Der Junge und
  die Vogelsprache 517
  Märchentyp AT: 517; cf. 670, 671,
  725
  Grimm KHM:
  
  
  Ein junger Mann, der die
  Vogelsprache versteht, hört einige Vögel sagen, dass ihm
  einmal seine Eltern das Wasser zum Händewaschen reichen
  würden. Auf Verlangen des Vaters erzählt er diese
  Weissagung. Der Vater ist empört und stürzt seinen Sohn
  ins Meer. Der junge Mann rettet sich und wird dann
  Schwiegersohn eines Königs. Er hatte ihm nämlich gesagt,
  warum einige Raben seit Jahren in lästiger Weise den
  König verfolgten. Sie wollten, sagte er, dass der König
  in einem Streit unter ihnen sein Urteil fällen solle, was
  der König auch tat. Nach langer Zeit bekommt der junge
  Mann seine Eltern zu sehen, die ihn nicht erkennen, und
  die Weissagung geht in Erfüllung.
  
  
  Anmerkung
  So ungefähr wird das Märchen in einer Anzahl später
  abendländischer Versionen der Sieben weisen Meister
  (Vaticinium) erzählt. Es bildet dort auch mehrfach die
  Einleitung und den Schluss des oben unter 516 (Der
  versteinerte Diener) besprochenen Romanes Amicus und
  Amelius (Amici), der seit dem 11. Jahrhundert bekannt ist.
  Gewisse Züge erinnern jedoch an das Sukasaptati Nr. 9, in
  dem ein Minister eine ihm kundgewordene Wahrheit
  verschweigt und den Abschied bekommt.
  In Europa ist das hier behandelte Märchen oft
  ausgeweitet und hat eine andere AT-Nummer (671) bekommen.
  Der Jüngling versteht darin auch die Sprache der Hunde
  und Frösche und wird schliesslich König oder Papst. In
  dieser Form treffen wir das Märchen in der Bretagne, in
  Flandern, bis nach der Sowjetunion, der Türkei und
  Italien. Weiter begegnen wir einer anderen Form des
  Märchens mit der ungefähr gleichen, aber etwas
  östlicheren Verbreitung in der Erzählung vom Jüngling,
  der seinen Traum nicht erzählen wollte (725). Der Traum
  hat genau die gleiche Weissagung zum Inhalt, wie die oben
  in unserem Märchen berichtete. Die Weissagungen der
  Vögel sind in den Märchen die früheste Form und Die
  sieben weisen Meister der Ursprung des hier behandelten
  Märchens. Das Verstehen der Vogelsprache ist eine
  Vorstellung, die noch so weit im Osten wie in China
  lebendig ist.
  
  Literatur
  Aarne, A.: Der tiersprachenkundige Mann und
  seine neugierige Frau. Hamina 1914.
  Derungs, K.: Struktur des Zaubermärchens I. Bern,
  Stuttgart, Wien 1994.
  Eliade, M.: Schamanismus und archaische Ekstasetechnik.
  Frankfurt 1975.
  Röhrich, L.: Märchen und Wirklichkeit. Wiesbaden 1974.
  Thompson, S.: The Folktale. New York 1951.
  
  Märchen
  >> Das grosse Buch der
  Zaubermärchen
  
  Hinweise
  
   
  
  
  Variantenverzeichnis
  >> Märchen-Suchdienst
  
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