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Grindköpfchen

 

Es war einmal ein König, der hatte drei Söhne, und der jüngste hiess Grindköpfchen und war ihm der allerliebste. Eines Tages rief er sie alle drei zu sich und sagte: "Meine Kinder, ich werde nun alt und schwach und kann nicht lange mehr König sein. So gehet denn hinaus ins Land und suchet umher, und wer mir den besten Hund heimbringt, soll die Krone haben."

Die drei Königssöhne zogen von dannen, und als sie ein Stück Weges gegangen waren, kamen sie an einen Wald und in dem Walde an eine Grube, an welcher Tannen und Buschwerk standen; da legten sie sich hin und assen und tranken. Während aber Grindköpfchen fröhlich wurde vom Wein, stiegen in den beiden anderen böse Gedanken auf, und sie nahmen Grindköpfchen, der eine beim Kopf, der andere bei den Beinen, warfen ihn in die Grube, legten viel Gezweig darauf, traten dasselbe fest, dass er ersticken sollte, und gingen davon, den besten Hund zu suchen.

Dem Grindköpfchen aber war kein Haar gekrümmt. Tief und immer tiefer war er gefallen, bis er auf einmal vor einer grossen Tür stand. Als er sich erholt hatte, klopfte er an, aber niemand sagte herein. Er ging doch hinein, kam an eine zweite Tür und klopfte wieder an, aber niemand sagte herein. Er ging auch durchs zweite Zimmer, kam an eine dritte Tür, und als er hier anklopfte, rief es herein. Als er hineintrat, fand er neimanden drinnen. Eine Tafel aber stand da, gedeckt und mit dem besten Essen besetzt, und weil er gerade hungerig war und nichts besseres zu tun hatte, gabelte er frisch darauf los.

Er hatte aber kaum ein bisschen genossen, als es rief: "Grindköpfchen, hör auf! Grindköpfchen, hör auf!"

Er wusste nicht, was das bedeuten solle, legte die Gabel weg und suchte und suchte, aber es war nichts Lebendiges zu hören und zu sehen. So meinte er denn, es habe ihn geneckt, setzte sich wieder an den Tisch und ass munter darauf los. Und wieder rief es: "Grindköpfchen, hör auf! Grindköpfchen, hör auf!" Nun suchte er noch viel schärfer durch, fand aber wieder nichts. Und zum drittenmal fing er an zu essen, und zum drittenmal rief es: "Grindköpfchen, hör auf! Grindköpfchen, hör auf!"

Da hörte er, dass die Stimme hinter dem Ofen herkam, und als er da nachsah, fand er eine Schlange. Die zischelte, als er zu ihr kam, und sagte: "Ich weiss wohl, was du willst: du suchst nach dem besten Hunde, und ich kann dir helfen, wenn du willst. Beib acht Tage hier, spalte alles Holz entzwei, das im Hofe liegt. An Bedienung soll dir's nicht fehlen; es ist dein Glück."

Grindköpfchen willigte gern ein und ging an die Arbeit; und an Speise und Trank war kein Mangel, und abends fand er das weichste Bett.

Als die acht Tage um waren, das Holz war gespalten bis auf den letzten Stamm, da freute sich die Schlange und sagte: "Nun folge mir und such dir den schönsten Hund aus."

Und sie gingen zusammen über den Hof, wo viele Ställe waren, und kamen zuletzt an einen Stall, in dem befanden sich viele grosse Hunde; die waren aber hässlich und gefielen Grindköpfchen nicht. Sie gingen zu einem zweiten Stalle, da sassen noch mehr Hunde; die waren nun zwar kleiner und auch etwas hübscher, indes so recht gefielen sie Grindköpfchen doch nicht. Als sie aber in den dritten Stall kamen, wo noch viel mehr Hunde sassen, da wusste Grindköpfchen sich gar nicht zu fassen, so klein und allerliebst waren sie. Nachdem er sich hier den zierlichsten ausgesucht hatte, klopfte die Schlange an die Wand, und, was denkst du wohl! da fiel ein goldenes Halsband heraus mit Edelsteinen. Das hing sie dem Tiere um, legte Baumwolle in eine kleine Schachtel, so gross wie eine Walnuss, in die Baumwolle das Hündlein, schob den Deckel darauf und gab es Grindköpfchen hin.

Er bedankte sich, steckte die Schachtel in die Tasche und sprach: "Ich kann aber nicht wieder hinaus; die Brüder haben die Grube zugeworfen."

"Geh nur hin", sagte die Schlange; und er ging hin und fand alles offen.

Als er ein bisschen gegangen war, kamen seine Brüder auch daher, jeder mit einem grossen Schlachterhunde; und sie sagten untereinander: "Ei, wie mag der nur wieder herausgekommen sein?" Als sie aber sahen, dass er keinen Hund mit sich führte, da freuten sie sich und nahmen ihn mit aufs Schloss.

Der König sass gerade bei Tisch, und als er Grindköpfchen ohne Hund eintreten sah, wurde er sehr traurig. Eben wollte er entscheiden, welches von den beiden Schlachterhunden der schönste sei, als Grindköpfchen leise die Schachtel öffnete und sein Hündlein über den Tisch laufen liess. Da staunte der König und alle, die mit ihm bei Tische sassen, denn ein so schönes Tier war noch nicht auf der Welt gewesen; die beiden ältesten Söhne aber wurden grimmig, dass sie die Wette verloren hatten. Mochte der König nun auch Grindköpfchen am liebsten leiden, die beiden anderen waren ihm doch auch lieb, und so sprach er: "Dies einemal soll noch nicht gelten. Geht noch einmal aus, und wer mir diesmal das schönste Pferd mitbringt, soll die Krone haben."

Als die drei Königssöhne wieder an den Wald und an die Grube kamen, nahmen die beiden ältesten Grindköpfchen, warfen ihn wieder hinein und legten diesmal noch mehr Buschwerk und Tannenzweige darauf und stampften alles noch fester, so dass sie meinten, nun sei Grindköpfchen gewiss tot.

Er war aber nicht tot, sondern kam wieder an die erste und an die zweite Tür und klopfte an, ohne dass hereingesagt wurde; als er aber an die dritte klopfte, sagte es herein. Wieder fand er nichts Lebendiges drinnen, wohl aber eine reich besetzte Tafel, und eben hatte er zu essen angefangen, als es rief: "Grindköpfchen, hör auf! Grindköpfchen, hör auf!" Nun wusste er gleich, woher die Stimme komme, und ging hin zu der Schlange, die zu ihm sagte: "Ich wiess wohl, was du willst: Du suchst nach dem besten Pferde, und ich kann dir helfen. Bleib acht Tage hier, trag alles gespaltene Holz aus dem Hofe auf den Boden, schichte alles hübsch auf. An Bedienung soll dir's nicht fehlen; es ist dein Glück!"

Grindköpfchen willigte gern ein und ging an die Arbeit; und an Speise und Trank war kein Mangel, und abends fand er das weichste Bett. Als die acht Tage um waren, das Holz war geschichtet bis auf das letzte Scheit, da freute sich die Schlange und sagte: "Nun folge mir!" Und sie gingen zusammen über den Hof, wo die vielen Ställe waren, und kamen zuerst an einen Stall, in dem befanden sich viele schwarze Pferde; die waren aber hässlich und gefielen Grindköpfchen nicht. Sie gingen zu einem zweiten Stalle. Da standen braune Pferde; die sahen zwar schon besser aus, aber so recht gefielen sie Grindköpfchen doch nicht. Als sie aber in den dritten Stall kamen, wo lauter weisse Schimmel standen, da lachte Grindköpfchen vor Freuden das Herz im Leibe, so wunderschön waren die. Nachdem er hier den besten Schimmel ausgesucht hatte, klopfte die Schlange an die Wand, und heraus fiel ein goldenes Sattelzeug mit Edelsteinen, das legte sie dem Tiere an, überzog es vom Zipfel der Ohren bis zur Spitze des Schweifs mit grauer Leinewand, die sich anschloss, als wär's die Haut gewesen, und entliess es sammt dem Reiter durch die Grube auf die Welt.

Als er ein bisschen geritten war, kamen seine Brüder auch daher und sassen auf Bauerpferden; und sie erschraken erst, als sie Grindköpfchen lebendig vor sich sahen, waren aber wieder lustig, als sie das schlechte graue Pferd desselben erblickten, und nahmen ihn mit aufs Schloss.

Der König schaute gerade aus dem Fenster, als sie ins Tor ritten, und als Grindköpfchen solch schlechtes Pferd hatte, ward er sehr traurig. Gerade aber wollte er entscheiden, welches von den beiden Bauerpferden das beste sei, als der Hengst sich schüttelte, die graue Leinewand abwarf und nun das allerschönste Ross war, das je die Sonne beschienen hat.

Nun aber gerieten die beiden ältesten Königssöhne ganz ausser sich vor Wut, und als der König das sah, sprach er: "Es gilt noch die dritte Wette! Wer diesmal den schönsten Wagen mit den schönsten Pferden und der schönsten Braut heimbringt, soll die Krone haben. Dabei aber bleibt's gewiss und wahrhaftig!"

Des wurden alle drei froh und zogen fort. Als sie wieder an den Wald und an die Grube kamen, warfen die beiden ältesten Grindköpfchen nochmals hinein und bansten diesmal so viel Buschwerk, Tannenzweige und Erde darauf, dass ein ordentlicher Berg wurde, und meinten: "Diesmal soll er aber wohl da unten bleiben!"

Grindköpfchen aber ging gleich auf das dritte Zimmer los und, als herein gesagt war, hinter den Ofen, wo die Schlange ihn ganz unbeschreiblich fröhlich ansah und zu ihm sagte: "Grindköpfchen, ich weiss wohl, was du willst; tu alles genau, wie ich dir's sage, so ist es dein und mein Glück. Im Hofe liegt eine Mistgabel. Hole sie, steck mich darauf, trag mich auf den Boden, zünde das Holz an und halte mich darüber."

Erst wollte er lang, lange nicht; sie bat aber so dringend, so flehend, dass er sich endlich ein Herz fasste und es erfüllte. Und als er die Schlange noch nicht so lange über das Feuer gehalten hatte, als der Blitz gebraucht, um vom Himmel auf die Erde zu springen, da geschah ein fürchterlicher Knall, und das ganze Haus knisterte und krachte, und die Flamme wurde ganz anders und war kein Feuer mehr und leuchtete doch, und das Haus wurde ein prachtvolles Schloss und stieg auf die Erde, und die Schlange war die herrlichste Jungfrau von der Welt, und er und sie hatten das allerschönste Zeug an, und vor dem Schlosse hielt ein wundervoller Wagen mit sechs schneeweissen Hengsten und mit Bedienten, Kutschern und Vorreitern.

Die Jungfrau aber weinte vor Freuden und fiel ihm in die Arme und sagte: "Du hast mich erlöst; nun werde ich deine Frau!" und sie küssten und drückten sich. Nun versahen sie alles mit schlechten grauen Überzügen, die Leute, die Rosse und den Wagen, nur allein sich selber nicht, und fuhren von dannen.

Als sie ein bisschen gefahren waren, kamen die beiden anderen auch daher und hatten nur Bauerwagen mit Bauerpferden und Bauermädchen. Sie sahen auch wohl Grindköpfchens Gespann, wussten aber nicht, dass dieser darin sitze, und sagten: "Wem mag nur der schlechte Wagen dort gehören mit den scheusslichen Pferden und den grauen Bedienten?"

Und sie fuhren rasselnd vors Schloss und dachten: "Grindköpfchen ist tot. Uns gehört die Krone!" und sagten's auch dem König. Dieser wollte schier vergehen vor Traurigkeit. Da kam noch ein dritter Wagen herangedonnert, und als er still hielt, und die grauen Überzüge abfielen, da waren alle sprachlos vor Verwunderung, so blitzte und blänkerte alles. Sie sprangen aber alle hoch auf vor Freuden, auch der König mit der Krone, als Grindköpfchen ausstieg mit der herrlichen Königstochter. Da jagten die beiden anderen Königssöhne in alle Welt. Grindköpfchen aber hielt Hochzeit mit seiner schönen Braut und bekam nach des Vaters Tode das Reich.

 

Carl und Theodor Colshorn: Märchen und Sagen. Hannover 1854, Nr. 15. (AT 402, Deutschland)


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