Die Nixe im
Teich 316
Märchentyp AT: 316
Grimm KHM: Die Nixe im Teich 181
Ein ungeborener Sohn wird einer
Meerfrau oder einem Fisch im Mühlteich versprochen. Als
diese ihn abholen will, bewirken die Eltern eine
Verlängerung der Frist oder geben vor, der Sohn sei
gestorben. Dieser zieht aus und erlangt von dankbaren
Tieren die Fähigkeit, selbst ihre Gestalt anzunehmen,
z.B. Ameise oder Löwe. Durch diese Fähigkeit erfährt er
die Lösung von Brautaufgaben und gewinnt eine Prinzessin
zur Frau. Jedoch wird der Held beim Waschen eines Tages
vom Fisch verschluckt oder gerät in die Gewalt der
Meerfrau. Gegen drei goldene Äpfel oder anderer magischer
Gegenstände - manchmal auf Anraten einer alten Frau -
bringt die Prinzessin die Nixe bzw. den Fisch dazu, dass
diese ihren Mann aus dem Wasser zeigt - erst bis zum Kopf,
dann bis zur Mitte und schliesslich ganz. Er entkommt und
vereinigt sich wieder mit der Prinzessin.
Anmerkung
Literatur
Derungs, K.: Archaische Naturmotive in den
Zaubermärchen. In: Die ursprünglichen Märchen der
Brüder Grimm. Bern 1999.
Holmberg, U.: Das Wasser des Lebens. Göttinnen und
Wasserkult. Bern 1996.
Propp, V.J.: Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens.
München 1987.
Ranke, K.: Schleswig-holsteinische Volksmärchen. Kiel
1955.
Scherf, W.: Das Märchenlexikon. München 1995.
Thompson, S.: The Folktale. New York 1951.
Walker, B.G.: Die weise Alte. München 1985.
Weinhold, K.: Die Verehrung der Quellen. In:
Mythologische Landschaft Deutschland. Hrsg. von Heide
Göttner-Abendroth und Kurt Derungs. Bern 1999.
Märchen
>> Die
Nixe im Mansfelder See
>> Der Müller
und die Nixe
Hinweise
In einer Fassung aus Dümpfel in der Oberpfalz
verheisst eine Wasserfrau dem Fischer reichen Fang für
das, was er zu Hause nicht wisse. Das ist ein Kind, das
seine Frau unterm Herzen trägt. Der Sohn wächst heran
und zieht in die Fremde. Unterwegs teilt er ein gefallenes
Pferd zwischen einem Bär, Fuchs, Falken und einer Ameise,
die ihm dafür die Gabe verleihen, ihre Gestalt
anzunehmen. Er kommt in eine Stadt, wo drei sich ganz
ähnliche Königstöchter leben; wer die mittelste errät,
soll sie zur Frau erhalten und das Königreich dazu. Als
Falke lässt der Jüngling sich von der Prinzessin fangen,
gewinnt ihre Zuneigung, trifft bei der Wahl die rechte
Schwester und wird ihr Gemahl. Auf der Jagd aber gerät
er, als er aus dem Bach trinken will, in die Gewalt der
Wasserfrau. Die Königin bietet dieser einen goldenen
Kamm, Ring und Pantoffel, wenn sie ihren Gatten aus dem
Wasser emporhebe. Beim dritten Mal entfliegt er als Falke;
doch die Königin wird durch die ergrimmte Nixe in einen
Drachen verwandelt und erst durch einen Zauberer im
Glutofen entzaubert.
Wir finden also folgende Motive vereinigt: A. Ohne es
zu wissen, verspricht ein Mann seinen Sohn einem
Wasserweib. - B. Der Sohn zieht als Jüngling aus und
erhält von dankbaren Tieren die Gabe der Verwandlung, -
C. gewinnt die Hand einer Königstochter, - D. fällt aber
dann in die Gewalt der Nixe und wird durch seine Frau, die
jener drei goldene Kleinode schenkt, befreit; - E. und
nach mehreren Jahren mit seiner Gattin wieder vereint.
Aus dem Odenwald: "Das graue Männchen"
entstellt; ein Männchen statt der Nixe, eine in einen
Bären verwünschte Dame statt der Tiere, das Männlein
erhält Uhr und Spiegel. Aus dem Harz: "Der Mann ohne
Leib"; vorher Heilung des geblendeten Helden; Tötung
des Entführers der Prinzessin, dessen Leben in einem Ei
steckt; der Held wird vom Nebenbuhler ins Wasser
gestürzt. Aus Pommern: "Der Kaufmann und die
Seejungfrau". - Dänisch: ein Greis statt der Nixe,
erzieht den Knaben wie der wilde Mann und verleiht ihm die
Gabe der Verwandlung; Ritter Rot stösst ihn ins Meer,
eine Meerfrau fängt ihn auf und lässt ihn frei, als die
beiden Prinzessinnen verbrannt werden sollen. -
Schwedisch: Befreiung durch sein Flötenspiel.
"Zuerst geboren, zuerst vermählt"; der von der
Meerfrau geraubte Prinz wird von einem Mädchen erlöst,
das im Schlafgemach sich nicht nach ihm umdreht, durch
einen rollenden Apfel zur Meerfrau geleitet wird und diese
bewegt, ihr den Gatten abzutreten. - Gälisch: "The
seamaiden"; Leben des Unholds im Ei. - Französisch:
"Les dons des trois animaux"; der Drachentöter
vom Nebenbuhler ins Meer gestürzt, vom Walfisch beim
Geigenspiel eines Bettlers emporgehoben, entflieht als
Adler, kommt zur Hochzeit der Königstochter. "La
sirène et l'épervier". "La dame des
clairs"; drei Goldäpfel, welche die Frau ihrem Kind
gibt, rollen in den See; der auftauchende Mann klimmt an
den Flechten seiner Frau empor. - Italienisch: Fortunio
fällt der Sirene zur Beute infolge einer Verwünschung
seiner Pflegemutter. Bei "La fanciulla e il
mago" ist nicht der Jüngling, sondern die Prinzessin
dem Zauberer versprochen, und dieser zieht ihn in die Erde
hinein, bis die Prinzessin ihm eine gläserne, silberne
und goldene Kugel zuwirft. - Griechisch: "Vom
Prinzen, der dem Drakos gelobt wurde". -
Lappländisch: "Der Knabe, die Meerfrau und Ritter
Rot"; die Königstochter spielt am Meer Geige.
Eine Meerfrau (Sirene) hält bei Basile und in andern
Varianten der weissen und der schwarzen Braut, die ins
Meer gestossene Heldin an einer Kette gefangen; ihr Gatte
ergreift die aus dem Meer Auftauchende und feilt die Kette
durch. Dagegen wird in unserm Märchen die Wasserfrau
durch glänzendes Goldgerät oder durch ihre Liebe zur
Musik bewogen, den Helden aus den Fluten emporzuheben.
Variantenverzeichnis
>> Märchen-Suchdienst
Der Müller und die Nixe.
Bechstein/Deutschland 41
Die Nixe im Teich. Grimm/KHM 181
Der Kaufmann und die Seejungfrau. Jahn/Deutschland 62
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