilfe bei ihr finden. Dann gibt sie ihm noch einen Schäferstab, der die Wölfe und Räuber abwehrt, ein Spinnrad und einen Rocken, der allein spinnt, endlich einen zahmen Biber, zu mancherlei Diensten geschickt. Als Murmeltier mit diesen Gaben abends heimkommt, soll die andere Tochter sich gleiche erwerben, und springt in den Brunnen hinab. Sie gerät aber in Sumpfwasser, und wird wegen ihres Trotzes begabt, dass stinkendes Rohr und Schilf auf ihrem Kopf wächst; und wenn sie eins ausreisst, wächst noch viel mehr. Nur Murmeltier kann den hässlichen Schmuck auf einen Tag und eine Nacht vertreiben, wenn es sie kämmt; das muss es nun immer tun. Hierauf folgt die weitere Geschichte des Murmeltiers, wozu wieder andere Märchen benutzt sind, es soll allzeit etwas Gefährliches ausrichten, aber durch Hilfe seiner Zauberdinge vollbringt es alles glücklich.

Die niedersächsische Erzählung von Goldhähnchen und Pechhähnchen bei Schambach-Müller gleicht der thüringischen: Apfelbaum, Backofen, Kuh. Die Leute im Häuschen fragen, ob sie mit ihnen oder mit Hunden und Katzen essen und ob sie durch die Goldtür oder Pechtür gehen will. Elsässisch: "Die zwei Stiefschwesterlein"; die weisse Madame fragt, ob sie in einer pechigen und harzigen Kutsche heimfahren will oder in einer silbernen und goldenen. Aus Luzern: "Goldig Betheli und Harzebabi"; das demütige Betheli gelangt durch ein Mauseloch, nicht durch den Brunnen in die unterirdische Welt und wird von schönen Kindern beschenkt. Aus Kärnten: "Der verlorene Strähn"; die Stieftochter eilt dem in den Bach gefallenen Garn nach, erhält es von einer Frau, dazu Nachtquartier, einen Schimmel zum Heimreiten und ein goldiges Kleid. Im niederösterreichischen Märchen bei Vernaleken: "Die zwei Schwestern"; sind Züge aus dem Märchen vom Höllenpförtner (KHM 100) und der magischen Flucht (KHM 79) eingemengt; die Alte verfolgt das Mädchen, das ihr längere Zeit treu gedient, aber die in Töpfen eingeschlossenen Seelen befreit hat; Brunnen, Apfelbaum und Backofen, die es früher gepflegt hat, erquicken sie auf der Flucht; und Hündchen und Kätzchen, die sie dabei begleitet haben, verwandeln sich in einen Prinzen und dessen Schwester. Die Tiere raten in der anhaltischen Erzählung dem von der Stiefmutter verstossenen Mädchen, die Tür des Waldhauses zu öffnen und mit dem Zwerg zu essen; als sie morgens erwacht, liegt sie daheim auf ihrem Strohsack, aber das Stroh hat sich in Gold verwandelt. Ein nordfriesisches Märchen erzählt den Sturz in den Brunnen, die Bitte des Apfelbaums, der Kuh und des Backofens und die Flucht aus dem hause der Hexe, der Klein Ehlke Geld aus der verbotenen Kammer gestohlen hat; Baum, Kuh und Backofen verraten die Fliehende nicht. Ein verbotenes Zimmer betritt die Heldin im siebenbürgischen Märchen: "Die beiden Mädchen und die Hexe" und wird dadurch ganz goldig; auf der Flucht erweisen sich ihr der Backofen, Hund und Apfelbaum dankbar. Im schlesischen: "Der Wolf mit der goldenen Kette" erscheint an Stelle der Hexe ein Wolf, der sich vom Mädchen lausen lässt, aber es fehlt das Gegenstück der unfreundlichen Schwester. - In einer anderen schlesischen Erzählung: "Tones und Hans" sind es zwei Brüder, ein unguter und ein mildherziger, die auf ihrer Wanderung einzeln ins Haus des Windes geraten und dort gefragt werden, ob sie durchs Goldtor oder durchs Pechtor gehen wollen. Eine gute Schwester und ein böser Bruder erhalten von einem Bettler oder einer himmlischen Frau zwei Schachteln, aus denen daheim Engel und Teufel oder Schlangen hervorkommen, bei Zingerle: "Schwesterchen und Brüderchen" und "Die zwei Schächtelchen", bei Kuhn-Schwartz: "Das Mädchen im Paradies". Aus Hannover: "Die böse Stiefmutter"; Knäul fällt in den Brunnen; Beil, Backofen, Kuh, Ziege; das gute Mädchen entkommt mit einem Geldsack, die Stiefschwester wird enthauptet.

Niederländisch: "Van twee dochters"; das gute Mädchen erhält von der Frau an der Quelle, der sie zu trinken reicht, die Gabe, dass ihr Perlen aus dem Mund fallen, wie den bösen Kröten. Bei Wolf, "Vom guten Janchen und dem bösen Mieken" folgt der gute Knabe der rollenden weissen Kugel in den Himmel, und das böse Mädchen der schwarzen zum Höllentor. - Dänisch: "Pingerne i Brønden"; Stieftochter in den Brunnen geworfen, weil ihr beim Spinnen der Faden reisst. Sie dient bei einem alten Mann und entflieht; auf der Flucht helfen ihr Hahn, Backofen und Apfelbaum. "Søstrene hos trolden"; das Mädchen von der Stiefmutter fortgeschickt, sich einen Dienst zu suchen, und kommt zu einem Trold, dessen Frau sie lausen muss. - Norwegisch: "Die Tochter des Mannes und die Tochter der Frau"; Spinnerin in den Brunnen geworfen, weil der Faden reisst. Die Vögel raten, als sie beim Trollweib dient und einen von drei Kästen zum Lohn wählen soll; Zaun, Kuh, Schaf und Apfelbaum helfen auf der Flucht. - Schwedisch: "De bägge stedsystrarna"; die gute Schwester soll im Winter Erdbeeren pflücken, wie in KHM 13, und erhält diese von zwei Zwergen nebst der Gabe, dass ihr beim Reden Goldringe aus dem Mund fallen. - Im isländischen Märchen "Das Aschenbrödel" werden drei Töchter nacheinander ausgesandt, Feuer zu holen; aber nur die jüngste bleibt in der Höhle des Riesen wegen ihrer Bescheidenheit und Dienstfertigkeit, erlöst den Riesen aus seiner Verzauberung und wird von ihm nach ihrer Heimkehr als Braut abgeholt. - Auch im schottischen Märchen "The girl and the dead man" ziehen drei Töchter aus, ihr Glück zu suchen, und werden von der Mutter gefragt, ob sie ein grosses Stück Kuchen mit ihrem Fluch oder ein kleines mit ihrem Segen haben wollen; nur die jüngste verlangt das letztere und teilt es noch mit den Vögeln, tritt in den Dienst bei einem Toten und befreit ihre älteren Schwestern. - Englisch: "The princess of Colchester"; die gute Tochter erzählt von einem alten Mann, mit dem sie ihr Brot teilt, eine Zauberrute und die Weisung, zu einem Brunnen zu gehen und die drei goldenen Köpfe, die aus ihm hervortauchen, zu kämmen; diese schenken ihr Schönheit und verheissen ihr einen Prinzen als Gatten. Ähnlich: "The three heads of the well"; "The green lady". Bei Jacobs "The old witch" tritt die gute Schwester bei einer Hexe in Dienst und entflieht mit einem Geldsack, wobei sie Apfelbaum, Kuh und Backofen beschirmen. Diesem Märchen ähnelt das irische "The maid in the country under ground", noch mehr aber dem norwegischen: das in den Brunnen gestossene Mädchen kommt zur Hexe, die ihr schwierige Aufgaben stellt und sie unter drei Kästchen wählen heisst; Vögel, alte Frau, Kuh, Widder, Apfelbaum, Zaun helfen. - Französisch bei Perrault: "Les fées"; der guten Schwester, die einer alten Frau Wasser schöpft, fallen Blumen und Perlen aus dem Mund, der bösen Schlangen und Kröten. "La veillée dans le puits"; Spindel fällt in den Brunnen. Silbermünzen fallen dem guten Mädchen, das die Fee kämmt, bei jedem Wort aus dem Mund. "La fontaine rouge"; Erdbeeren im Winter. Jungfrau Maria, fünf Hunde an der Quelle. "La salade blanche et la salade noire"; Schwester und Bruder erhalten von der Jungfrau Maria Kästchen; weisses und schwarzes Tor. - In Italien erscheint das Märchen zweimal bei Basile; das erstemal klettert die dienstfertige Cecella ihrem in ein Erdloch gefallenen Korb nach und gelangt zu drei unterirdischen Feen, in der andren Erzählung teilt Marziella ihren Kuchen am Brunnen mit einer alten Frau. Bei Comparetti: "Il cestello" verliert die Stieftochter den Korb, mit dem sie Wasser schöpfen soll, während die rechte Tochter mit einem Krug zum Brunnen geht. Bei Corazzini: "Le fate" soll die gute Tochter ein Sieb von den Feen leihen, tritt vorsichtig auf die Glastreppe, füttert drei Kätzchen, kämmt eine Fee und erhält zum Lohn schöne Kleider, ein Pferd und einen Stern auf die Stirn. Ebenso bei "La bella e la brutta"; hier hilft eine Kuh der misshandelten Stieftochter spinnen. - Katalanisch: "Die beiden Mädchen"; ein Stück vom Eingeweide des geschlachteten Lammes fällt in den Bach. - Portugiesisch: "The hearth-cat"; die Stiefmutter lässt die hilfreiche Kuh schlachten, aber aus ihren Eingeweiden fällt eine goldene Kugel in den Bach, dem folgend das Mädchen zu drei Feen gelangt. - Rumänisch: "Die beiden Töchter"; die fleissige Tochter reinigt eine Hündin, einen Baum, einen Brunnen, einen Backofen, badet im Dienste des h. Sonntag die Vögel und erhält reiche Gaben; die schlimme Tochter bekommt einen Koffer voll Schlangen. - Slowenisch: eine Fee hilft schwarze Wolle weiss waschen, der Hahn verrät das versteckte Mädchen. - Serbokroatisch: die Heldin im Wald von einem Greis in Dienst genommen, zieht eine Kuh und eine Stute aus dem Sumpf, und wählt am Ende der Dienstzeit den schlechten Koffer. "Die Stiefmutter und ihr Stiefkind" und "Wie sie es verdient haben, so ist es ihnen auch ergangen"; die gute Schwester erhält vom Drachen einen Koffer mit Dukaten, die böse einen mit Schlangen; auch von KHM 32 "Aschenputtel" gehört der Eingang her, wo die Mutter des Mädchens, dessen Spindel in die Grube gefallen ist, in eine Kuh verwandelt wird. - Bulgarisch aus Macedonien: einem von der Stiefmutter den Berg hinabgeworfenen Kuchen folgend, gelangt das Mädchen zu einer alten Frau, die es lausen und deren Schlangen sie füttern muss; es wählt den schlechtesten Koffer zum Lohn. Ähnlich im Sbornik, wo die Alte das Mädchen in den Fluss taucht, als goldgelbes Wasser nach dem roten, blauen und schwarzen geflossen kommt. Die Stiefschwester wird ins schwarze Wasser getaucht und findet dort einen Koffer voll Schlangen. Dann Aschenputtelmotiv; der Hahn verrät die unterm Trog versteckte Jungfrau. Aus Pirdop: ein Greis hilft dem Mädchen schwarze Wolle weiss zu waschen, gelaust; aus der Gegend von Sofia: weisse Wolle soll schwarz gewaschen werden. Einleitung in den macedonischen Fassungen im Sbornik: Mädchen beim Bären. - Tschechisch: rollender Kuchen. Zwetschgenbaum, Apfelbaum, Brunnen, Backofen, Pferdchen. Beim alten Weib, dessen Hund und Katze das Mädchen gepflegt hat, wählt es die unansehnliche Truhe. Aus Glatz: die Vögel kochen für die Heldin den Totenkopf und verzehren ihn; die Schwester vergräbt ihn, aber er kommt wieder und Knäuel, Apfelbaum, Brunnen, Backofen; bei der Alten Katze und Hund. Aus Mähren: "Die zwei Knäuel"; die beiden Schwestern treten, zwei Seidenknäueln folgend, gleichzeitig bei einem Greis in Dienst und dürfen sich ihren Lohn an Kleidern und Vieh selbst auswählen; die mildherzige und fromme bringt alles in gutem Zustand und dazu viel Gold heim, der andren wandelt sich ihre Habe in der Truhe in Schlangen und Skorpione. Kubin: rollender Kuchen, Brunnen, Apfelbaum, Pferd, Backofen; beim Greis Hund und Katze. Kulda: nur die jüngste der drei Schwestern säubert Apfelbaum, Birnbaum und Brunnen. Bei Václavek trägt die brave Schwester einen Greis über einen Klotz, Graben und Wasser, wäscht die Frösche im Brunnen und erhält, als sie den Kopf hineinsteckt, goldene Haare; der faulen aber wachsen Hörner. Bei Kulda führt der Schutzengel die Heldin zu einem Greise, dessen Hunde sie füttert; er schenkt ihr einen Vogel der ihr voraus fliegt und ruft: Unsre Frau bringt lauter Silber und Gold. Poh.: die Jungfrau hilft im Wald einem Greis, der der Herrgott selber ist, vom Baum herab, und zwei Hunde bringen ihr eine Truhe voll Gold auf einem Wagen. - Slowakisch: Mädchen im Waldhaus bedient einen Greis und wird nachts von einem Zwerg mit ellenlangem Bart beschenkt. Bei Rimauski besorgt die Heldin den Bach, Hund, Birnbaum, Ochsen, Backofen und entflieht mit ihrer Hilfe der Hexe, nachdem sie deren verbotenes Zimmer betreten und goldenes Haar bekommen hat. Bei Dobšinský kommt sie, einem goldenen Apfel nacheilend, zum Backofen, Brunnen, Birnbaum, Pferden, dient einem Greis und wählt am Schluss des Jahres den schlechtesten Koffer. - Polnisch aus Posen: Brunnen, Apfelbaum, Backofen; im Dienste eines Greises Hund und Ente gepflegt. Aus Siedlec: das gute Mädchen dient bei einem Mann und erhält nach einem Jahr, weil sein Ohr rein ist, einen Koffer voll Gold und hundert Paar Pferde. Ciszewski: Pferd, Hund, Kater, Bier; Dienst bei der Mutter Gottes; ebd. Frau über den Fluss getragen, Hund und Kater. Wisla: die Heldin dient bei einer schönen Waldfrau, die auf Himmelsschlüsseln (Primula veris) einherfährt, füttert deren Katze und Hund und wird bei der Entlassung beschenkt, ebenso vom Backofen, Apfelbaum, Wolf, Raben, Lamm, denen sie Wohltaten erwiesen. Aus dem Bezirk Rzeszów: Engel gespeist, Hase, Wolf, Birnbaum, Apfelbaum, Backofen; die Frau gekämmt. Aus den Beskiden. Sie begegnet zwei Greisen, Christus und Peterpaul, dient, wählt den geringsten Kasten. Aus dem Bezirk Wieliczka: der Dienst bei der Mutter Gottes besteht in der Pflege von Hund und Katze; die Stiefschwester erhält einen Koffer voll Schlangen. Aus Siedlec: als das Mädchen auf Geheiss der Muttergottes auf eine Erbse und eine Schlange tritt, wird daraus ein Hahn und ein Hund; der Hund kündet die Heimkehrende an; die Stiefschwester erhält Schlangen, ihre Pferde werden zu Hunden, ihre Kuh zu einem Wolf, der sie auffrisst. Aus Plock: sie dient drei Jahre bei der Muttergottes, ein König heiratet sie, ihre Schwieger ertränkt die Kinder usw. Wisla: weil die Heldin einer Greisin Wasser schöpft, fallen ihr Blumen und Edelsteine aus dem Mund; der Stiefschwester Schlangen; ein Hecht hilft der Heldin Fische fangen, Wäsche waschen, mit einem löchrigen Löffel Wasser schöpfen und verwandelt sich, als die Stiefmutter sie ertränken will, in einen Prinzen. Aus Krasnostaw: Katze, Hunde, Mäuse, ein Totenkopf gewaschen und gefüttert; beschenkt mit Pferden und Kühen, die Schwester mit einem Koffer voll Schlangen. Aus Lublin: das im Wald zurückgelassene Mädchen dient bei einer Frau Totenkopf und kehrt beschenkt nach drei Jahren heim. Aus Kielce: das wie Aschenputtel versteckte und durch den Hahn verratene Mädchen entflieht zu einer Waldfrau und kehrt reich beschenkt nach drei Jahren zurück, von Hund und Katze angemeldet. -

Grossrussisch: dem im Fluss schwimmenden Zwirn nachgehend, kommt das Mädchen zu einer Hexe, heizt zum Bad ein, trägt Wasser im Sieb, das sie nach des Sperlings Rat mit Lehm verschmiert hatte, wäscht Frösche, Ratten und die Hexe selber und kehrt mit einem Koffer voll Geschenke heim. Aus Wladimir: bei den Aufgaben der Hexe hilft dem Mädchen eine von ihrer sterbenden Mutter übergebene Puppe; bei der Entlassung gibt ihr die Hexe einen leuchtenden Menschenkopf mit, durch dessen Augen die Stiefmutter und die beiden Stiefschwestern zu Kohle verbrennen. Aus Tula: das Mädchen versorgt eine Birke, Schafe, Schweine, Kühe, Pferde, Frösche, Schaben, Schlangen; von der Hexe beschenkt. Aus Woronez: die Hexe, zu der die Stiefmutter das Mädchen schickt, will dies zum Frühstück verzehren; aber Hunde, Tür und Birke, denen es Gutes erwiesen, lassen es entkommen; aus dem von der Katze geschenkten Handtuch und Kamm, die es hinter sich wirft, wird ein breiter Fluss und ein dichter Wald. - Kleinrussisch: Apfelbaum, Backofen, Brunnen, der Drache, den das Mädchen nach dem Rat der Maus bedient, bietet ihm reiche Gaben zur Auswahl. Bei Rudcenko: Schlangen und Frösche der Alten gefüttert. Aus Wolhynien: das ins halbgefrorene Wasser gefallene Mädchen kommt durch eine Tür in eine andre Welt, wo es Sommer ist; da es Birnbaum und Backofen und im Dienste einer Alten mit gewaltigen Zähnen Hund und Katze freundlich bedient, bekommt es nach Jahresfrist eine grüne Truhe voll Kleider und Schmuck. Der bösen Stiefschwester ergehts übel. - Weissrussisch: Bäume, Schweine, Backtrog helfen auf der Flucht, nachdem das Mädchen der Hexe die Augen mit Pech verklebt hat. Aus Mogilew: Brunnen, Backtrog, Apfelbaum; statt der Hexe Katzen in der Hütte. - Lettisch: das von der Pflegemutter in den Brunnen gestossene Waisenmädchen tränkt Pferde in der Unterwelt, melkt Kühe, schert Schafe, bäckt Brot, wäscht im Badehaus den Greis und die Schlangen; es erhält eine Schachtel und einen Stab, wodurch auf der Oberwelt Schloss und Kirche entstehen. Aus der Schachtel des bösen Mädchens sprüht verzehrendes Feuer. - Estnisch: "Die Wirtstochter und das Waisenmädchen in der Unterwelt"; das gute Mädchen springt einem von der Mutter geschenkten Knäuel nach in den Brunnen, hilft verschiedenen Hirten, Graupenstampfern und einer Brotkneterin und findet Geld, das dem Bösen gehört. - Finnisch: "De båda systrarna"; der guten Schwester fällt die Spindel in die Eisluhme, sie muss ihr nachspringen, dient bei einer alten Frau und erhält einen Kasten voll Gold und Silber zum Lohn; die böse Schwester aber einen voll brennenden Schwefels und Teers. - Türkisch: "Das Waisenmädchen und die Stiefmutter". - In einer Erzählung der zwischen dem kaspischen und schwarzen Meer wohnenden Uden gelangt die arbeitsame Schwester, der ihr Eimer in den Brunnen gefallen ist, zum Backofen, Apfelbaum und zum Schneedämon Moroz Iwanssohn, dessen Bett sie klopfen muss, und erhält den Eimer voll Silbermünzen; die Faule bekommt ein Eisstück, das ihr zuerst wie ein Silberbarren erscheint. - Kaukasus: drei Schwestern, die der Stiefvater in das Loch neben dem Apfelbaum geführt hat, kommen in das Haus eines Devi, den sie in den Kessel voll siedenden Öls stossen, und werden nach Jahren dort vom Vater besucht; ihre Stiefschwester frisst ein Schakal. Ähnlich beginnt ein Märchen der Gebirgs-Tataren im Terek-Gebiet: ein Chan befreit die Mädchen aus der Grube und heiratet die älteste, die einen Knaben mit goldenen Haaren und Zähnen zu gebären versprochen hat. Imeritinisch: als dem am Flussufer spinnenden Mädchen die Spindel ins Wasser fällt, springt sie ihr nach und kommt mit goldenen Kleidern und Schuhen zurück; die Stiefschwester, die ihr nachahmt, wird in einen Esel verwandelt.

In mehreren osteuropäischen Fassungen besteht die gute Schwester nachts im fremden Haus mit Hilfe der dankbaren Haustiere noch eine besondere Gefahr; ein Teufel begehrt Einlass, aber auf den Rat von Katze, Hund und Hahn verlangt das Mädchen, dass er ihr zuvor schöne Kleider bringe, und über den vielen Aufträgen geht die Nacht hin. - Slowenisch: Erdbeeren im Winter gesucht. Beim Südwind erfährt das gute Mädchen von der Katze, wie sie dem Mann, der sie nachts zum Tanz abholen will, bis Mitternacht Aufträge geben soll, ihr schöne Kleider zu bringen. - Kleinrussisch aus Galizien: die Jungfrau hat ins Waldhäuschen Hund und Hahn mitgenommen; nachts klopft es; sie öffnet, ein Stutenkopf begehrt gewaschen zu werden und mit ihr zu tanzen; sie verlangt Kleider und Schmuck und erhält sie aus seinem rechten Ohr; da kräht der Hahn, und der Stutenkopf zerfliesst in Wagenschmiere; die Stiefschwester, die in der nächsten Nacht hingeht, kommt um. Ausführlicher bei Cubinskij: Stutenkopf, Wolf und Bär verwandeln sich in drei Herren, der frühere Wolf heiratet das Mädchen. - Weissrussisch: drei Schwestern verirren sich nach einander in des Bären Hütte; nur die jüngste entkommt, weil sie das Mäuschen gefüttert hat. - Litauisch: Schwiegermutter und Mutter der Bäuerin statt der beiden Stiefschwestern.

Unser Märchen ist ferner aufgezeichnet in Indien: "Peasie and Beausie", wo die gute Schwester, die ihren Vater besucht, von ihm mit einem Büffel und andern Dingen beschenkt wird und ebenso von den Bäumen, dem Feuer und dem Bach, die sie gesäubert, Gaben erhält. - Aus Annam: Schlange gekocht, wird zu Gold. - Aus Birma: das Mädchen läuft ihrem vom Bach fortgeschwemmten Eimer nach und kommt zu einem Menschenfresserpaar, dient ihnen und darf zwischen zwei Körben wählen. Statt der andern Schwester ein vorwitziger Bursch. - In einer andern bengalischen Erzählung treten statt der ungleichen Schwestern zwei Gattinnen eines Mannes auf. Die ältere flüchtet vor den Misshandlungen ihrer Nebenbuhlerin in den Wald, erweist verschiedenen Bäumen und einem Stier Dienste und wird von einem Einsiedler zu einem Verjüngungsbad und zu mehreren Körben gewiesen, von denen sie einen wählen soll; die jüngere will es ihr gleichtun, kehrt aber unbeschenkt zurück. - In einem japanischen Kinderbuch besucht ein Mann und dann seine Frau den Sperling mit der abgeschnittenen Zunge, der jenem einen Korb voll Gold und ihr einen voller Kobolde verehrte. - In Algier erzählt man, wie ein von der Stiefmutter misshandeltes Mädchen zu einer Menschenfresserin flüchtet und, um von ihr verschont zu werden, an ihrer Brust saugt. (Vgl. zu diesem Ritus der Adoption Cosquin, Revue des questions historiques 83, 353, 1908.) Für seine umsichtige Bedienung wird es reich belohnt entlassen; die Stiefschwester aber erhält eine Eselshaut zur Kleidung, Glöckchen in die Ohren und wird in den Hühnerstall gesperrt.

Das Märchen handelt also von einer guten und einer bösen Schwester; jene, die daheim wie Aschenputtel (KHM 21) von ihrer Stiefmutter misshandelt und aus dem Haus gestossen wird, erhält von einem überirdischen Wesen, einer alten Frau oder einem Mann, reichen Lohn für ihre Dienstfertigkeit, die neidische Schwester aber, die sich dann ebenfalls auf den Weg macht, entehrende Strafe. Der Brunnen oder das Erdloch, in das der Spinnrocken, der Krug und das Mädchen fällt, bildet den Eingang zu einem unterirdischen Reich der Fee, die in der hessischen Fassung den mythologischen Namen "Frau Holle" führt

und bisweilen zu einer bösartigen Hexe geworden ist; doch folgt anderwärts die Heldin nur einem den Bach hinabschwimmenden Gegenstand, ohne in die Tiefe hinunterzusteigen, oder irrt im Wald umher. Dem freundlichen Mädchen erweisen die Tiere, Bäume, der Backofen und Zaun ihre Dankbarkeit entweder durch Gaben oder durch guten Rat bei seinem Verhalten gegenüber der Alten und bei der Wahl der Kästchen oder durch Irreführen der verfolgenden Hexe; der unfreundlichen Schwester versagen sie ihren Beistand. Die Tore, aus denen Gold und Pech herunterregnet, sind öfter nach christlicher Vorstellungsweise als Eingänge zum Himmel und zur Hölle aufgefasst. Zu vergleichen sind die Märchen KHM 169 "Das Waldhaus", wo die Erlösung eines verzauberten Königssohnes angehängt ist, und KHM 13 "Die drei Männlein im Walde", wo der Neid der Schwester und Stiefmutter gegen die zur Königsbraut erhobene Heldin sich bis zu gewaltsamer Beseitigung und Unterschiebung einer andern Braut steigert.


Variantenverzeichnis

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Die beiden Kuchen. Basile/Italien 4,7
Die beiden Mädchen und die Hexe. Haltrich/Deutschland 35
Die beiden Schreine. Schier/Schweden 14
Der Brunnen am Rande der Welt. Aitken/Schottland 47
Die Feen. Perrault/Frankreich 5
Die Goldmaria und die Pechmaria. Bechstein/Deutschland 11
Frau Holle. Grimm/KHM 24

Die Holundermutter. Früh/Madonna


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