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Der Froschkönig 440

Märchentyp AT: 440
Grimm KHM: Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich 1


Eine mit einem Ball spielende Prinzessin (die Jüngste von drei Schwestern) oder eine Königin mit einem Ring verspricht sich einem Frosch bzw. einer Schlange in einem Brunnen, die manchmal einen Kuss verlangt. Oder drei Prinzessinnen sollen ungetrübtes, klares Wasser (heilendes Wasser) holen, das sie an der wunderbaren Quelle nur bekommen, wenn sie der Schlange bzw. dem Frosch ein Eheversprechen geben, was die Jüngste der drei Schwestern eingeht, da sie seine Wünsche nicht ernst nimmt. Sogleich erhält sie den Ball, den Ring oder klares Wasser. Das Tier gelangt eines Tages zum Ort der Prinzessin, klopft an ihre Tür und will an ihrem Tisch sitzen und in ihrem Bett liegen. Sie hat ihr Versprechen jedoch vergessen, empfängt ihn widerwillig (oder auch freundlich) und wirft ihn schliesslich aus Unmut an die Wand. Diese Handlung - oder durch einen Kuss, Beilager, Köpfen, Verbrennen der Haut, Schlafen unter dem Kopfkissen der Prinzessin etc. - bewirkt die Wiederverwandlung des Tieres in einen Prinzen, der von einer abgeschiedenen Frau in Doppelgestalt (junge Schöne und zauberische Alte) in ein Tier verwandelt wurde, weil er ihr keinen Kuss geben wollte. Abschliessend feierliche Hochzeit von Prinzessin und Prinz.


Anmerkung

Das Märchen scheint oft missverstanden zu werden. Die Wiederverwandlung dadurch, dass die Prinzessin den Frosch an die Wand wirft, ist untergeschoben. Vielleicht hat man in diesem Zusammenhang an das übliche Köpfen gedacht, das auch in einer Anzahl Varianten vorkommt. Die Eisenbänder, nach denen das deutsche Märchen seinen Namen erhielt, dürften ursprünglich nicht Heinrich, dem Diener des Froschkönigs, gehört haben, sondern sind sicherlich wie in den südeuropäischen Varianten des vorhergehenden Märchens der Heldin als Strafe für ihr Vergessen oder gebrochenes Tabu angelegt worden. Damit sollte sie ihr Kind nicht eher gebären können, ehe sie sich nicht als Büsserin gedemütigt und ihren Gemahl aufgesucht hatte, sowie Psyche Amor suchen musste.

In den ost- und westslawischen sowie in den baltischen Ländern und in Ungarn ist der Held am häufigsten eine Schlange oder ein Krebs, und es kommt vor, dass bei der Wiederverwandlung die Schlangenhaut (der Krebspanzer) verbrannt wird sowie dass die Heldin wie im Amor- und Psyche-Märchen den Helden suchen muss. Dann steht das Märchen der ausgebauten, südeuropäischen Version von 433B (König Lindwurm) sehr nahe und wird oft als eine Variante des Amor- und Psyche-Märchens angesehen (425).

Das Märchen ist wahrscheinlich in einer lateinischen Handschrift aus dem 13. Jahrhundert in Süddeutschland erwähnt. Dass solche Märchen den alten Römern bekannt waren, beweist ein Zitat von Petronius: Qui fuit rana nunc rex est (Aus dem Frosch wurde ein König).


Literatur

Clouston, W.A.: The story of the frog prince. In: Folk-lore 1, 1890, p. 493-506.
Derungs, K.: Struktur des Zaubermärchens I. Bern, Stuttgart, Wien 1994.
Derungs, K.: Archaische Naturmotive in den Zaubermärchen. In: Die ursprünglichen Märchen der Brüder Grimm. Bern 1999.

Gobyn, L.: Textsorten. Genf 1982.
Göttner-Abendroth, H.: Die Göttin und ihr Heros. München 1993.
Hirschberg, W.: Frosch und Kröte in Mythos und Brauch. Wien, Köln, Graz 1988.
Röhrich, L.: Froschkönig. In: EM 5, p. 410-424.
Röhrich, L.: Der Froschkönig und seine Wandlungen. In. Fabula 20, 1979, p. 170-191.


Märchen

>> The maiden and the frog
>> The Queen Who Sought a Drink from a Certain Well
>> Oda und die Schlange


Hinweise

Eine andere Fassung: Es war einmal ein König, der hatte drei Töchter; in seinem Hof aber stand ein Brunnen mit schönem, klarem Wasser. An einem heissen Sommertag ging die älteste hinunter und schöpfte sich ein Glas voll heraus; wie sie es aber so ansah und gegen die Sonne hielt, sah sie, dass es trüb war. Das kam ihr ganz ungewohnt vor, und sie wollte es wieder hineinschütten; indem regte sich ein Frosch in dem Wasser, streckte den Kopf in die Höhe und sprang endlich auf den Brunnenrand. Da sagte er zu ihr:

"Wann du willst mein Schätzchen sein,
Will ich dir geben hell, hell Wässerlein."

"Ei, wer will Schatz von einem garstigen Frosch sein", rief die Prinzessin und lief fort. Sie sagte ihren Schwestern, was da unten am Brunnen für ein wunderlicher Frosch wäre, der das Wasser trüb machte. Da wurde die zweite neugierig, ging hinunter und schöpfte sich auch ein Glas voll; das war oben wieder so trüb, dass sie es nicht trinken wollte. Aber der Frosch war auch wieder auf dem Rand und sagte:

"Wann du willst mein Schätzchen sein,
Will ich dir geben hell, hell Wässerlein."

"Das wär mir gelegen", sagte die Prinzessin und lief fort. Endlich kam die dritte und schöpfte auch; aber es ging ihr nicht besser, und der Frosch sprach auch zu ihr:

"Wann du willst mein Schätzchen sein,
Will ich dir geben hell, hell Wässerlein."

"Ja doch, ich will dein Schätzchen sein", sagte die Prinzessin, "schaffe mir nur reines Wasser!" Sie dachte aber: "Was schadet dir das! Du kannst ihm ja leicht aus Gefallen so sprechen, ein dummer Frosch kann doch nimmermehr mein Schatz sein". Der Frosch aber war wieder ins Wasser gesprungen, und als sie nun zum zweitenmal schöpfte, da war das Wasser so klar, dass die Sonne ordentlich vor Freuden darin blinkte. Sie trank sich recht satt und brachte ihren Schwestern noch mit hinauf: "Was seid ihr so einfältig gewesen und habt euch vor dem Frosch gefürchtet!"

Darnach dachte die Prinzessin nicht weiter daran und legte sich abends vergnügt ins Bett. Wie sie ein Weilchen darin lag und noch nicht eingeschlafen war, da hört sie auf einmal etwas an der Türe krabbeln und darnach singen:

"Mach mir auf, mach mir auf!
Königstochter jüngste,
Weisst nicht, wie du gesagt,
Als ich in dem Brünnchen sass,
Du wolltest auch mein Schätzchen sein,
Gäb ich dir hell, hell Wässerlein?"

"Ei, da ist ja mein Schatz, der Frosch", sagte die Prinzessin; "nun, weil ichs ihm versprochen habe, so will ich ihm aufmachen". Also stand sie auf, öffnete ihm ein bisschen die Türe und legte sich wieder. Der Frosch hüpfte ihr nach und hüpfte endlich unten ins Bett zu ihren Füssen und blieb da liegen, und als die Nacht vorüber war und der Morgen graute, da sprang er wieder herunter und fort zur Türe hinaus. Am andern Abend, als die Prinzessin wieder im Bett lag, krabbelte es wieder und sang an der Türe. Die Prinzessin machte auf, und der Frosch lag, bis es Tag werden wollte, wieder unten zu ihren Füssen. Am dritten Abend kam er, wie an den vorigen. "Das ist aber das letztemal, dass ich dir aufmache", sagte die Prinzessin, "in Zukunft geschiehts nicht mehr." Da sprang der Frosch unter ihr Kopfkissen, und die Prinzessin schlief ein. Wie sie am Morgen aufwachte und meinte, der Frosch sollte wieder forthüpfen, da stand ein schöner junger Prinz vor ihr, der sagte, dass er der bezauberte Frosch gewesen und dass sie ihn erlöst hätte, weil sie versprochen, sein Schatz zu sein. Da gingen sie beide zum König, der gab ihnen seinen Segen, und da wurde Hochzeit gehalten. Die zwei andern Schwestern aber ärgerten sich, dass sie den Frosch nicht zum Schatz genommen hatten.

In einer Erzählung aus dem Paderbörnischen gibt der Königssohn, nachdem er aus der Froschgestalt erlöst ist, seiner Braut beim Abschied ein Tuch, worin sein Name rot geschrieben ist. Wenn der schwarz werde, so sei er tot oder ungetreu. Einmal sieht die Braut mit Leidwesen, dass der Name wirklich schwarz geworden ist. Da verkleidet sie sich mit ihren beiden Schwestern in Reiter und sucht den Königssohn auf, und sie verdingen sich bei ihm. Man bekommt Verdacht gegen sie und streut Erbsen; denn wenn sie fielen und wären Mädchen, so würden sie erschrecken, wären es Männer, so würden sie fluchen. Sie haben aber den Anschlag vernommen, und wie sie über die Erbsen fallen, fluchen sie. Als hernach der Königssohn mit der falschen Braut wegreist, müssen die drei dem Wagen nachreiten. Unterwegs hört der Königssohn ein lautes Krachen und ruft: "Halt, der Wagen bricht"; da ruft die rechte Braut hinter dem Wagen: "Ach nein, es bricht ein Band von meinem Herzen." So kracht es noch zweimal, und jedesmal bekommt er dieselbe Antwort. Da fällt ihm die rechte Braut wieder ein; er erkennt sie in dem Reiter und hält Hochzeit mit ihr.

In einer Fassung aus Ostpreussen, verlangt der Forsch, der den ins Wasser gefallenen Ring der Prinzessin wiedergebracht hat, dass diese und nicht ihre Magd ihm öffne, Essen bereite, den Tisch decke und das Bett mache:

Nich de Köke, nich de Köke,
Schöne Königinne!
Wöll ju weete,
Wo ju seete
An dem Fleete,
Wo ju juhnem Ring verlare
On tomm Manne mie erkare,
Schöne Königinne!

Ähnlich lautet die pommersche Erzählung "De Königin un de Pogg" (U. Jahn Nr. 5), nur dass die Entzauberung gleich durch den Kuss der Prinzessin erfolgt. Einer weiteren pommerschen Fassung (U. Jahn Nr. 6: "Die Königstochter und die Schorfkröte") fehlen die Verse; die Kröte verlangt, drei Wochen mit der Prinzessin am Tisch zu essen, ebensolange im Schloss und endlich im Bett der Prinzessin zu schlafen.

Zwei flämische Märchen aus der Gegend von Dünkirchen (L. de Baecker, De la religion du nord de la France avant le christianisme 1854 S. 283) und aus Erembodegem beginnen wie die hessische Fassung; doch wird im ersten die jüngste Tochter nicht vom Frosch besucht, sondern findet eines Abends am Brunnen einen Jüngling statt des Frosches, und im andern erfolgt die Entzauberung, nachdem das Mädchen den Frosch aufgeschnitten hat.

Auch in Schottland lebt das Märchen fort. In dem 1549 erschienen "Complaynt of Scotlande" wird unter andern Erzählungen "the tayl of the volfe of the varldis end" genannt, was wohl nicht die Sage vom nordeuropäischen Fenrir (Grimm, Myth.3 S. 224), sondern vom Weltbrunnen (volle = well) bedeutet. Leyden hat Bruchstücke singen hören, worin der Brunnen von der Welt End (well of the warldis end) vorkommt und "the well Absolom" und "the cald well sae weary" heisst. Hieran schliesst er unser Märchen an: "According to the popular tale a lady is sent by her stepmother to draw water from the well of the worlds end. She arrives at the well, after encountering many dangers, but soon perceives that ther adventures have not reached a conclusion. A frog emerges from the well, and, before it suffers her to draw water, obliges her to betroth herself to the monster, under the penalty of being torn to pieces. The lady returns safe; but at midnight the frog lover appears at the door and demands entrance, according to promise to the great consternation of the lady and her nurse:

Open the door, my hinny, my hart,
Open the door, mine ain wee thing,
And mind the words that you and I spak
Down in the meadow at the well-spring!
The frog ist admitted an addresses her:
Take me up on your knee, my dearie,
Take me up on your knee, my dearie,
And mind the word that you and I spak
At the cauld well sae weary!

The frog is finally disenchanted and appears as a prince in his original form". In einer Fassung aus Annandale findet das Mädchen den Brunnen ausgetrocknet und muss zum Schluss dem Frosch den Kopf abhauen. Dieser Schluss kehrt auch in der gälischen Erzählung bei Campell 2 wieder.

In den slawischen Fassungen erscheint der verzauberte Prinz meist in Gestalt einer Schlange (polnisch waz, russisch uz, Masc.) oder eines Krebses (rak), weil zaba, der Frosch, weiblichen Geschlechts ist. In der wendischen Fassung "Die goldene Kugel" aus dem Spreewald holt die Kröte der jüngsten Schwester ihre Goldkugel aus dem Brunnen. - Einige polnische Märchen schliessen gleich dem paderbörnischen nicht mit der Entzauberung des Forsches, sondern lassen dem Verbrennen der Tierhülle eine Entrückung des Jünglings und eine mühevolle Wanderung der Braut folgen, so eine in Oberschlesien aufgezeichnete Fassung wo der Klotz [!] abends vor der Tür der jüngsten Tochter ruft: "Turu turu turu, öffne mir, mein Liebchen! Denn du hast es mir gelobt, als du Wasser aus dem Brünnlein schöpftest"; eine weitere aus Kosel wo die Mutter die Kuhhaut in den Ofen wirft und die Tochter in eisernen Schuhen zu Mond, Sonne und Wind wallfahrtet und als Gänsehirtin von der Frau des Prinzen drei Nächte bei ihm erkauft. Ähnlich sind eine Fassung aus dem Bezirk Lublin und eine kaschubische aus Schwarzauerkämpe in jener schläft das Mädchen, das einen Zuber mit ihren Tränen füllen soll, endlich ein, und eine Zauberin setzt sich an ihre Stelle und betört den Prinzen; in dieser erhält es von Sonne, Mond und Wind eine goldenen Spindel, Spinnrocken und Haspel zum Geschenk. Ein andres polnisches Märchen aus dem Bez. Kreuzburg schliesst dagegen damit, dass das Mädchen der Schlange von der Quelle den Schwanz abreisst und den Prinzen entzaubert. Bei Kozlowski verbunden mit dem Stoffe von der Stieftochter, statt des Frosches ein schwarzer Köter. - Weissrussisch: die Schlange wird entzaubert, sobald sie ins Zimmer des Mädchens gelangt; da dies bereits einem andern verlobt war, entflieht das Liebespaar und gerät in die Gewalt einer Hexe, die den Jüngling braten und verzehren will. Ebenda kriecht die Schlange aus einer Blume, während die Königstochter einen Kranz windet, und verlangt unter Androhung des Todes, als Gatte angenommen zu werden; vergeblich versucht der Vater die ältere Tochter unterzuschieben. Ebenda erscheint statt der Schlange ein Krebs, der, als die Prinzessin einmal die Krebshülle verbrennt, auf immer verschwindet. In einer vierten Fassung lässt der Krebs das Mädchen nur unter der Bedingung aus dem Brunnen schöpfen, dass es ihn heirate; die Fortsetzung wie im Polnischen. - In der litauischen Version: "Das Mädchen und die Schlange" lässt sich die Schlange, die das kostbare Tuch aus dem Meer geholt hat, ins Feuer werfen.

Dass man schon im 13. Jahrhundert in Deutschland von einem verzauberten Frosch erzählte, um dessen willen ein Mädchen viel Ungemach auf sich nahm, scheint Berthold von Regensburg im Rusticanus de sanctis zu bezeugen.

Es gibt auch Märchen, in denen der verzauberte Frosch nicht ein Prinz, sondern eine Prinzessin ist. -

In einem böhmischen Märchen verwandelt ein von der Stiefmutter in den Wald getriebenes Mädchen einen Bären durch einen Kuss in einen Prinzen; ähnlich in litauischen und kaschubischen Überlieferungen. In isländischen Märchen wird die Entzauberung häufig durch Schlafen zu Füssen eines Brautpaares herbeigeführt.


Variantenverzeichnis

>> Märchen-Suchdienst

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich. Grimm/KHM 1
Der Froschprinz. Grimm/KHM 13 (1815)
Oda und die Schlange. Bechstein/Deutschland 36
Der Froschprinz. Derungs/Grimm
Der Frosch. Aitken/Schottland 48


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