Aller Frauen
  Gunst 580
  Märchentyp AT: 580
  Grimm KHM:
  
  
  Von drei Jünglingen streben zwei
  nach Reichtum und Ansehen, der dritte aber erhält die
  Gabe, alle Frauenherzen zu gewinnen. Dadurch bekommt er
  auch drei Zauberdinge: ein Tuch, auf das sich alle
  gewünschten Speisen von selbst auftragen, ein Gefäss,
  das stets voll des gewünschten Getränkes ist, und eine
  Schere, die die herrlichsten Gewänder verfertigt.
  Schliesslich trifft er auf eine Prinzessin, die
  Männerfeindin ist. Sie lässt ihn auf eine öde Insel
  oder bei Hungerkost ins Gefängnis schaffen. Dank der
  Zaubergegenstände wird die Insel oder das Gefängnis zu
  einem geradezu begehrenswerten Aufenthaltsort. Die
  Prinzessin will dann die Wunderdinge erwerben, aber
  schliesslich kann sie der Anziehungskraft des Jünglings
  nicht widerstehen und wird seine Gemahlin, oft nach drei
  gekauften Nächten.
  
  
  Anmerkung
  Hier ist die uralte Vorstellung, dass die
  Anziehungskraft eines Menschen durch Zaubermittel bis zur
  Unwiderstehlichkeit gesteigert werden kann, mit den
  Wunderdingen (563, 564) verbunden worden. In einer alten,
  dem Finnzyklos angehörigen irischen Sage (aus dem 9.
  Jahrhundert), die eine Parallele zu Thors Fahrt zu
  Utgardaloki in der jüngeren Edda ist, erhält der Held
  Diarmuid ein Korn, das Schönheit verleiht und ihn für
  alle Frauen unwiderstehlich macht. Die Spenderin ist die
  Repräsentantin der Jugend, die in Schweden als Relikt in
  der Gestalt der Röskva - bei Thors Fahrt zuerst zu Egil
  und dann zu Utgardaloki - ihre Gegenspielerin hat. Röskva
  dürfte, die "gerade erwachsene, junge Frau",
  die in direktem Gegensatz zu der im gleichen Mythos
  auftretenden Elli (das Alter) steht. Röskva dürfte auch
  in der ursprünglichen Sage Thor nicht von Egil, sondern
  von Utgardaloki als Busse oder Geschenk erhalten haben und
  zugleich mit diesem und dem ganzen Schloss verschwunden
  sein, als Thor seinen Hammer hob, um ihn zu erschlagen.
  Auch in der keltischen Sage konnte weder Diarmuid noch
  einer seiner Gefährten die Repräsentantin der Jugend
  zurückhalten (vgl. 302 und 875).
  Die Vorstellung von Zaubertränken kennen wir u.a. aus
  der Sage von Tristan und Isolde. Der Gedankengang des Märchens
  nähert sich übrigens dem des Fortunatusmärchens (566).
  Eine italienische Version des letztgenannten steht dem
  hier behandelten Märchen sogar sehr
  nahe, doch könnte sie eine relativ späte Neubildung
  sein.
  
  Literatur
  Derungs, K. (Hg.): Keltische Frauen und
  Göttinnen. Matriarchale Spuren bei Kelten, Pikten und
  Schotten. Bern
  1995.
  Propp, V.J.: Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens.
  München 1987.
  Thompson, S.: The Folktale. New York 1951.
  
  Märchen
  >> Das grosse Buch der
  Zaubermärchen
  
  Hinweise
  
   
  
  
  Variantenverzeichnis
  >> Märchen-Suchdienst
  
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