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Die Geliebte des Unholds 507

Märchentyp AT: 507A; cf. 506
Grimm KHM:


Ein Junge sieht, wie man die Leiche eines Toten misshandelt, und erfährt als Ursache hierfür, dass der Tote seine Schulden nicht bezahlt hatte. Deshalb bezahlt er die Schulden und lässt ihn begraben. Als er seine Reise fortsetzt, erhält er die Gesellschaft eines unbekannten Mannes, der ihm seine Dienste gegen die Hälfte all dessen anbieten, was sie erwürben. Unterwegs verschafft sich der Helfer verschiedene wunderbare Gegenstände (Tarnkappe, Flügel, Schwert etc.), für die er später Verwendung findet. Schliesslich kommen sie zu einem Schloss, wo die Prinzessin alle ihre Freier töten liess, weil sie ihre Bedingungen nicht erfüllen, ihre Rätsel nicht raten oder ihre Gedanken nicht lesen konnten. Der Junge erhält als ersten Auftrag, den Gegenstand zu erraten, an welchen die Prinzessin denkt, und ihn ihr zu bringen oder, bis zum Morgen einen Gegenstand aufzubewahren, den ihm die Prinzessin am Abend gibt. Am Abend begibt sie sich jedoch auf eine Zauberfahrt durch die Luft, dabei den in Frage stehenden Gegenstand mit sich nehmend, zumeist eine Schere, einen Ring, ein Silbergefäss, Essbesteck usw. Das Ziel ihrer Fahrt ist ein Unhold, der ihr Geliebter ist, und ihm gibt sie den Gegenstand zur Aufbewahrung. Aber der Unbekannte oder in gewissen Varianten der Junge selbst folgt ihr mit Hilfe der Zaubergegenstände und holt das Verborgene wieder. Der Unhold rät der Prinzessin, dem Jungen als dritte Aufgabe die Frage zu stellen, wessen Lippen sie zuletzt geküsst habe. Nun folgt die gleiche Luftfahrt wie zuvor, aber gerade als sich die Heldin von ihrem Geliebten trennt, fällt dessen Haupt durch den Unbekannten oder den Jungen selbst, der am folgenden Morgen das Haupt des Unholds als Antwort auf das gegebene Rätsel vorzeigt. Damit sind die Aufgaben gelöst, und der Junge erhält die Hand der Prinzessin.


Anmerkung

Dieses Märchen dürfte teils aus 306 (Die zertanzten Schuhe) entstanden sein, das ihm in vieler Hinsicht nahesteht und auf das wir hinweisen, und teils aus der uns durch die Bibel bekannten Erzählung von Tobias (siehe 551), der in der Brautnacht durch seinen Helfer davor bewahrt wurde, von einer grossen Schlange getötet zu werden. Dieser Helfer ist einer der dankbaren Toten, den der Vater des Tobias heimlich begrub und den die Bibel zum Engel Raphael machte. Auch ihm wird die Hälfte dessen angeboten, was sie auf ihrer gemeinsamen Reise erwerben. Die volkstümlichen Varianten von 507BC (Tobiasmärchen) stehen der Geliebten des Unholds noch näher als die Version der Bibel und erstrecken sich vom Orient bis nach Böhmen. Gewisse Varianten haben einige weitere, beinahe mechanische Anleihen aus 519 eingegliedert, u.a. den Bräutigamstausch und die wunderbaren Helfer mit dem Frostmann. Das Märchen dürfte nicht weiter als in das Mittelalter zurückverlegt werden können. 1595 dürfte es in England bekannt gewesen sein.


Literatur

Fischer, H.: Studien zur deutschen Märendichtung. Tübingen 1968.
Hartmann, E.: Die Trollvorstellungen in den Sagen und Märchen der skandinavischen Völker. Stuttgart 1936.
Menar, A. Löwis of: Die Brünhildsage in Russland. Leipzig 1923.
Lüthi, M.: So leben sie noch heute. Göttingen 1969.
Röhrich, L.: Dankbarer Toter. In: EM 3, p. 306-322.


Märchen

>> Das grosse Buch der Zaubermärchen


Hinweise

 


Variantenverzeichnis

>> Märchen-Suchdienst

Der Reisekamerad. Andersen/Dänemark 7
Wie Ivan Kaufmannssohn die Carevna gesund betete. Afanasjew/Russland 364


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