Die drei schwarzen Prinzessinnen KHM 137 (1857)
Märchentyp AT: 400, 401A
Ostindien wurde vom Feind belagert. Er wollte die Stadt nicht eher verlassen er müsse
erst sechshundert Taler haben. Da liessen sie austrommeln, wer die herbeischaffen könnte,
der sollte Bürgermeister werden. Da war nun ein armer Fischer, der fischte auf der See
mit seinem Sohne; da kam der Feind und nahm den Sohn gefangen und gab ihm dafür
sechshundert Taler. Da ging der Vater hin und gab das den Herren in der Stadt, und der
Feind zog ab, und der Fischer wurde Bürgermeister. Da wurde ausgerufen: wer nicht
"Herr Bürgermeister" sagte, der sollte am Galgen gerichtet werden.
Der Sohn aber kam den Feind wieder aus den Händen und kam in einen grossen Wald auf
einen hohen Berg. Der Berg tat sich auf, da kam er in ein grosses verwunschenes Schloss,
worin Stühle, Tische und Bänke alle schwarz behangen waren. Da kamen drei Prinzessinnen,
die ganz schwarz angezogen waren und nur ein wenig weiss im Gesicht waren; die sagten zu
ihm, er sollte nur nicht bange sein, sie wollten ihm nichts tun; er könne sie aber
erlösen. Da sagte er: Ja, das wolle er gerne tun, wenn er nur wüsste, wie er das machen
solle. Da sagten sie: Er sollte ein ganzes Jahr nicht mit ihnen reden und sollte sie auch
nicht ansehen; was er gern haben, wollte, das sollte er nur sagen; wenn sie Antwort geben
dürften, wollten sie es tun. Als er eine Zeitlang dagewesen war, sagte er, er wollte gar
zu gern einmal zu seinem Vater gehn. Da, sagten sie, das sollte er nur tun; diesen Beutel
mit Geld solle er mitnehmen, diese Kleider solle er anziehen, und in acht Tagen müsse er
wieder hier sein.
Da wurde er aufgehoben und war gleich in Ostindien. Aber er konnte seinen Vater in der
Fischerhütte nicht mehr finden und fragte die Leute, wo nur der arme Fischer geblieben
wäre. Da sagten sie, das dürfe er nicht sagen, sonst käme er an den Galgen. Nun kam er
zu seinem Vater und sagte zu ihm: "Fischer, wie seid Ihr dazu gekommen?" Da
sagte der: "Das dürft Ihr nicht sagen; wenn das die Herren von der Stadt gewahr
werden, kommt Ihr an den Galgen." Er wollte es aber gar nicht lassen, und so wurde er
zum Galgen gebracht. Als er nun dort war, sagte er: "0 meine Herren, gebt mir die
Erlaubnis, dass ich noch einmal zu der alten Fischerhütte gehen darf." Dort zog er
seinen alten Kittel an, kam wieder zu den Herren und sagte: "Seht ihr nun? Bin ich
nicht dem armen Fischer sein Sohn? In diesem Zeug habe ich meinem Vater und meiner Mutter
das Brot verdient." Da erkannten sie ihn und baten um Verzeihung und nahmen ihn mit
nach seinem Haus. Da erzählte er allen, wie es ihm ergangen war: dass er in einem Wald
gekommen wäre und auf einen hohen Berg; da hätte sich der Berg aufgetan, und da wäre er
in ein verwunschenes Schloss gekommen, wo alles schwarz gewesen sei; und drei
Prinzessinnen wären da gekommen, die wären schwarz gewesen und nur im Gesicht ein
bisschen weiss. Die hätten ihm gesagt, er solle nicht bange sein, er könne sie erlösen.
Da sagte seine Mutter, das möchte wohl nichts Gutes sein; er solle eine geweihte
Wachskerze mitnehmen und ihnen glühendes Wachs ins Gesicht tropfen.
Er ging nun wieder hin, und da graute ihm so. Und er tropfte ihnen das Wachs ins
Gesicht, als sie schliefen, und da wurden sie alle halbweiss. Da aber sprangen alle drei
Prinzessinnen auf und sagten: "Du verfluchter Hund, unser Blut soll über dich Rache
schreien! Nun ist kein Mensch auf der Welt geboren und wird keiner geboren, der uns
erlösen kann! Wir haben noch drei Brüder, die sind an sieben Ketten angeschlossen, die
sollen dich zerreissend Da erhob sich ein Geschrei im ganzen Schloss, und er sprang aus
dem Fenster und brach sich ein Bein, und das Schloss sank wieder in den Grund, der Berg
war wieder zu, und niemand wusste, wo es gewesen war.
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