Tiere als
Schwäger 552
Märchentyp AT: 552AB; cf. 531, 553
Grimm KHM:
Nach dem Tod des
Vaters werden gemäss seinem Wunsch die drei Schwestern
vom jüngsten Bruder, eine nach der anderen, mit den
ersten Freiern bzw. mit Tieren verheiratet. Diese nehmen
die Frauen unerkannt mit sich fort, und es beginnt die
Suchwanderung des Bruders nach den Schwestern. Er gelangt
zu den Schlössern der Schwäger und erfährt, dass sie
die Herren der drei Tierreiche sind: Reiche des Wassers,
der Erde und der Luft. Sie selbst sind verzauberte
Menschen und empfangen ihren Schwager freundlich. Er
erhält von ihnen gewisse Mittel oder Körperteile
(Federn, Haare etc.), mit denen er sie zu sich rufen kann,
wenn er ihre Hilfe benötigt, oder er lässt ein Zeichen
(Messer, Sacktuch) zurück, das blutet bzw. rostet, wenn
ihm etwas zugestossen ist. Dadurch erfüllt er
verschiedene schwierige Brautaufgaben und gewinnt
schliesslich die Prinzessin und ihr Reich.
Anmerkung
Die drei Männer der Schwestern erinnern an das
bekannte Motiv des Tierbräutigams, wie es z.B. von AT 425
Die Schöne und das Tier zur Geltung kommt. In unserem
Märchen erscheint der Tierbräutigam in Dreigestalt und
besitzt drei Sphären der Welt, nämlich Luft, Erde und
Wasser, welche die Ober-, Mittel- und Unterwelt
repräsentieren, wie es z.B. im Schamanentum der Fall ist.
Diese drei Ebenen werden durch eine Jenseitsreise besucht
und durchwandert, was im Zaubermärchen als Suchwanderung
beschrieben wird. Dort kommen ebenfalls Tiere als Helfer
vor, die oft eine verwandtschaftliche Beziehung zur Heldin
oder zum Helden haben und durch Enthaupten etc. wieder zu
Menschen entwandelt werden. Das magische Herbeirufen durch
ein Körperteil bezeugt die Seelenverwandtschaft im
Weltbild des Zaubermärchens und des Totemismus. Dazu
gehört auch das Wunderzeichen - Messer, Sacktuch, Kerze
-, das blutet, rostet oder erlischt, wenn der mit dem
Gegenstand seelenverwandten Person etwas zugestossen ist,
so wie es z.B. auch im Zweibrüdermärchen AT 303 häufig
vorkommt.
Literatur
Baumann, H.: Das Tier als Zweites Ich. In: Tier
und Totem. Naturverbundenheit in archaischen Kulturen.
Hrsg. von Sigrid Hellbusch u.a. Bern 1998.
Mudrak, E.: Herr und Herrin der Tiere. In: Fabula
4, 1961, p. 163-173.
Paunonen, H.: Das Verhältnis der Märchentypen AT 552A
und 580 im Lichte der finnischen Varianten. In: Studia
Fennica 13, 1967, p. 71-105.
Propp, V.J.: Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens.
München 1987.
Schenda, R. (Hg.): Das Märchen der Märchen. Das
Pentamerone. Giambattista Basile. München 2000, p. 604.
Märchen
>> The
Navel of the Earth
>> Marja
Morevna
Hinweise
Variantenverzeichnis
>> Märchen-Suchdienst
Der Bär, der Adler und der Fuchs.
Karlinger/Rumänien 4
Die Kristallkugel. Grimm/KHM 197
Marja Morevna. Afanasjew/Russland 159
Die drei Tierbrüder. Basile/Italien 4,3
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