Das Mädchen
  ohne Hände 706
  Märchentyp AT: 706
  Grimm KHM: Das Mädchen ohne Hände 31
  
  
  Einem Mädchen werden die Hände
  abgeschlagen, weil die auf ihre Schönheit eifersüchtige
  Mutter einen Tötungsbeweis verlangt, sie dem Teufel
  verkauft werden soll, die Schwägerin sie beim Bruder
  verleumdet oder sie den verwitweten Vater nicht heiraten
  will. Sie wird vertrieben oder kann fliehen. In einem
  Garten mit Früchten findet sie der Prinz und heiratet
  sie. Als sie ein Kind gebiert, wird sie von seinen
  Angehörigen - Schwiegermutter, Nebenfrauen, Schwägerin
  etc. - verleumdet und bezichtigt, einer Missgeburt oder
  einem Tier das Leben geschenkt zu haben. Diese Nachricht
  wird in einem gefälschten Brief übermittelt, und die
  junge Königin wird mit dem Kind (oder zwei Kindern)
  neuerlich vertrieben. In der Einsamkeit findet sie eine
  hilfreiche Gestalt (Engel). Als sie an einer Quelle
  trinken will und ihr das Kind entgleitet, greift sie in
  das Wasser und erhält die Hände wieder. Oder diese
  wachsen ihr nach, nachdem sie einen Baum umarmt hat. Nach
  der Rückkehr des Prinzen aus dem Krieg sucht er seine
  Frau, die er zunächst unerkannt im Wald findet. Sie gibt
  sich ihm zu erkennen, als sie dem Sohn seinen Vater nennt.
  
  
  Anmerkung
  
  Das Charakteristische für den europäischen Zweig
  dieses Märchens sind nicht die abgeschlagenen Hände,
  denn eine Menge altertümlicher Varianten enthält dieses
  Motiv nicht, sondern es ist eher das zweimalige Vertreiben
  der Heldin, zuerst aus ihrem Vaterhaus und dann aus dem
  Haus ihres Gatten. Das letzte deutet jedoch auf eine
  sicherlich wenig ursprüngliche Dublierung hin, wozu noch
  kommt, dass das Abschlagen der Hände im europäischen
  Märchen keine gut begründete Ursache hat. Die Dublierung
  könnte jedoch auf dem Einfluss anderer Märchen beruhen,
  die zu diesem gehören (705-712).
  Man hat jedoch allgemein die Meinung vertreten, dass
  das Märchen seinen Ursprung in dem im grossen und ganzen
  damit übereinstimmenden Erzählungen von König Offa
  oder, wie es oft heisst, Offa I. und Offa II. von Mercia
  in England und ihren Gemahlinnen hat. Man kann annehmen,
  dass Offa I. möglicherweise im 4. Jahrhundert gelebt hat,
  während Offa II. von 757 bis 796 regierte. Als
  hauptsächlicher Verfasser wird Mathäus Parisiensis
  (gest. um 1259) angegeben. Der Verfasser lässt die Heldin
  das gleiche Geschick erleiden wie die Heldin in dem hier
  behandelten Märchen. Das Thema ist dann in zahlreichen
  Versionen von zumeist englischen und französischen
  Verfassern, u.a. Chaucer, behandelt worden. Die
  Geschehnisse, die oft ins Unendliche ausgesponnen sind,
  werden einmal nach England, einmal nach Frankreich oder
  Rom verlegt, und der Papst darf in der Erzählung eine
  nicht unwesentliche Rolle spielen. Die Heldin dieser
  letzteren Erzählungen heisst manchmal Constance und ist
  dann die Tochter des Kaisers Tiberius Kontantinus von
  Konstantinopel und vermählt mit König Alle von
  Northumberland. So verhält es sich in einer
  anglo-normannischen Handschrift aus dem 14. Jahrhundert in
  der Königlichen Bibliothek in Stockholm. Manchmal wird
  sie auch Helena von Konstantinopel genannt und manchmal La
  Manekine (wie z.B. von Beaumanoir um 1270) oder Emare. Ein
  Vergleich mit der Entstehungsgeschichte des
  Aschenputtelmärchens zeigt uns, wie gewisse Varianten des
  Mädchens ohne Hände nach und nach in die Version des
  Aschenputtelmärchens übergehen.
  Die Erzählung über Offa dürfte indessen auf eine
  Weise entstanden sein, die in Frankreich und England im
  12. Jahrhundert häufig war, nämlich durch einen Impuls
  von Osten. In Tausendundeiner Nacht findet sich auch
  richtig eine kleine, in diesem Zusammenhang von der
  Forschung sehr oft übersehene oder wegerklärte Legende,
  die von einer schönen Frau und ihrer Frömmigkeit
  handelt: Der König hat verboten, Almosen auszuteilen, und
  als Strafe für das Übertreten des Verbotes das
  Abschlagen der Hände des Schuldigen angeordnet. Eines
  Tages wird die Heldin des Märchens von einem Bettler
  angesprochen, der sie anfleht, seinen Hunger zu stillen,
  und sie gibt ihm zwei Brote. Der König lässt ihr
  daraufhin beide Hände abschlagen. Nach einiger Zeit will
  sich der König verehelichen und bittet seine Mutter um
  Rat. Die Mutter antwortet, dass nicht weit entfernt eine
  wunderschöne Frau wohne, doch habe sie beide Hände
  verloren. Sie wird zum König geführt, der von ihr
  entzückt ist und sie heiratet. Aber die Nebenfrauen des
  Königs werden eifersüchtig und schildern sie als eine
  leichtfertige Frau. Da schreibt der König seiner Mutter
  und befiehlt ihr, seine Gemahlin aus seinem Harem zu
  vertreiben. Unglücklich wandert die junge Mutter mit
  ihrem Kind im Arme in die Wüste hinaus, und als sie an
  einem Bach ihren Durst stillen will, fällt ihr das Kind
  ins Wasser. Zwei Männer kommen ihr zu Hilfe und bitten
  Gott, das Kind zu retten. Gott erhört ihr Gebet, und sie
  erhält ihr Kind wieder. Danach fragen sie sie, ob sie
  ihre Hände wieder haben wolle, und nachdem sie sich
  neuerlich im Gebet versenkt, wachsen ihr die Hände
  wieder. Darauf fragen die beiden Männer, ob sie wisse,
  wer sie seien. Als sie verneint, erklären sie, sie seien
  die beiden Brote, die sie dem Bettler gab und derentwegen
  sie ihre Hände verlor.
  Diese Erzählung gibt es in mehreren orientalischen
  Varianten, u.a. in Ägypten. Die oben aufgewiesene, im
  abendländischen Märchen vorkommende Dublierung gibt es
  in dieser Legende nicht, und das Abschlagen der Hände hat
  eine befriedigende Erklärung erhalten, die eng mit der
  übrigen Darstellung verbunden ist. Es scheint irgendeine
  solche Version mit verschlungener Komposition zu sein, die
  der oben erwähnten Erzählung über König Offas Gemahlin
  und der ganzen französisch-englischen Dichtung über
  dieses Thema zugrunde liegt. Es muss hier auch
  hervorgehoben werden, dass das Motiv der vor dem
  Heiratsantrag ihres Vaters fliehenden Tochter schon bei
  Herodot bekannt war.
  
  Literatur
  Bernier, H.: La fille aux mains coupées.
  Québec 1971.
  Bolte, J.: Die märkische Sage von der keuschen Nonne. In:
  Zeitschrift für Volkskunde 35, 1925, p. 98-103.
  Brackert, H.: Und wenn sie nicht gestorben sind. Frankfurt
  1980.
  Däumling, H.: Studie über den Typus des Mädchens ohne
  Hände innerhalb des Konstanze-Zyklus. München 1912.
  Derungs, K.: Der psychologische Mythos. Frauen, Märchen
  & Sexismus. Bern 1996.
  Jason, H. u.a.: Patterns of oral literature. The Hague
  1977.
  Heintze, M.: Helene von Konstantinopel. In: EM 6, p.
  767-772.
  Pott, F.: Das Mädchen ohne Hände. Freiburg 1988.
  Rölleke, H.: Constanze. In: EM 3, p. 130-131.
  Schenda, R. (Hg.): Das Märchen der Märchen. Das
  Pentamerone. Giambattista Basile. München 2000, p. 596.
  
  Märchen
  >> Das grosse Buch der
  Zaubermärchen
  
  Hinweise
  In der Grimmfassung 1819 umgestaltet. Die zweite
  Fassung hat den Eingang nicht, sondern sagt nur, ein Vater
  habe seine eigene Tochter zur Frau begehrt und, als diese
  sich geweigert, ihr Hände und Brüste abschneiden und ein
  weisses Hemd antun lassen, darauf sie in die Welt
  fortgejagt. Im weiteren Verlauf aber, der fast ganz nach
  ihr erzählt ist, übertrifft sie an innerer
  Vollständigkeit die erste, aus der nur beibehalten ist,
  dass der Teufel die Briefe vertauscht, während es hier
  die alte Königin tut, die von Anfang gegen ihre
  Schwiegertochter böse gesinnt ist. Eigentümliche Züge
  der Kassler Fassung sind noch, dass das Mädchen, eh sie
  der König heiratet, eine Zeitlang die Hühner an seinem
  Hof hütet und dass hernach, als sie mit dem Kind auf dem
  Rücken in den wilden Wald verstossen ist, ein alter Mann
  sie heisst die abgestumpften Arme dreimal um einen Baum
  schlingen, während hier Arme und Brüste durch Gottes
  Gnade von selbst wieder wachsen. Auch sagt er ihr, dass
  sie das Haus, in welchem sie wohnen soll, nur dem öffnen
  dürfe, der dreimal um Gottes willen darum bitte; was
  hernach der König, als er davor kommt, tun muss, eh er
  eingelassen wird.
  Eine Erzählung aus dem Paderbörnischen stimmt im
  ganzen mit der aus Zwehrn. Statt eines Engels leitet ein
  vom Himmel herabkommendes Lichtlein das arme Mädchen. Als
  es im Wald mit den abgehauenen Händen umhergeht, sieht es
  ein blindes Mäuschen, das den Kopf in ein vorbeirinnendes
  Wasser hält und dadurch wieder sehend wird; da hält das
  Mädchen unter Beten und Weinen die Arme ins Wasser, und
  es wachsen ihm die Hände wieder.
  Eine Erzählung aus dem Mecklenburgischen enthält eine
  andere Gestaltung der Sage. Ein Mann hat eine Tochter noch
  im Kindesalter, die betet immer Tag und Nacht. Da wird er
  böse und verbietet es ihr, aber sie betet immer fort; da
  schneidet er ihr endlich die Zugen aus, aber sie betet in
  Gedanken und schlägt das Kreuz dazu. Da wird der Mann
  noch zorniger und haut ihr die rechte Hand ab, aber sie
  schlägt mit der linken das Kreuz. Da haut er ihr den Arm
  bis an den Ellbogen ab. Nun spricht ein Mann zu ihr:
  "Geh fort! Sonst haut dir dein Vater auch noch den
  linken Arm ab." Da war sie erst sieben Jahre alt, und
  ging fort und immer fort, bis sie abends vor ein grosses
  Haus kam, vor dem stand ein Jäger. Sie gab ihm zu
  verstehen, dass sie Hunger hätte und er sie aufnehmen
  möchte. Der Jäger hätte es gerne getan, er wusste aber
  nicht, wo er sie hinbringen sollte; endlich brachte er sie
  in den Hundestall, wo die zwei Lieblingshunde des reichen
  Grafen lagen, bei dem er diente. In dem Ställchen blieb
  sie zwei Jahre lang und ass und trank mit den Hunden. Nun
  merkte der Graf, dass seine Hunde so mager wurden, und
  fragte den Jäger um die Ursache; da gestand er, dass er
  ein Mädchen aufgenommen habe, das mit den Hunden das
  Essen und Trinken teile. Sprach der Graf, er solle es vor
  ihn bringen, aber das Mädchen wollte nicht; da ging er
  selbst hinab in den Stall und sah es und sprach: "Es
  soll zu mir ins Schloss, ich will es erziehen." Da
  war es neun Jahre alt. Es trug sich zu, dass, als es
  einmal vor der Tür stand, ein armer greiser Mann daher
  kam und um eine milde Gabe bat. Es schenkte ihm etwas, da
  sprach er: "Du sollst deine Zunge und deinen Arm
  wieder haben", und gab ihm einen Stab und sagte:
  "Nimm diesen Stab und geh gerade fort! Er wird dich
  vor Bösem schützen und dir den Weg zeigen." Da nahm
  es den Stab und ging fort ein paar Jahre lang. Es gelangte
  zu einem Wasser und trank daraus, da kam seine Zunge
  geschwommen und wuchs fest in dem Mund; es hielt den
  abgehauenen Stumpf ins Wasser, da kam der Arm und wuchs
  fest, und darnach auch die Hand. Nun nahm es den Stab und
  ging wieder zurück zum Grafen; aber es war so schön
  geworden, dass er es nicht mehr erkannte. Da gab es sich
  zu erkennen, und sie wurden Eheleute.
  Aus Meran: "Die schöne Wirtstochter"; die
  eigne Mutter lässt aus Neid dem Mädchen Hände und
  Füsse abhacken; die alte Königin treibt sie mit ihren
  beiden Kindlein in den Wald, wo zwei Männer ihr gesunde
  Hände und Füsse als Patengeschenk für ihre Söhne
  verleihen. - Aus Schlesien: "Die hl. drei
  Könige"; die von der Schwieger verstossene Königin
  gebiert drei Söhne, Caspar, Melchior und Balthasar. - Aus
  dem Oberharz: "Die schöne Magdalene"; die
  Mutter lässt der schönen Tochter aus Eifersucht die Arme
  abhacken und vertauscht später die beiden Briefe. Eine
  Stimme im Wald heisst die junge Königin ihre Stümpfe in
  die Quelle tauchen; ein Löwe und ein weisses Männlein
  dienen ihr. - Flämisch: der Bruder schlägt der von
  seiner Frau verleumdeten Schwester die Hände ab; ein Hund
  bringt ihr Brot; Briefvertauschung durch die Schwägerin;
  Christus und Petrus geben die Hände wieder.
  Der Stoff des Märchens erscheint zuerst gegen Ende des
  12. Jahrhunderts im südlichen England und ist bis ins 17.
  Jahrhundert häufig dichterisch behandelt worden.
  In den Volksmärchen finden wir Berührungen mit den
  Erzählungen vom Marienkind (KHM 3), von Brüderchen und
  Schwesterchen (KHM 11), von Sneewittchen (KHM 53), den
  neidischen Schwestern (KHM 96); und die Motive des
  mittelalterlichen Romans sind nicht selten abgeändert:
  A. Der Heldin werden die Hände abgehauen, weil sie
  (A1) nicht ihren Vater heiraten will, oder (A2) weil
  dieser sie dem Teufel verkauft hat, (A3) ihr das Beten
  verwehren will, (A4) weil die Mutter auf sie eifersüchtig
  ist, (A5) ihre Schwägerin sie beim Bruder verleumdet hat.
  - B. Ein König findet sie im Wald (Garten, Stall, Meer)
  und macht sie zu seiner Gattin trotz ihrer Verstümmlung.
  - C. Sie wird zum zweitenmal mit den neugeborenen Kindern
  verstossen, weil (C1) die Schwieger, (C2) ihr Vater, (C3)
  ihre Mutter, (C4) Schwägerin oder (C5) der Teufel einen
  Brief des Königs gefälscht hat. - D. Sie erhält im Wald
  durch ein Wunder ihre Hände wieder. - E. Wird vom Gatten
  wieder aufgefunden.
  Französisch: "La fille aux bras coupés";
  die Stiefmutter stösst sich bei der Aussetzung einen Dorn
  ins Knie; eine Elster bringt der Heldin Speise. "La
  fille du marchand de Lyon"; Lösung durch einen
  Bericht der als Mann verkleideten Heldin. Die
  Verstümmlung der Hände wird nicht erwähnt. "La
  belle Madeleine"; die Schwieger lässt der Heldin die
  Hände abhauen; Jesus, Petrus und Johannes heilen sie. Der
  Gatte hört von Schwalben, dass seine Mutter ihn belogen,
  und belauscht ein Gespräch seiner spinnenden Frau mit dem
  Flachs über ihre Leiden. "La frère et la
  soeur"; erst die wiederaufgenommene Schwester vermag
  den Dorn aus dem Fuss des Bruders zu ziehen. - Italienisch
  bei Basile: "La Penta manomozza"; mit
  künstlicherer Verwicklung. Penta sendet ihrem Bruder, der
  sie heiraten will, ihre abgehauenen Hände zu und wird in
  einem Kasten ins Meer geworfen. Sie wird zuerst von einem
  Schiffsherrn und, nachdem dessen eifersüchtige Frau
  Nuccia sie wiederum ausgesetzt hat, von einem König
  aufgefischt, dessen Gattin ihm, ehe sie stirbt,
  anempfiehlt, Penta zu heiraten. Die Briefvertauschung
  geschieht durch Nuccia. Ein guter Zauberer nimmt Penta
  auf, lässt ihren Gatten und ihren Bruder ihr Geschick
  erzählen und schenkt der Penta neue Hände. "La
  bella ostessina"; der Diener schlägt der Heldin die
  Hände nicht ab, die arge Mutter entdeckt ihren Aufenthalt
  bei der Fee und vergiftet sie wie Sneewittchens
  Stiefmutter. Nach der Heirat will die Schwiegermutter sie
  in siedendes Öl werfen, aber sie ruft rechtzeitig ihren
  Gatten durch Schütteln ihres Glöckchenkleides herbei.
  "La bella Giuditta e la su' figliola Maria"; die
  Hände werden nicht abgehauen; drei Puppen anstatt der
  Königin und der Kinder verbrannt, die übers Meer flieht.
  "La Rosina per il mare"; die Lehrerin beredet
  Rosina, ihre Mutter zu töten, heiratet den Mann und
  nötigt ihn, seiner Tochter die Hand abzuhauen. Eine Alte
  setzt sie ihr wieder an. Der Schwager lässt sie mit den
  Kindern in einer Kiste ins Meer werfen und drei
  Wachspuppen dafür verbrennen. "Das Mädchen ohne
  Hände"; das vom Diener verschonte Mädchen kehrt aus
  Heimweh zur argen Mutter zurück und verliert nun erst
  ihre Hände. "The apple-tree"; kinderlose Frau
  vom Gatten verstümmelt, und, nachdem sie ihm zwei Kinder
  geboren, auf Verleumdung hin verstossen, infolge eines
  Traumes aus dem Feenschloss zurückgeholt. - Maltesisch:
  "Sonne und Mond".
  Serbokroatisch: "Wie sich die Tochter des Kaisers
  in ein Lamm verwandelte"; um den Vater nicht heiraten
  zu müssen, stösst sie sich einen Dolch ins Herz;
  wiederbelebt schlägt sie sich eine Hand ab und verbrennt
  die andere; geheilt ergreift sie einen Zauberstab, der sie
  in ein Lamm verwandelt. "Die böse Stiefmutter";
  durch einen Traum erfährt der Vater die Untat und das
  Heilmittel und kehrt heim. Popovic S. 38. Nikolic: die
  Hände werden nicht abgehauen, sie schwimmt in einer Kiste
  in ein andres Land. Der verkleidete Vater tötet ihr Kind,
  worauf ihr die Hände abgeschlagen werden und sie mit dem
  Kind in den Wald verstossen wird; Maria erscheint ihr.
  Lacooglu: zwei Mägde werfen die Fliehende in einen
  Brunnen; auf eine von ihnen, die einen Beamten heiratet,
  werden alle Schicksale der Heldin übertragen, ihr Kind
  vom Vater getötet, sie geblendet in ein Fass gesteckt, um
  ins Meer geworfen zu werden; aber die Ochsen spiessen den
  Vater auf, sie wird mit dem Kind geheilt und im Gasthaus
  vom Gatten aufgefunden.
  In einer ansehnlichen Gruppe südslawischer Volkslieder
  verursacht die Schwägerin oder auch die Stiefmutter die
  Verstümmelung des Mädchens. Da die Schwägerin bei der
  Frau des andern Bruders keine Unterstützung gegen die
  Heldin findet, so tötet sie das Pferd, den Falken, ja das
  eigne Kind und beschuldigt die Jungfrau dieser Untaten.
  Ergrimmt lässt ihr Mann die Schwester von Pferden
  zerreissen, vollzieht aber, als die Lüge der bösen Frau
  an den Tag kommt, an ihr dieselbe Strafe. In den
  südöstlichen Fassungen handeln die Frauen beider Brüder
  gegen die Schwester; so bei Balgarski: die Brüder meinen,
  ein Kind würden sie gewiss wieder bekommen, eine
  Schwester aber nicht. In dem serbischen Lied bei
  Petranovic, verstümmelt die zweite Frau Kaiser Stefans
  ihre Stieftochter Mara, um ihre eigne Tochter mit deren
  Verlobten, dem Vezier Lazar, zu vermählen; Lazar aber
  findet auf der Jagd die händelose Mara in einer Höhle
  und vermählt sich mit ihr; als der Kaiser wieder aus dem
  Krieg heimkehrt, lässt er die böse Gattin und deren
  Tochter von Pferden zerreissen.
  Slowakisch: der Vater ist ein Werwolf, frisst zwei
  Töchter und tötet verkleidet die Kinder der ihm
  entronnenen jüngsten Tochter; ein Greis weist dieser die
  belebende Quelle; der König findet sie in einem
  Häuschen. - Polnisch: die verfolgte Stieftochter dient im
  Wald bei der Mutter Gottes, vom König geheiratet, von der
  Schwieger verleumdet. - Kleinrussisch: die Hände haut der
  Geliebte auf Befehl seiner Eltern ab, sucht sie nach deren
  Tod auf. Aus Südungarn: Zauberin statt Teufel. -
  Weissrussisch: der Vater schickt eine Hexe zum
  Räuberhaus, welche die entflohene Tochter in Todesschlaf
  versenkt, schleicht später zur jungen Königin nachts in
  den Palast und ermordet das Kind, Hände abgehauen,
  Lebenswasser vom Raben gebracht. Romanov: das Mädchen
  entflieht; ohne dass die Hände ihr abgehauen wären; der
  Vater mordet ihr Kind; Schlangenkraut; 15 Jahre im Wald;
  die treulose Mutter. - Grossrussisch: sie erzählt im
  Kaufhof selbst dem Bruder und Gatten ihre Geschichte. Ebd.
  im Haus des Bruders, wo die Schwägerin die Heldin nicht
  erkennt, erzählt ihr Söhnchen die Geschichte.
  Litauisch: "Von der hl. Margareta"; die
  Heldin erhält von Maria das im Brunnen ertrunkene Kind
  lebendig wieder und erzählt vor Bruder und Gatten ihre
  Geschichte. "Von der Königstochter"; sie
  flieht, weil sie einen Bedienten hat umbringen lassen.
  Eine Hand wird ihr auf Veranstaltung der Schwieger
  abgehauen, aber nicht wieder ersetzt. - Finnisch bei
  Salmelainen: die Quelle macht Mutter und Kind noch
  schöner. - Lappisch: vom Schwiegervater verstossen,
  bittet sie einen Baum, ihr ihre Hände wiederzugeben;
  keine Kinder. Aus Südsibirien: ein Werwolf errät des
  Mädchens Namen und führt sie heim, sie aber entrinnt auf
  ihrem ratgebenden Pferd und wird eines Helden Gattin;
  Briefvertauschung durch die Mutter des Werwolfs,
  Verstossung und Wiederfinden. Keine abgehauenen Hände. -
  Aramäisch: der Bruder verstümmelt die Heldin nicht,
  sondern lässt sie in einer Höhle. - Arabisch: die beiden
  den Armen gespendeten Brote verwandeln sich in Männer,
  die den ins Wasser gefallenen Säugling retten und seiner
  Mutter die abgehauenen Hände ersetzen. - Suaheli:
  habsüchtiger Bruder; hilfreiche Schlange rette Kind und
  gibt der Heldin die Hand wieder und einen Wunschring; sie
  erzählt einer Gesellschaft ihr Geschick. - Somali: vom
  Priester verleumdet, Erzählung ihres Schicksals.
  Ein Gegenstück von einem Mann ohne Hände gibt
  "Geschichte eines Sultans, des Herrn von zehntausend
  Schiffen". Ferner "The unjust king and wicked
  goldsmith". Einem König, der auf der Jagd badet,
  werden seine Kleider gestohlen; er findet eine kostbare
  Perlenschnur, aber da ein Goldschmied des benachbarten
  Reiches ihn des Diebstahls bezichtigt, werden ihm die
  Füsse abgehauen; die Königin, die sich seiner
  angenommen, wird mit ihm weggejagt. Ihr Knabe fällt ins
  Wasser, da hört der fusslose Vater zwei Vögel reden, er
  werde, wenn er in das Wasser springe, seine beiden Füsse
  wiederbekommen und auch den Knaben retten. Endlich findet
  ihn sein Wesir und führt ihn in sein Reich zurück. Im
  weissrussischen Märchen bei Romanov lebt der Held, dem
  des Freundes überwundene Braut im Schlaf die Füsse
  abgehauen hat, mit einem Mann ohne Hände zusammen im
  Wald, beide fangen eine Hexe, die ihrer Wirtschafterin
  Blut saugt, und erhalten durch eine Quelle Hände und
  Füsse wieder.
  
  Variantenverzeichnis
  >> Märchen-Suchdienst
  Das Mädchen ohne Hände. Basile/Italien 3,2
  Das Mädchen ohne Hände. Grimm/KHM 31
  Ohnärmchen. Afanasjew/Russland 282
  Von der Frau, die dem Armen ein Almosen gab. 1001
  Nacht/Arabien 3
  
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