Sieben
Schwestern für sieben Brüder 303A
Märchentyp AT: 303A; cf. 302, 519,
554
Grimm KHM:
Sechs Brüder suchen für sich und
den jüngsten Bruder sieben Bräute. Sie finden genau
sieben Schwestern. Auf dem Rückweg verwandelt ein Alter
(Riese, Troll, Hexe) die sechs Brüder und sechs
Schwestern in Steine und behält die Braut für den
Jüngsten bei sich. Der jüngste Bruder zieht aus und
gewinnt die Hilfe verschiedener Tiere: roter Ochse, Eber,
Vogel Greif etc. Er besiegt den Alten, indem er von seiner
Braut erfährt, dass sich das Leben (Herz) des Unholds in
einem Vogel befindet, und mittels der dankbaren Tiere. Er
findet den Seelenvogel, tötet ihn und damit den Alten
bzw. Riesen. Nach der Rückkehr werden die Brüder und
Schwestern wieder zu Menschen verwandelt. Die sieben Paare
halten gemeinsam Hochzeit.
Anmerkung
Das Märchen ist nicht allzu häufig anzutreffen und
verbreitet. Bekannt sind Fassungen aus Deutschland, aus
Russland und Rumänien, aus Estland und Norwegen, aber
auch aus Jugoslawien, Ungarn und Sibirien. Die Anzahl der
Brüder und Schwestern kann variieren, auch die in Stein
verwandelnde Gestalt: alter Mann oder alte Frau etc.
Gerade letztes Motiv (Steinverwandlung) finden wir z.B.
wieder im Zweibrüdermärchen AT 303 oder in AT 707 Der
Vogel der Wahrheit, wo jedoch die Schwester die
verwandelten Brüder wiederkehren lässt. Dass das Leben
bzw. die Seele ausserhalb des Riesen zu finden ist,
gesellt die Erzählung zu AT 302, Der Riese ohne Herz. Die
Vorstellung einer externen Seele bzw. einer
Seelenverwandtschaft von Mensch und Tier (Vogel, Ei) ist
sehr alt und war weit verbreitet. Wir begegnen hier
totemistischen und schamanistischen Glaubensinhalten,
zudem gelten auch in der europäischen Volkskunde
verschiedene Vögel als Seelenträger, besonders von
verstorbenen Personen. Ethnologisch interessant ist das
Motiv der Heirat. Hier heiratet eine Gruppe von verwandten
Brüdern eine Gruppe von verwandten Schwestern, was auf
sehr archaische Hochzeitsbräuche zurückgeht. Wir können
von einer Schwestern-Brüder-Gruppenehe sprechen, die wohl
organisiert war, ein gegenseitiges Hilfssystem darstellt
und auf mutterrechtlich-matriarchale Gesellschaftsformen
hinweist.
Literatur
Derungs, K.: Struktur des
Zaubermärchens II. Hildesheim, Zürich, New York 1994.
Derungs, K.: Archaische Naturmotive in den
Zaubermärchen. In: Die ursprünglichen Märchen der
Brüder Grimm. Bern 1999.
Göttner-Abendroth, H.: Für die Musen. Frankfurt 1988.
Göttner-Abendroth, H.: Das Matriarchat II,1.
Stuttgart 1999.
Hellbusch, S. u.a.: Tier und Totem.
Naturverbundenheit in archaischen Kulturen. Bern 1998.
Masing, U.: Brüder suchen Schwester. In: EM 2, p.
887-902.
Ranke, K.: Schleswig-holsteinische Volksmärchen. Kiel
1955.
Propp, V.J.: Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens.
München 1987.
Märchen
>> Von
den zwölf Brüdern, die zwölf Schwestern zu Frauen
suchen
Hinweise
Variantenverzeichnis
>> Märchen-Suchdienst
Vom Mann ohne Herz.
Bechstein/Deutschland 17
Von dem Riesen, der kein Herz im Leibe hatte.
Asbjörnsen/Norwegen 1,37
Von den zwölf Brüdern, die zwölf Schwestern zu Frauen
suchen. Haltrich/Deutschland 34
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