Die Prinzessin
  auf dem himmelhohen Baum 317
  Märchentyp AT: 317; cf. 468
  Grimm KHM:
  
  
  Ein Junge entdeckt einen Riesenbaum
  (Apfel-, Birn- oder Kirschbaum etc.) und steigt an ihm
  empor. Nach längerer Zeit gelangt er zu einem Schloss mit
  einer Prinzessin, welche er heiratet. Diese ist aber
  verwünscht und wird von einem Dämon (Raben etc.)
  entführt. Der Junge sucht nun nach der Prinzessin und
  erlangt Hilfe von verschiedenen Tieren (Wolf, Bär, Löwe,
  Pferde etc.). Prinzessin und Held entfliehen von dem
  Dämon, der dabei umkommt. Aus zwei Pferden werden zwei
  Prinzessinnen, die ebenfalls verwünscht waren.
  
  
  Anmerkung
  Unser Märchen ist so eng mit dem Märchentyp AT 468
  Der himmelhohe Baum verbunden, dass eine Unterscheidung
  schwer fällt. Beide zeigen das Motiv des himmelhohen
  Baumes, an dem der Held hinaufsteigen kann und in
  verschiedene Welten gelangt. Helfertiere und
  Helfergestalten (Prinzessin, drei Frauen etc.) stehen ihm
  dabei bei, und auch der Kampf mit einem Gegenspieler
  (Unhold) ist nicht untypisch. All dies zeigt die sehr enge
  Verwandtschaft des Zaubermärchens mit schamanistischen
  Vorstellungen und Glaubensinhalten, wie sie weltweit immer
  wieder von Ethnologinnen und Ethnologen berichtet werden.
  Im Schamanismus finden wir eine alte Einteilung der Welt
  in drei Bereiche, in eine Ober-, Mittel- und Unterwelt,
  was auch Stockwerk-Weltbild genannt werden kann. Diese
  drei Welten symbolisieren oft die drei Elemente Erde, Luft
  und Wasser oder entsprechende Tiere des zugeordneten
  Lebensbereiches: Tiere der Lüfte bezeichnen die Oberwelt
  (Vögel), Tiere des Wassers die Unterwelt, sowie Tiere des
  Landes die Mittelwelt. Die alte Einteilung in drei
  Bereiche oder Welten kann sich nochmals verdreifachen, so
  dass wir neun Sphären mit entsprechender Ausstattung
  erhalten. Daher auch die Erwähnung von drei Metallen,
  seien diese Kupfer, Silber und Gold oder Silber, Gold und
  Diamant. Häufig spielt auch das Eisen eine Rolle, das im
  Märchen z.B. als Eisenschuhe wiederkehrt. Ob es nun drei
  oder neun Bereiche sind, immer zeigen sich diese Ebenen
  mit einer Weltenachse verbunden, mit welcher oder durch
  diese die Schamaninnen und Schamanen die Unter-, Ober- und
  Mittelwelt bereisen, was sich als Jenseitsreise
  charakterisiert. Dabei werden sie von Helfertieren oder
  Ahnengeistern unterstützt, ganz wie wir dies in den
  Überlieferungen der Zaubermärchen wieder erkennen. Die
  Weltenachse ist in der Mythologie und im Schamanismus
  unterschliedlich symbolisch beschrieben. Wir begegnen ihr
  als Turm oder Schloss, als Weltberg (Glasberg) oder
  Himmelsseil bzw. Kette, als Regenbogen oder Schlange und
  nicht zuletzt als Weltenbaum. Sehr kunstvoll wird dieser
  manchmal auf den Schamanentrommeln selbst dargestellt als
  lange Körperachse mit einem Gesicht, so dass wir die
  Vorstellung von der Welt als Körper erhalten. Diese
  schamanistischen und mythologischen Vorstellungen bilden
  den märchentypischen Hintergrund der Erzählung.
  
  Literatur
  Derungs, K.: Struktur des Zaubermärchens I.
  Bern, Stuttgart, Wien 1994.
  Dömötör, A.: Die ukrainischen Varianten des Märchens
  vom Baum, der bis zum Himmel reicht. In: Studia slavica
  10, 1964, p. 181-187.
  Harva, U.: Die religiösen Vorstellungen der altaischen
  Völker. Helsinki 1938.
  Holmberg, U.: Der Baum des Lebens. Göttinnen und
  Baumkult. Bern 1996.
  Köhler, R.: Ein kupferner, silberner und goldener Baum.
  In: Kleinere Schriften 1, 1898, p. 437-438.
  Kovacs, A.: Der himmelhohe Baum. In: EM 1, p. 1381-1386.
  
  Märchen
  >> Der
  Wunderbaum
  
  Hinweise
  
   
  
  
  Variantenverzeichnis
  >> Märchen-Suchdienst
  Der Wunderbaum.
  Haltrich/Deutschland 16
  Die Königstochter auf dem Baum. Jahn/Deutschland 3
  Der himmelhohe Baum. Ortutay/Ungarn 8
  
  top