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Der treue Ferdinand 531

Märchentyp AT: 531
Grimm KHM: Ferdinand getreu und Ferdinand ungetreu 126


Ein Junge erhält von seinem Paten ein sprechendes Pferd. Im Dienst eines Königs wird er von einem Kameraden beim König verleumdet und bekommt einen lebensgefährlichen Auftrag auszuführen. Er soll dem König eine von diesem begehrte, wunderschöne Prinzessin zuführen. Dem Rat des Pferdes folgend, beschafft der Junge Fleisch und Brot, um die Riesen und Vögel zu bestechen, die die Prinzessin bewachen, und es gelingt ihm sogar, deren Hilfe zu gewinnen, um sie heimzuführen. Die Prinzessin, die zauberkundig ist, zieht jedoch den Jungen dem König vor. Sie lässt dem Jungen den Kopf abschlagen und setzt ihn dann wieder auf seinen Platz oder kocht ihn in einem siedenden Bad und lässt ihn wieder unverletzt auftreten. Dann veranlasst sie den König, eine ebensolche Behandlung zu verlangen, indem sie ihm vorspiegelt, dass er dadurch schön wie ein Jüngling werde. Als er zustimmt, kann sein Leben nicht gerettet werden, und die Prinzessin heiratet den Jungen. Das sprechende Pferd verwandelt sich nach erfüllter Aufgabe in einen Prinzen.


Anmerkung

Die Verjüngungsprozedur kennen wir aus dem Märchen Die wunderbaren Helfer (513AB), und wir erwähnten dort ein modernes, südslawisches Märchen, das gleichzeitig vom Goldenen Vliess handelte. Sowohl 513AB, das hier behandelte Märchen, als auch das Märchen Die magische Flucht (313) gehören auch zu den Märchen, die der Argonautensage ihren Stoff gegeben haben.

Gewisse Varianten lassen den Helden entgegen dem Rat des Pferdes eine Feder mitnehmen, die einem goldenen Vogel gehört, den zu holen er später beauftragt wird. Man ist daher vielleicht berechtigt, diesen Auftrag mit der Aufgabe, das Goldene Vliess zu holen, gleichzustellen. Und das sprechende Pferd mag, mit dem Pferdemenschen Cheiron, dem Pflegevater Jasons, verglichen werden. Der Zug von der goldenen Feder wird auf viele Arten variiert. Manchmal wird die Feder der Prinzessin in Schwanenjungfraugestalt zugeschrieben, manchmal hat sie eine Parallele in einem goldenen Zopf, was an das Haarlockenmotiv in dem altertümlichen Batamärchen oder ein ähnliches Motiv in den Sagen von Tristan und Isolde und Gange Rolf erinnert. In einigen deutschen Versionen, u.a. bei Grimm, wurde die Feder völlig missverstanden und ist eine zum Schreiben hergerichtete Feder geworden.

Da noch weitere Aufträge vorkommen, erhält der Held oft Hilfe von dankbaren Tieren (einem Fisch, Ameisen, Bienen, Raben usw.). Die Aufträge werden entweder vom Vater der Prinzessin oder von ihr selbst erteilt. Oft fehlt das Pferd, und ein anderer Helfer (manchmal auch ein Esel) tritt an dessen Stelle. Als Einleitungsmotiv finden wir in einer ungarischen und in einer jüdischen, vor dem Jahr 1200 niedergeschriebenen Variante das Märchen Das Fell der grossen Laus (siehe 621).

Das Märchen ist mitunter mit dem Märchen Die Weissagung, eines reichen Mannes Schwiegersohn zu werden (461) und mit den heroisierten Versionen des Märchens Die untergeschobene Braut oder Der sprechende Pferdekopf (533) sowie schliesslich mit dem Märchen der Vogel, das Pferd und die Prinzessin (550) gekoppelt.

Am interessantesten ist jedoch zu sehen, wie Motive, die dem Märchen Die Kleinodien des Riesen (328) angehören, dessen Muttermärchen das hier behandelte Märchen ist, hier und dort in den verschiedenen Varianten auftauchen, nicht zuletzt im östlichen Mitteleuropa. Als Einleitungsmotiv finden wir folglich u.a. das in den Kleinodien des Riesen oft vorkommende Motiv vom Vertauschen der Kopfbedeckungen (1119). Das Motiv ist uralt (siehe 327B, Die Kinder bei der Hexe mit dem Däumling). Oft verlaufen die beiden Märchen so ähnlich, dass es schwer ist, sie zu unterscheiden.


Literatur

Aarne, A.: Der reiche Mann und sein Schwiegersohn. Helsinki 1916.
Derungs, K.: Struktur des Zaubermärchens I. Bern, Stuttgart, Wien 1994.
Gobyn, L.: Verjüngungsmotive im Märchen und in der volkstümlichen Bilderkunst. In: Die Zeit im Märchen. Hrsg. von U. Heindrichs u.a. Kassel 1989.
Mudrak, E.: Herr und Herrin der Tiere. In: Fabula 4, 1961, p. 163-173.
Röhrich, L.: Herr der Tiere. In: EM 6, p. 866-879.


Märchen

>> La belle aux cheveux d'or


Hinweise

Das wertvolle Märchen gehört zu dem Kreis der goldhaarigen Jungfrau, die der Held einem König gewinnen und als Braut zuführen muss und die er dann selber heimführt, enthält aber verschiedene Unklarheiten. Das in der weissen Schlange (KHM 17) und der Bienenkönigin (KHM 62) vorkommende Motiv der mit Hilfe der dankbaren Tiere gelösten Aufgaben ist unvollständig ausgenützt. Wir scheiden folgende Teile: A) Der Held, dem bei der Taufe ein Bettler einen Schlüssel geschenkt, erhält dadurch ein redendes und ratgebendes Ross; B) findet eine Schreibfeder und C) erhält von einem dankbaren Fisch eine Flöte; D) trifft einen Gesellen, Ferenand ungetrü, mit dem zusammen er in den Dienst des Königs tritt, und E) holt auf Betreiben seines ungetreuen Gesellen für den König eine schöne Prinzessin, nachdem er nach seines Schimmels Anweisung die Riesen und Vögel durch Spenden von Brot und Fleisch sich geneigt gemacht hat, dann auch ihre Schriften und die ins Wasser gefallene Schreibfeder. F) Die zauberkundige Prinzessin enthauptet (1) und belebt ihn, entledigt sich aber des Königs, der das Gleiche begehrt. G) Der hilfreiche Schimmel verwandelt sich in einen Prinzen.

(1) Der rote Faden am Hals des Wiederlebendiggemachten erscheint bei Konrad von Würzburg, Engelhart v. 6386; vgl. Goethes Faust v. 4203. Bottermann, Arnims altdeutsche Studien, Diss. Göttingen 1895 S. 68.

Aus dem Riesengebirge: "Von der Schönsten unter der Sonne"; Eingang wie bei Grimm; Petrus findet einen Goldstein mit dem Namen der Schönen, füttert Riesen und Fische und erhält durch den Vogel Greif Wasser des Lebens und des Todes; der Neider fehlt. Aus Hannover: "Der Herrgott als Pate"; als der König ausser dem Vogel auch die schöne Jungfrau und den klugen Schimmel fortnimmt, kehrt der Held verkleidet wieder und entführt sie in das Schloss der Jungfrau. Aus Holstein: "De dree Balsamn"; das Patenkind des Teufels nimmt das goldene Hufeisen und die Feder auf; Fisch liefert die von der Jungfrau verlangten Balsame.

Im Dänischen gibt es ein Volksbuch vom Jahre 1710, dessen Held Bryde mit Hilfe eines redenden Esels für einen Fürsten die schöne Florabella holt, die von der Hexe in einen Seidenfaden, Strohhalm und in ein Brot verwandelt war; als der Fürst ihn auf einen falschen Verdacht hin hängen lassen will, wird er von einem Troll fortgeschleppt, dem Bryde früher Gutes erwiesen hatte. "Vulle Bondedreng"; Vulle dient einem Zwerg, von dem er eine Büchse, ein Pferd und andre Wundergaben erhält, und darauf einem König. Auf der Fahrt zur sonnengleichen Prinzessin, die der König auf den Rat des Ritters Rot veranlasst, helfen dankbare Tauben, Elfen, Zwerge und Fische einen Acker bestellen, ein Schiff bauen, einen Hengst zähmen und ihr Schloss fortschaffen. Als Vulle gehängt werden soll, spielt er auf seiner Fiedel; die Zwerge kommen und hängen den Ritter Rot; das enthauptete Pferd wird zu einer Prinzessin, die der König heiratet, während Vulle die Schöne erhält. "Mons Tro"; auf den goldenen Federn, die er gegen des Pferdes Rat aufgehoben, steht das Bild der Prinzessin, und dies gewahrt der König. Fische, Wölfe und Riesen gefüttert, helfen. Tro wird mit Todes- und Lebenswasser besprengt, der König nur mit dem Todeswasser. "Den gyldne Fjer"; Tro hebt wider des Esels Warnung die Feder auf; der König gebietet ihm auf Utros Rat, den Goldvogel zu holen, der sich in eine Jungfrau verwandelt; Wasser des Lebens und Todes. "Hesten Blank"; Königin in ein Brot, ihr Sohn in einen Maulesel verwandelt. - Schwedisch: der Held muss für den König auf Anstiften seines neidischen Bruders zwei Goldböcke und die entführte Königin holen. "Skytten Bryte"; erhält vom Troll Esel, Pfeife und Büchse; Prinzessin verwandelt in Seidenknäul, Brot und Bremse. "Prins Trogen"; Pferd hilft die Prinzessin für den König holen; dankbare Wölfe, Riesen, Hecht; Wasser des Lebens. -

Norwegisch: ein Knabe, den der König für einen halben Pfennig gekauft und aufgezogen hat, wird vom Ritter Raud verleumdet und soll die Schöne von Babylon holen; ein Alter berät ihn, eine Hexe schenkt ihm einen Hund; dankbare Enten und Fliegen und fünf Brüder, denen er das Erbe geteilt hat, helfen ihm ein Schloss bauen, den Ring aus dem Meer holen und die Jungfrau von zwei gleichen unterscheiden. Im Märchen von der Grimsschecke hat der von seinem Ross beratene Bursche nicht eine Braut für den König, sondern dessen vom Troll entführte Tochter zu holen; bevor er sie zur Frau erhält, muss er einen Berg wegschaffen, ein Höllenpferd gewinnen, die versteckte Prinzessin zweimal finden und sich selber vor ihr verstecken. - Schottisch: John wird von einem grauen Mann, der ihn von seinem Vater erkauft hat und der sich in ein Pferd oder Schiff verwandelt, beraten; als der König die Schreibfeder aus dem ehernen Schloss bei ihm sieht, muss er die Herrin, das Schloss, die Schlüssel und drei Wasser holen. - Französisch: "La belle aux cheveux d'or"; wo ein Hündchen statt des beratenden Pferdes auftritt; dem Helden helfen ein dankbarer Karpfen, Rabe und Eule den Ring finden, einen Riesen töten und Schönheitswasser herbeischaffen; er heiratet die Schöne, nachdem sich der eifersüchtige König aus Versehen mit einem Gifttrunk statt des Schönheitswassers gewaschen hat. Aus Lothringen: "Le roi d'Angleterre et son filleul"; der Held wird auf dem Weg zum König, seinem Paten, von einem Buckligen gezwungen, mit ihm zu tauschen, und muss drei Kleinode des Riesen und die entführte Tochter des Königs holen, wobei ihn eine alte Frau und der Riese berät; Fische, Ameisen, Ratten, Raben, Riesen gefüttert, hilfreich; Wasser des Lebens und des Todes. Aus der Bretagne: "La belle aux clés d'or"; der redende Schimmel, auf dem der Held aus dem Dienst des Teufels entflieht, unterweist ihn, wie er die Schöne, ihre Schlüssel und ihre Burg für den König holen und dem Feuertod entgehen kann, und verwandelt sich in eine Jungfrau, die ihm Unglück in der Ehe mit der Schönen voraussagt. "Petit-Jean"; erhält von seiner Patin, der h. Jungfrau, einen Esel, entführt auf seinem Schiff die Prinzessin, holt deren Schlüssel und Palast und heiratet jene, nachdem der König verbrannt ist. "Le pêcheur de Saint-Cast"; Pferd warnt vor der Goldkette, hilft die Prinzessin Dore, ihre Schlüssel, ein wildes Ross und das Wasser des Lebens, Todes und der Schönheit holen. "N'oun-doaré"; Krone aufgehoben; die Stute wird zu einer Königstochter, nachdem der Held die Prinzessin für den König geholt; Fisch, Vogel, Dämon. "Le princesse du palais enchanté"; statt des ratgebenden Pferdes ein Greis im Brunnen; Reise zur Sonne; Löwe, Menschenfresser, Ameise helfen die Prinzessin gewinnen. -

Rätoromanisch: "Die Adlerbraut"; der Patensohn des Königs muss unterwegs mit einem Zwerg tauschen und die von einem Drachen entführte Tochter des Königs befreien. Ein Greis ist sein Ratgeber, Bär, Leopard und Adler seine Helfer im Kampf. - Italienisch: Livoretto entführt im Auftrag des Sultans von Kairo die schöne Bellisandra aus Damaskus, als diese sein Zauberpferd bewundert und besteigt; ein dankbarer Fisch und Falke schaffen für ihn ihren Ring und Lebenswasser herbei; sie tötet den Jüngling und belebt ihn wieder; wie der Sultan Gleiches begehrt, ersticht sie ihn, wirft den Leichnam in den Schlossgraben und heiratet Livoretto. "Ciccu"; hilft auf Geheiss seines Rosses einer Biene, einem Fisch und Adler; muss in den Feuerofen springen. "I tre giganti"; ein rothaariger Wirt raubt dem Jüngling den Brief des Königs; eine Alte hilft ihm beim Schäferdienst die Riesen überwinden. - Maltesisch: "Der böse Ratgeber des Königs, die Elefantenzähne, der singende Vogel, das tanzende Wasser und die Tochter der Schönheit". - Spanisch: "Bella-flor"; José muss für den König die Jungfrau Bella-flor holen; Ameisen, Adler, Fisch helfen; Bad in siedendem Öl; der ratspendende Schimmel ist ein dankbarer Toter. - Griechisch: "Der Königssohn und der Bartlose"; der Prinz muss unterwegs mit dem Diener tauschen und die Goldgelockte holen; Pferd hilfreich; Ameisen, Bienen, Raben dankbar. "Der junge Jäger und die Schöne der Welt"; vermischt mit den Dienern mit wunderbaren Eigenschaften. Den Helden berät nicht ein Pferd, sondern seine Mutter. - Rumänisch: "Juliana Kosseschana"; Petru gewinnt mit Hilfe seines Pferdes die Schöne, vor deren Vater er sich dreimal versteckt, muss sie dann einem König ausliefern, der die unterwegs gefundene Goldkrone bei ihm sieht, und bleibt in der siedenden Stutenmilch unversehrt, während der König in diesem Bad umkommt. "Die tapfere Königstochter"; die dritte Schwester zieht in Männerkleidern in den Krieg und wird schliesslich in einen Mann verwandelt. Ihr Pferd rät vergeblich, die goldene Rippe und den goldenen Zopf nicht aufzuheben. Sie muss das Goldferkel, die Schöne und das Schwert Gottes für den König holen. Bad in siedender Milch. Dankbare Tiere fehlen. - Serbokroatisch: "Ein Prinz und ein Araber"; der uneheliche Sohn eines Kaisers sucht seinen Vater, wird vom Neger gezwungen mit ihm zu tauschen und muss für ihn eine Braut werben, wobei ihm dankbare Ameisen, Fische und Adler helfen; enthauptet und von der Schönen belebt. Ähnlich: Zigeuner statt Neger. Aus Kroatien: der Teufel hilft dem Helden; Krähen, Bienen, Fisch. Aus Bosnien: Krähe hilft die Nachtigall und die Jungfrau holen. "One good turn deserves another"; Eisenhand; Diener am Brunnen; Bären, Wölfe, Tauben weiden, drei goldene Äpfel der Prinzessin gewinnen. "Veljko Lovic und Kušljo"; Pferd warnt, die Vogelfedern zu nehmen; der Held holt den Vogel, den Käfig, die Kaiserstochter, ihr Schloss und ihre Schlüssel. "Der goldwollige Widder"; der Kaiser legt dem Jäger Aufgaben auf. "Vierundzwanzig Brüder"; Lagerstätten mit den Hexentöchtern vertauscht; Schwert, Federn gefunden; Schöne geholt; Bad in siedender Milch. Aus Slawonien: zwölf Brüder wollen zwölf Schwestern heiraten; goldenes Haar, Feder, Hufeisen; Jungfrau, Vogel, Füllen geholt; Bad in Stutenmilch. Slav. Blätter 1, 245 "Die zwölf Brüder". - Bulgarisch: Bartloser am Brunnen; Löwenzähne, Steuer von wilden Menschen und Jungfrau holen; Raben, Ameisen, Bienen helfen Lebenswasser bringen, Kornarten sondern, die Jungfrau herausfinden. Aus Südmazedonien: Drache hütet Quelle; Adler, Hasen, Bären, Ameisen, Wespen helfen. - Tschechisch: 27 Brüder aus Vogeleiern hüten des Königs Wiese; der jüngste erbietet sich die verschwundene Braut des Königs zu holen, dann ihren Schrein, den Schlüssel, ein Schwert; enthauptet und belebt; Pferd und dankbarer Hund, Adler, Fisch. "Die falschen Brüder"; Lagerstätte mit den Hexentöchtern vertauscht; Schimmel hilft dem jüngsten, ebenso Fisch, Riesen, Adler. Popelka: zwölf Brüder suchen zwölf Schwestern; Hufeisen, Goldhaar. Aus Mähren: zwölf Brüder bei einer Hexe mit zwölf Töchtern; Feder, goldenes Haar; Vogel, Pferd, Jungfrau, Bad. Kulda: Hufeisen und Totenkopf gefunden, die vom Drachen gestohlene Königstochter aufgesucht, Fragen aufgetragen, Bad in Stutenmilch. Václavek: Lagerstätte mit den Hexentöchtern vertauscht; der Held holt einen Käfig voll Wild, ein Fässchen mit Getränken, Jungfrau, Ring, Wasser der Schönheit, des Todes und des Lebens. - Slowakisch: schwarzhaariger Prinz im Land der Rothaarigen, muss mit dem Diener am Brunnen tauschen, tötet Drachen, holt Prinzessin, nachdem er drei Aufgaben mit Hilfe von Ameisen, Vögeln und Fischen gelöst; Lebenswasser. -

Polnisch: Held Radziwilla, eigentlich ein holzgeschnitztes Kind, weiss Rätselfragen zu lösen, holt Vogel, Apfelbaum, Sonnentochter und deren Schätze. Aus Nordungarn: 30 Brüder aus Vogeleiern hüten des Kaisers Kornfeld; der jüngste gewinnt ein Pferd, muss eine goldene Katze, Hahn, Pferd holen; beim Zauberer gefangen, schiebt er dessen Frau in den Bratofen und entrinnt; holt die geraubte Jungfrau, badet im Pechkessel. Aus Galizien: der jüngste Bruder belauscht die nachts tanzenden Hexen; vertauscht die Lagerstätten der Brüder mit den Hexentöchtern nach dem Rat seines Pferdes, findet goldenes Hufeisen und Haarlocke; der Held fängt eine Stute, findet Hufeisen und Feder, holt drei Antworten von der Sonne, Pferd und Vogel, badet in siedendem Wasser und wird des Königs Schwiegersohn. - Grossrussisch: der von drei Greisen gefundene Knabe "Trechsyn" = Dreisohn hebt auf seinem Ritt Tuch, Pfauenfeder und Papier auf, soll die Sonne und die Meeresmutter aufsuchen; Pech- und Milchbad und der jüngste Bruder fängt eins der nachts das Feld zertretenden Pferde; Feuervogel, Jungfrau, Hochzeitskleid; Bad in Pech, Milch und Wasser. Aus Nizegorod: eine Hexe schiebt der Kaiserin einen Hund statt ihres Kindes unter, diese wird auf dem Meer ausgesetzt. Gouv. Jelisavetpol: Trjomsyn von drei Räubern aufgezogen; Goldfeder; holt Vogel, Jungfrau, Meerstuten; Bad in siedender Milch. - Kleinrussisch: zwölf Brüder suchen zwölf Schwestern; Zar begehrt die Frau des jüngsten; Goldfeder, Hufeisen, Milchbad; zur Sonne, Meereskönigin und den Stuten geschickt. Dreisohn soll das Pferd und die darauf sitzende Jungfrau holen und hundert Meeresstuten melken; Dreisohn; Vogel, Meeresjungfrau, Mond, Lebenswasser. Südungarn: Lebenswasser für den erblindeten Vater; Hufeisen; Pferd und Jungfrau mit Hilfe eines dankbaren Toten geholt; treulose Brüder. Kolberg: zwölf Brüder suchen zwölf Schwestern; Hufeisen, Jungfrau, Enterich, Pferdehaar; Milchbad. Nowosielski: Prinz und Pferd zugleich nach Genuss eines Krautes geboren; Feder gefunden; Feuervogel, Prinzessin, Geige holen, Berg fortschaffen; Milchbad. Aus Lublin: Patrosyn ist vom Vater geboren, der von der Arznei seiner Frau kostete, von Krähen fortgetragen und von Räubern erzogen; holt Vogel, Jungfrau, deren Schätze mit Hilfe dankbarer Tiere; als er in einer Nacht ein Kind zeugen soll, bringt ihm ein Kranich ein solches. Aus Poltawa: Vogel, Jungfrau, zum Mond, Schätze; Milchbad; Drachin hilft. Aus Kiew: Tromsyn ist aufgezogen von Gott, Petrus und Paulus, tritt in den Dienst eines Rothaarigen, dringt verwandelt in Taube, Bär, Fisch, Mücke zur Schönen, um deren Ring und Schwert dem Kaiser zu bringen, vom Sohn des Rothaarigen getötet, von Gott belebt. - Weissrussisch: zwölf Brüder aus Eiern; der jüngste fängt die Stute mit zwölf Fohlen; Hexentochter; holt Jungfrau, Hochzeitskleid, Ring, Kerzen, Geige, Pferde; ermordet und vom Pferd belebt. Aus Minsk: 100 Söhne aus Eiern, 100 Hexentöchter. Entführung der Meerjungfrau. -

Ungarisch: "Le crapaud"; der Knecht, der für hundert Gulden ein Silbergefäss gekauft und die darin befindliche Kröte grossgezogen hat, holt mit Hilfe dieser und eines dankbaren Hundes, Fisches und Taube die schöne Helene für den König, deren Ring und Lebens- und Todeswasser. "Feenprinzessin Goldhaar". - Zigeunerisch: "Die überwundene Amazone". - Armenisch: der Held fängt den Fasan mit dem leuchtenden Stein im Kopf, muss einen Leuchtturm bauen, listet drei Dews eine Tarnkappe, Teppich und Tischtuch ab, löst mit dankbaren Tieren fünf Aufgaben und holt die Jungfrau für den Kaiser. - Ajsorisch: der jüngste Prinz holt für seinen Vater die Erde, die unter dem Vogelkäfig eines zwölfköpfigen Dews und einer Jungfrau liegt; ein dankbarer Fisch gesellt sich in Gestalt eines Jünglings zu ihm; Feder aufgehoben; Vogel und Jungfrau; Milchbad. - Awarisch: die Zauberin hilft dem Prinzen, der an ihrer Brust saugt, zu dem Meerpferd; goldene Feder; Feuervogel, Meerjungfrau in Taubengestalt; Milchbad. - Türkisch: "Der verzauberte Rosenzweig und die Weltschöne". - Tatarisch: "Die Waise"; Stute im Getreide gefangen, gibt ihr jüngstes Fohlen; Flügel des Vogels, Sonnenjungfrau; Fragen aufgetragen, Kamm aus dem Meer, Bad in Pech, Milch und Spiritus. - Aus Nigeria: "The boy who cheated Death"; magische Flucht vor Frau Tod, Wettreiten mit dem tückischen Prinzen.

Das Alter des Märchens ergibt sich daraus, dass es bereits im 12. Jahrhundert in die Tristansage aufgenommen war: auch hier zieht der Held aus, um die blonde Isolde, von der Schwalben ein Haar zum alten König Marke gebracht haben, aufzusuchen und ihm als Gattin zuzuführen.(2) Im 14. Jahrhundert erscheint es in der Gaungu-Hrólfs Saga verbunden mit dem Rollentausch zwischen dem Königssohn und dem treulosen Diener: der Jarl Thorgnýr sitzt am Grab seiner Frau, da fliegt eine Schwalbe über ihn hin und lässt ein langes goldenes Haar zu seinen Füssen niedersinken. Er gelobt, die Maid, von der das Haar stammt, zur Frau zu gewinnen, und verheisst dem norwegischen Recken Hrólfr seine Tochter, wenn er ihm jene herbeischaffe. Hrólfr überwindet auch den Berserker König Eireks und entführt die schöne Ingigerðr; aber der verräterische

(2) Vgl. R. Köhler 2, 328 "Tristan und Isolde und das Märchen von der goldhaarigen Jungfrau und von den Wassern des Todes und des Lebens". Golther, Die Sage von Tristan und Isolde 1887 S. 16.

Vilhjálmr schlägt ihm im Schlaf beide Füsse ab, lässt die Königstochter Schweigen über die Untat geloben und bringt dem Thorgnýr die Braut. Ehe er jedoch den Lohn dafür empfängt, erscheint Hrólfr, den ein Zwerg geheilt hat, entlarvt den Betrüger und wird nach Thorgnýrs Tod Ingigerðrs Gatte. In einer hebräischen Handschrift, die vor 1200 in Frankreich oder England entstanden ist, steht die Geschichte des Rabbi Jochanan. Dieser kauft für tausend Goldstücke ein schönes Kästchen, in dem sich ein kleiner Skorpion befindet, und füttert diesen gross, bis er selber ganz verarmt. Da beginnt der Skorpion, der ein Sohn Adams ist, zu reden und stellt seinen Pflegern einen Wunsch frei; der Rabbi begehrt alle Sprachen, auch die der Tiere, zu verstehen, seine Frau verlangt Reichtum. Wie der König von der Weisheit Jochanans vernimmt, befiehlt er ihm, die Schöne mit den goldenen Haaren herbeizuholen, von der ein Rabe ihm ein Haar hat auf die Schulter fallen lassen. Auf seinem Weg teilt der Rabbi sein Brot mit einem Hund und einem Raben und kauft einen eben gefangenen Fisch frei. Die Königin begehrt, ehe sie ihm folgt, Wasser aus dem Paradies und der Hölle; von jedem holt der dankbare Rabe ein Krüglein. Sodann einen ins Meer gefallenen Ring; der Fisch bringt es bei dem Leviathan dahin, dass der, welcher ihn verschlungen, ihn wieder ans Land speien muss; indem aber kommt ein Wildschwein daher und schlingt ihn abermals hinunter; nun setzt der Hund dem Schwein nach und zerreisst es in zwei Stücke, so dass Jochanan den Ring wiederfindet. Daheim ist inzwischen des Rabbi Frau gestorben. Weil er dem König die Braut gebracht hat, steht er in Gnaden bei ihm und wird darum von Neidern ermordet. Aber die junge Königin, die ihm sehr gewogen ist, begiesst ihn mit dem Paradieswasser, wovon er alsbald das Leben wieder erhält. Im Vertrauen auf solche Belebung zieht der König in den Kampf und wird samt seinen Hofleuten erschlagen. Die Königin aber schüttet das Höllenwasser auf ihn, wovon er alsbald zu Asche verbrennt. Dann spricht sie zum Volk: "Seht, es war ein gottloser Mensch, sonst wäre er wieder lebendig geworden", und heiratet den Jochanan. Im jüdisch-deutschen Maasebuch heisst der Rabbi Chanina, und das von ihm gepflegte Tier ist ein Frosch.

Das von einem Vogel herbeigetragene oder auf dem Fluss heranschwimmende goldige Haar, dessen Anblick den König im jüdischen Märchen wie in der Tristansage mit Verlangen nach dessen Eigentümerin erfüllt, ist ein uralter Zug, der schon im ägyptischen Brüdermärchen vorkommt. In ähnlicher Weise bewirkt die goldene Feder, die der Held trotz der Abmahnung seines Pferdes vom Boden aufhebt, den Auftrag, den Goldvogel, von dem die Feder stammt, oder die Schöne, deren Bild darauf zu sehen ist, für den König herzuholen. - Die List, durch die sich die Schöne des alten Gemahls entledigt, ist eine Trugheilung ähnlich der von Medea gegen den alten Pelias angewandten Vorspiegelung. Dazu dient teils das Wasser des Lebens, mit dem sie den getöteten Jüngling besprengt, das sie aber nicht beim Leichnam des Königs anwendet, teils ein Bad in siedender Stutenmilch, die das Zauberross des Helden kühl bläst, oder ein gewaltiges Feuer, in dem der Held unverletzt bleibt, weil er sich mit dem Schaum seines Pferdes bestrichen hat.

Das Märchen erscheint auch auf einen weiblichen Meisterdieb übertragen. "The bear maiden"; die jüngste Schwester holt die von der Hexe geraubte Sonne, den Mond und das Pferd. - Im italienischen Märchen "Lu serpende" bei Finamore 1, 1, 25 muss die als Mann verkleidete Jungfrau dem König eine Schlange fangen und dann zum Sprechen bringen; darauf enthüllt diese die Buhlerei der Königin.


Variantenverzeichnis

>> Märchen-Suchdienst

Ferdinand getreu und Ferdinand ungetreu. Grimm/KHM 126
Der junge Jäger und die Schöne der Welt. Hahn/Griechenland 2,63
Der Knabe und die Schlange. Haltrich/Deutschland 21
Die Schöne mit den goldenen Haaren. Aulnoy/Frankreich 1,2
Das Zauberross. Haltrich/Deutschland 10


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