www.amaliabooks.com 

maerchenlexikon.de  

edition amalia   

Home Lexikon  |  Titel  |  Index-AT  |  Motive Grimm-KHM  |  edition amalia 

  

Die zwei wunderbaren Krüge 564

Märchentyp AT: 564
Grimm KHM:


Ein Mann erhält von einer Schlange (Vogel, Mönch, Gott, Wind etc.) einen Krug (Kessel, Sack, Flasche, Schachtel etc.), der stets mit den köstlichsten Gerichten gefüllt ist. Sein reicher Nachbar (König, Bruder) erfährt von dem wundersamen Krug und kauft ihn bzw. eignet sich ihn an. Der Mann verarmt aber erhält einen neuen, aus dem dienstbare Geister (Soldaten, Männer) hervorkommen. Mit diesen geht er zum Nachbarn und zwingt ihn, den Krug zurückzugeben. Oder der Reiche verlangt auch den zweiten Krug, doch kommen aus diesem Männer hervor, die ihn solange prügeln, bis er den ersten Krug dem Armen zurückgibt.


Anmerkung

Auch hier erkennen wir eine Vermischung von Märchen und Schwank und sehen, wie sich letzteres nahtlos in das Märchen einfügen lässt. Dennoch sind zwei alte Züge bewahrt. Dies betrifft einmal die Gestalt des Schenkers bzw. der Schenkerin, die sich leicht in eine frühere und spätere Skala einteilen lassen. Jüngerer Herkunft sind immer christliche, buddhistische, islamische oder andere hochreligiöse Heilige und Figuren, so dass der Mönch oder Gott als Schenker neueren Datums sind und den christlichen Einfluss auf das Märchen zeigen. Älter dagegen sind Helfertiere (Vogel) oder Naturelemente (Wind), wobei die Schlange oder der archaische Drache austauschbar sind. Da Helfertiere oder Tiere allgemein wiederum im Zaubermärchen und in der Mythologie überwiegend Symboltiere darstellen, ist zu fragen, welche mythologische Gestalt sie jeweils symbolisieren. Wenden wir auch hier eine Zeitachse an, so ist die Überlieferung einer mythologischen Frauengestalt (Erd- und Muttergöttin) mit ihrer Schlange ein sehr urtümliches Bild. Das zweite zu unterscheidende betrifft die Gabe oder das Geschenkte. Hier sind Sack, Flasche und Schachtel nicht sehr altertümlich, bleiben also noch Krug und Kessel. Gerade der Kessel ist aber einer der ältesten Sakralgegenstände und steht zeitlich und mythologisch auf derselben kulturgeschichtlichen Betrachtung wie die alte Frau (Erdgöttin), ihr Symboltier Schlange und nun auch ihr Symbolgegenstand, der Kessel. In einem gewissen Sinn lässt sich dieser - nicht mit dem keltisch-verkitschten - sondern mit dem vorkeltischen Gral vergleichen, der den heiligen reichtumspendenden Schoss der Erdgöttin repräsentiert.


Literatur

Aarne, A.: Die Zaubergaben. In: Suomalais-ugrilaisen seuran aikakauskirja 27, 1911-1912, p. 1-96.
Derungs, K.: Landschaften der Göttin. Bern 2000.

Derungs, K. (Hg.): Keltische Frauen und Göttinnen. Matriarchale Spuren bei Kelten, Pikten und Schotten. Bern 1995.
Göttner-Abendroth, H./Derungs, K. (Hg.): Mythologische Landschaft Deutschland. Bern 1999.

Karlinger, F.: Der Graal im Spiegel romanischer Volkserzählungen. Wien 1996.
Propp, V.J.: Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens. München 1987.
Uhsadel-Gülke, C.: Knochen und Kessel. Meisenheim 1972.


Märchen

>> Das grosse Buch der Zaubermärchen


Hinweise

 


Variantenverzeichnis

>> Märchen-Suchdienst

Das Geschenk des Nordwinds. Calvino/Italien 83
Das Pferd, das Tischtuch und das Horn. Afanasjew/Russland 186


top

 

 

Home  |  Lexikon  |  Titel  |  Index-AT  |  Motive  |  Grimm-KHM  |  edition amalia