Die verdrängte
  Braut 533
  Märchentyp AT: 533; cf. 403, 450
  Grimm KHM: Die Gänsemagd 89
  
  
  Eine Königstochter wird von einer
  Dienerin zu ihrem Vater geführt, um verheiratet zu
  werden. Oder sie ist einem fernen Prinzen versprochen und
  reist mit ihrer Kammerfrau zu Pferd zu ihm. Sie führt ein
  sprechendes Pferd und ein paar Tropfen Blut auf einem
  Tuch, das sie als schützenden Talisman von ihrer Mutter
  erhalten hat, bei sich, das auf die Rede des Pferdes
  antwortet. Die Prinzessin wird unterwegs sehr durstig. Als
  sie am Wasser trinkt, nimmt die Dienerin ihr das Tuch weg,
  das davonschwimmt, und dann zwingt sie sie, mit ihr die
  Kleider zu tauschen. Am Königshof angekommen, gibt sich
  die Dienerin für die Prinzessin aus, während diese nun
  zusammen mit einem Hirtenjungen die Gänse hüten muss.
  Die Dienerin lässt das Pferd schlachten, um nicht
  verraten zu werden, jedoch wird der Kopf am Schlosstor
  angebracht. Die neue Gänsehirtin hat jedoch grosse Macht
  über Tiere sowie über Wetter und Wind, und ihr Haar ist
  von Gold. Will der Junge ihr ein Haar nehmen, fliegt
  gleich sein Hut mit dem Wind davon. Als sie heimgehen,
  spricht der Pferdekopf mit der Gänsemagd. Der Hirtenjunge
  erzählt das dem König, der ihnen am folgenden Tag
  nachgeht und hört, dass der Knabe die Wahrheit gesagt
  hat. Oft ist die wahre Königstochter an einen Eid
  gebunden, so dass sie ihr Schicksal nicht einem Menschen
  sondern verschiedenen Dingen (Ofen, Stein, Herd, Bild)
  beichtet. Der König (Prinz) bekommt seine Tochter
  (Prinzessine) wieder, und die Dienerin wird bestraft.
  
  
  Anmerkung
  Dieses Märchen gehört zum Kreis Die weisse und die
  schwarze Braut mit 450 (Brüderchen und Schwesterchen) als
  Grundtyp. Wir haben hier eine Vertauschung der Braut vor
  der Ehe, eine Heldin mit Zauberkräften, wenn auch in
  einer etwas ungewöhnlicheren Form, und wir haben
  sprechende Tiere, aber keine Verwandlung.
  Um das Verhältnis des Märchens zu diesem Kreis
  verstehen zu können, muss uns erlaubt werden, an eine
  Zwischenform, eine bisher nicht erwähnte kleine Gruppe
  von Märchen zu erinnern, die hauptsächlich bei den
  slawischen, den süd- und westromanischen Völkern sowie
  in Ungarn, Rumänien, Kleinasien und Griechenland daheim
  ist. Wir können das Märchen Die Geblendete nennen. Die
  Heldin, die Zauberkräfte besitzt, ist dem Helden nur
  durch ein Bild bekannt. Die Stiefmutter, d.h. die böse
  Frau, und ihre Tochter begleiten sie auf ihrer Reise zum
  Bräutigam. Als Wegzehrung bekommt die Heldin gesalzenes
  Brot, wodurch sie gezwungen wird, um Wasser zu bitten. Um
  es zu bekommen, muss sie sich ihrer Kleider entledigen und
  wird dann am Weg geblendet zurückgelassen. Hierauf nimmt
  die Stiefschwester den Platz des Mädchens ein. Der Rosen
  wegen, die sie lacht, gelingt es der Heldin jedoch, ihr
  Augenlicht wieder zu erlangen, worauf der Held seine
  Auserkorene findet, manchmal dadurch, dass sie bei ihm
  Dienst annnimmt. Die Schuldigen werden wie herkömmlich
  bestraft. Für den Bruder ist, wie im Märchen Der
  sprechende Pferdekopf, kein Platz. An Stelle der Blendung
  tritt in einigen Varianten die Verstümmelung der Hände
  des Mädchens, und damit gehen diese Varianten in 706 (Das
  Mädchen ohne Hände) über. Zu der Gruppe Die Geblendete
  gehört auch das Berta-Märchen, d.h. das Märchen von der
  Gemahlin Pippins des Kurzen, das nicht lange nach ihrem
  Tod (bearbeitet von Adnet le Roi im Jahre 1280)
  aufgekommen sein dürfte.
  
  Literatur
  Arfert, P.: Das Motiv von der unterschobenen
  Braut in der internationalen Erzählungslitteratur.
  Rostock 1897.
  Göttner-Abendroth, H.: Die Göttin und ihr Heros.
  München 1993.
  Lüthi, M.: So leben sie noch heute. Göttingen 1969.
  Memmer, A.: Die altfranzösische Bertasage und das
  Volksmärchen. Halle 1935.
  Reinhold, J.: Über die verschiedenen Fassungen der
  Bertasage. In: Zeitschrift für romanische Philologie 35,
  1911, p. 1 ff.
  Scherf, W.: Das Märchenlexikon. München 1995.
  
  Märchen
  >> Das grosse Buch der
  Zaubermärchen
  
  Hinweise
  Wie die durch den Eid zum Schweigen gegen alle Menschen
  verpflichtete Gänsemagd ihr Leid dem Eisenofen klagt und
  dabei vom alten König belauscht wird, so offenbaren in
  KHM 91 die drei befreiten Königstöchter die Untat der
  Jägerburschen dem Ofen. Sonst wird auch ein Stein zum
  Vertrauten gemacht. Im Roman Loher und Maller beredet
  Zormerin den Maller dazu, Lohers Geheimnis der Erde in der
  Nebenkammer zu sagen. Bei Basile stellt die arme
  Küchenmagd eine Puppe, ein Messer und einen Wetzstein vor
  sich hin, erzählt ihnen ihre Leidensgeschichte und droht,
  sich zu erstechen, wenn die Puppe nicht antworte. Der
  geschwätzige Barbier des Königs Midas gräbt ein Loch in
  die Erde und flüstert hinein, dass Midas Eselsohren habe;
  das verraten dann die dort aufspriessenden Rohrhalme. - In
  einigen dieser Fälle sieht es so aus, als solle durch
  solche Ofenbeichte nur ein erzwungener Eid über Dinge,
  die das Gewissen zu offenbaren gebietet, listig umgangen
  werden; zu Grunde aber liegt sicherlich der uralte Brauch,
  dass Unglückliche und Verfolgte, die bei keinem Menschen
  Trost finden, sich klagend an die umgebende Natur und an
  leblose Gegenstände wenden. Die Personifikation des Ofens
  mag wohl mit Vorstellungen vom heiligen Feuer, von der
  Unterwelt oder den Ahnengeistern zusammenhängen.
  Aus der Verwandtschaft des Märchens mit dem Kreis der
  untergeschobenen Braut erklärt es sich, dass oft Züge
  dieser Gruppe eingemischt werden: der Heldin werden
  besondere wunderbare Eigenschaften verliehen, ihrem Bruder
  wird eine besondere Rolle zugewiesen, ausser der
  Verstümmelung trifft sie die Verwandlung in eine Ente.
  Aus Lothringen sind zwei Fassungen bekannt geworden. In
  beiden fehlt der Eid und die Ofenbeichte, wie auch die
  Zwiesprache mit dem Pferdehaupt; vielmehr erhält in jener
  die rechte Braut durch den Hirten ihren Talisman, das Tuch
  mit den drei Blutstropfen, zurück und bewegt den Prinzen,
  mit ihr zu ihrer Mutter zurückzureisen. In der zweiten
  Fassung geht die Königstochter nicht zu ihrem Verlobten,
  sondern wie in mehreren Märchen zu ihrem entfernt
  wohnenden Bruder; nachdem sie ihren goldenen Apfel
  unterwegs beim Trinken verloren, zwingt ihre Tante sie,
  mit der eignen Tochter zu tauschen, macht sie zur
  Hühnermagd und lässt ihren Esel töten. Der Bruder
  belauscht ihr Gespräch mit den Truthühnern und erkennt
  die Schwester. Eine schwedische Sage stimmt in der
  Schilderung der Gänsemagd, die durch windbannende
  Zaubersprüche den zudringlichen Hirtenknaben fernhält,
  zur deutschen Aufzeichnung; der Eingang aber ist
  verschieden. König Ingewall lässt nach dem Tode seiner
  Frau die einzige Tochter Åsa in de Ferne erziehen; als
  sie herangewachsen ist, soll sie mit ihrer Pflegeschwester
  zu ihm kommen und wird unterwegs von dieser zum
  Kleidertausch gezwungen.
  In andern Fassungen wird die Heldin unterwegs geblendet
  und hilflos zurückgelassen. In der siebenbürgischen
  Erzählung in der drei Schwäne das Augenlicht
  wiederverleihen. Im sizilianischen Märchen "Die
  böse Gräfin" begleiten die Jungfrau, der Blumen aus
  dem Mund, Perlen aus den Haaren und Fische aus den Händen
  hervorgehen, ihre Tante und deren Tochter auf der
  Brautfahrt, stechen ihr die Augen aus und lassen sie in
  einer Höhle. Ein alter Mann führt sie in sein Haus,
  kauft für zwei Körbe Rosen von der bösen Tante die
  Augen wieder und setzt sie ihr ein. Bei "Le tre
  sorelle" schneiden die beiden älteren Schwestern der
  Königsbraut auch die Hände ab; auf den Rat einer
  Schlange kauft sie Augen und Hände von der an ihre Stelle
  getretenen Schwester für Feigen und Pfirsiche zurück.
  "La giovane ingraziata"; durch einen
  Sonnenstrahl in eine Schlange verwandelt. In der
  katalanischen Fassung "La serpeta" erhält die
  Köhlertochter von der falschen Königin für den Apfel
  zuerst Katzenaugen und erst später ihre eignen zurück. -
  Rumänisch: "Von der Kaisertochter, die einen Mann
  haben wollte"; die Jungfrau, aus deren Haaren Gold
  und Silber fällt und bei deren Lachen, Weinen und Husten
  Sonnenschein, Regen und Sturm eintritt, wird dem Prinzen
  von ihrem Bruder gerühmt; unterwegs steigt eine
  Zigeunerin nachts durchs Fenster in die Herberge, blendet
  die Braut und legt ihre Tochter an deren Stelle, verkauft
  aber später die ausgestochenen Augen dem Pfleger der
  Unglücklichen. - Griechisch: "Vom Mädchen, das
  Rosen lacht und Perlen weint"; die Botin der
  geblendeten Braut erhält für ihre Rosen von der falschen
  Amme Hundeaugen; der König hört von dem schönen
  Schloss, das die rechte Braut gebaut, geht hin und
  entdeckt den ihm gespielten Betrug. Eine Aufzeichnung aus
  Lesbos "La fille du roi et le garçon de bains"
  erzählt noch ausführlicher den Eingang, wie der König
  seine drei Töchter den Männern vermählt, denen diese
  goldene Äpfel zuwerfen, und wie die jüngste, die einen
  Bademeister heiratet, unter der Verachtung der Ihrigen
  leidet, wie aber ihre Tochter von den Feen mit Wundergaben
  beschenkt wird. Hier ist es die Tante des Mädchens, die
  ihm die Augen aussticht und an seiner Stelle ihre eigne
  Tochter dem Prinzen als Braut zuführt, der die Feen wie
  Basiles Grannizia ein Eselsglied auf die Stirn gesetzt
  haben. Die Heldin verwandelt sich, nachdem sie ihre Augen
  wiedererlangt hat, in eine Zypresse; als die Feindin diese
  umhauen lässt und eine alte Frau ein Scheit davon in ihr
  Haus mitnimmt, findet sie einige Tage darauf dort ein
  junges Mädchen; der Prinz erkennt endlich die rechte
  Braut und lässt die Betrügerin und deren Mutter wählen,
  ob sie durch vierzig Schwerter oder vierzig Maulesel
  sterben wollen. - Serbokroatisch: "Einem Mädchen
  blüht eine Rose auf dem Kopfe, hinter ihr wächst Gras,
  und auf diesem Grase weidet ein goldenes Pferd". Bei
  Mikulicic: die zehnte Tochter, die der Vater anfänglich
  ins Meer schleudern wollte, weint Diamanten und lacht
  Rosen; auf der Hochzeitsfahrt stechen ihr die Köchin und
  deren Tochter die Augen aus, hacken die Hände ab und
  stossen sie ins Wasser; ein Einsiedler heilt sie, sie baut
  eine Hütte, wo sie zwei Kinder gebiert und der Prinz, dem
  vor der zweiten Braut graut, sie findet. Aus Bosnien:
  "Die Ente mit den goldenen Flügeln"; die drei
  Schicksalsgöttinnen bestimmen es so für das Mädchen. -
  Tschechisch: "Das goldene Spinnrad"; Augen,
  Füsse, Hände wiedergekauft, das Spinnrad verrät die
  Untat. Aus Mähren: ein armer Mann findet die ermordete
  Fürstenbraut unter Reisig verborgen, ruft sie ins Leben
  zurück und bringt der falschen Fürstin einen
  rosenbekränzten goldenen Spinnrocken und einen Sarg; als
  der Fürst den öffnet, erblickt er die rechte Braut. Aus
  Westböhmen: die Rosen lachende Braut geblendet, erhält
  ihre Augen für zwei Rosen wieder, vom jagenden König
  aufgefunden. Aus Südböhmen: die Stiefmutter besucht die
  junge Frau, stürzt sie in den Brunnen und schiebt ihre
  Tochter unter; als dieser ein Frosch aus dem Mund springt,
  läuft der Herr davon. - Polnisch: das Mädchen, dem zwei
  Fische die Gabe verliehen, dass sie unter ihrem Bett
  Silber- und Goldstücke findet und Goldhaare bekommt,
  heiratet einen König, wird aber von dessen Stiefschwester
  in eine goldene Ente verwandelt. Aus dem Krakauerland:
  Königsbraut von der Stiefmutter geblendet, erhält die
  Augen für ihre Perlen und Rosen wieder, auf der Jagd
  wiedergefunden. - Grossrussisch: das Mädchen soll den
  Bruder besuchen; die begleitende Magd nötigt sie
  fünfmal, in den Flüssen am Weg zu baden, hackt dem
  warnenden Hündchen die Füsse und den Kopf ab und stösst
  das Mädchen beim sechsten Fluss hinein; es muss nun die
  Rolle tauschen und beim Bruder die Pferde weiden; als
  diese abmagern, belauscht der Bruder das Mädchen, wie es
  sich unterm Baum mit goldenem Kamm kämmt. Aus Rjazan: die
  junge Frau, die einst von einem dankbaren Hecht begabt
  worden war, wird in Abwesenheit des Zaren in eine goldene
  Ente verwandelt, die den Speichel des Zaren auffängt und
  im Wald zwei Knaben gebiert, die von der falschen Frau
  ermordet werden. - Kleinrussisch aus Galizien: die Magd
  verstümmelt die Kaiserbraut; der Bauer, der diese
  aufnimmt, kauft für die "goldenen Erbsen", die
  sie weint, die Glieder wieder. Aus Poltawa: die
  perlenlachende Prinzenbraut wird von der Magd geblendet
  und, als sie ihre Augen wieder erlangt, ihres in einem Ei
  geborgenen Lebens beraubt; aber der Prinz erblickt die
  Leiche in der goldenen Kapelle, und ein Knabe lässt sich
  von der falschen Frau das Ei geben und bringt's am
  Ostertag zur Kapelle. Aus Kiew: die Heldin kauft ihre
  Augen wieder und erbaut ein Wirtshaus, in dem der König
  sie sieht und liebgewinnt; als die falsche Königin sie
  töten lässt, gebiert sie im Sarg ein Kind und wird
  wieder lebendig; die Einleitung handelt von dem Bruder der
  Heldin und dem dankbaren Toten. -
  Weissrussisch: Gott und sein Engel verleihen der
  Mildherzigen, dass sie Rosen lacht, Perlen weint und in
  ihrem Waschwasser goldene Fischlein schwimmen, der bösen
  Stiefschwester aber entgegengesetzte Gaben; der König,
  der ihr Bild bei ihrem Bruder gesehen, lässt sie kommen;
  als aber der untergeschobenen Braut Frösche, Eidechsen
  und Schlangen entfallen, erschlägt er den Bruder; nachts
  besucht die Ente seinen Sarg in der Kirche; der König
  erlöst sie durch Verbrennen ihres Gefieders. - Türkisch:
  "Von der Rosenschönen"; die tückische
  Begleiterin der Heldin ist eine Hofdame; diese lässt den
  Hirsch, an dessen Leben das der rechten Braut geknüpft
  ist, töten, aber der Prinz findet infolge eines Traumes
  die Koralle aus dem Hirschherzen, die den Leichnam wieder
  belebt. - Armenisch: auf die ausführliche Geschichte der
  Mutter folgt das Unglück der jungen Königin; während
  sie im Bad ist; legt eine Magd ihre Kleider an, tritt als
  Königin auf und lässt jene blenden; nachdem jene aber
  ihre Augen für Rosen eingetauscht, wird sie im Schloss
  Dienerin, und der König erkennt sie am Rosenlachen. -
  Auch in Kaschmir "The jogi's daughter" erzählt
  man von einem Mädchen, aus dessen Augen und Mund Perlen
  und Goldblumen fallen und dessen Fussstapfen Goldstücke
  enthalten, und das ein König auf den Bericht eines
  Brahmanen hin zur Frau begehrt; unterwegs sticht ihr die
  Hofdame für einen Trunk Wasser die Augen aus und lässt
  sie in einem Kasten den Fluss hinabschwimmen; dann folgt
  die Aufnahme bei einem Wäscher, der Kauf der Augen und
  die Entdeckung der rechten Braut. Bei Dracott wird die
  Tochter einer vertriebenen Königin von drei Feen auf
  gleiche Weise begabt. -
  Aus Chile: "The good serpent"; die dankbare
  Schlange rät Mariquita, ihre Augen von der falschen Braut
  wiederzukaufen, die das erste und zweite Mal die Augen
  eines Hundes und einer Katze gibt; und zeigt später, wie
  die getöteten Brüder Mariquitas mit dem Blut ihrer
  Zwillingskinder belebt werden können. - In einem Märchen
  der Zulu "Utombi-yapansi" nötigt eine Eidechse
  (Imbulu) die zu ihrer verheirateten Schwester reitende
  Heldin, ihr ihren Schmuck und den Reitochsen zu
  überlassen und ihr unter dem Namen Hundeschwanz
  (Umsila-wezinja) als Magd zu folgen. Wie diese beim
  Schwager die Vögel aus dem Garten scheucht und badet und
  isst, braucht sie Zaubersprüche, in denen sie ihren
  wahren Namen nennt. Der Schwager hört durch eine andre
  Magd davon, überrascht sie und nimmt sie zur Frau,
  nachdem er die Eidechse durch kochendes Wasser getötet
  hat. In einer nahe verwandten Überlieferung
  "Ukcombekcantsini" wird die Heldin, die mit
  ihrem Bräutigam Ukakaka in dessen Heimat zieht, ebenfalls
  von der Eidechse bewogen, ihr den Ochsen und die Kleider
  zu leihen, und dann nebst ihren Mägden in Finken
  verwandelt. Als Ukakaka von der Jagd zurückkehrt, sagt
  ihm die Eidechse, die Dienerinnen seien fortgelaufen, und
  zieht als seine Frau mit ihm in den Kraal. Dort erscheint
  die wahre Braut mehrmals mit ihren Mägden, während die
  Leute bis auf eine alte Frau auf dem Feld sind, und
  besorgt heimlich alle häuslichen Arbeiten, bis der
  Häuptling die Sache entdeckt. In einer andern Geschichte
  "Mbulukazi" heiratet der Häuptling Breitbrust
  zwei Schwestern; die hässliche stösst die schöne
  Mbulukazi aus Neid in den Teich, aber ihr Ochse holt sie
  heraus und leckt sie, bis sie zum Leben erwacht.
  Diejenigen Märchen, in denen die Blendung und
  Verstümmlung der Heldin erst nach der Hochzeit
  stattfindet, gehören eigentlich näher zu unserer KHM 11
  und 13. Über die Erzählungen, in denen nicht eine
  Königsbraut, sondern ein Prinz unterwegs von seinem
  Diener gezwungen wird, mit ihm die Rolle zu tauschen und
  einen Eid des Schweigens zu leisten, vgl. R. Köhler 1,
  394, Dietrich Nr. 10 "Bulat der brave Bursche"
  und Rittershaus S. 219. Im rumänischen Märchen
  "Frunse-Wärdje" kauft die hl. Mutter Sonntag
  die Augen des von der treulosen Mutter und ihrem Buhlen
  ermordeten Helden vom Drachen zurück; ähnlich Hahn Nr.
  24.
  Dem Hauptinhalt nach kommt unser Märchen sichtbar
  zusammen mit der Sage von Berta, der Mutter Karls des
  Grossen, die Prinzessin Berta wird auf der Fahrt aus
  Ungarn oder Österreich zu Pipins Hof von des Hofmeisters
  Knechten oder von drei Rittern mit dem Tode bedroht und
  hilflos im wilden Wald zurückgelassen und an ihrer Stelle
  des Hofmeisters Tochter dem König zugeführt und
  vermählt; sie findet bei einem Müller Unterkunft und
  wirkt kunstreiche Seidenborten, bis nach Jahren Pipin auf
  der Jagd sich dorthin verirrt und die Maid liebgewinnt.
  
  Variantenverzeichnis
  >> Märchen-Suchdienst
  Die Gänsemagd. Grimm/KHM 89
  Der Königssohn und sein Diener. Afanasjew/Russland 123
  Die beiden Kuchen. Basile/Italien 4,7
  Von dem Mädchen, das Rosen lacht und Perlen weint.
  Hahn/Griechenland 1,28
  Die Kaufmannstochter und ihre Dienerin. Afanasjew/Russland
  127
  
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