Von dem Machandelbaum KHM 47 (1857)
Märchentyp AT: 720
Das ist nun lange her, wohl an die zweitausend Jahre, da war einmal ein
reicher Mann, der hatte eine schöne fromme Frau, und sie hatten sich beide sehr lieb,
hatten aber keine Kinder. Sie wünschten sich aber sehr welche, und die Frau betete darum
soviel Tag und Nacht; aber sie kriegten und kriegten keine. Vor ihrem Hause war ein Hof,
darauf stand ein Machandelbaum. Unter dem stand die Frau einstmals im Winter und schälte
sich einen Apfel, und als sie sich den Apfel so schälte, da schnitt sie sich in den
Finger, und das Blut fiel in den Schnee. "Ach", sagte die Frau und seufzte so
recht tief auf, und sah das Blut vor sich an, und war so recht wehmütig: "Hätte ich
doch ein Kind, so rot wie Blut und so weiss wie Schnee." Und als sie das sagte, da
wurde ihr so recht fröhlich zumute: Ihr war so recht, als sollte es etwas werden. Dann
ging sie nach Hause, und es ging ein Monat hin, da verging der Schnee; und nach zwei
Monaten, da wurde alles grün; nach drei Monaten, da kamen die Blumen aus der Erde; und
nach vier Monaten, da schossen alle Bäume ins Holz, und die grünen Zweige waren alle
miteinander verwachsen. Da sangen die Vöglein, dass der ganze Wald erschallte, und die
Blüten fielen von den Bäumen, da war der fünfte Monat vergangen, und sie stand immer
unter dem Machandelbaum, der roch so schön. Da sprang ihr das Herz vor Freude, und sie
fiel auf die Knie und konnte sich gar nicht lassen. Und als der sechste Monat vorbei war,
da wurden die Früchte dick und stark, und sie wurde ganz still. Und im siebenten Monat,
da griff sie nach den Machandelbeeren und ass sie so begehrlich; und da wurde sie traurig
und krank. Da ging der achte Monat hin, und sie rief ihren Mann und weinte und sagte:
"Wenn ich sterbe, so begrabe mich unter dem Machandelbaum." Da wurde sie ganz
getrost und freute sich, bis der neunte Monat vorbei war: da kriegte sie ein Kind so weiss
wie der Schnee und so rot wie Blut, und als sie das sah, da freute sie sich so, dass sie
starb.
Da begrub ihr Mann sie unter dem Machandelbaum, und er fing an, so sehr zu
weinen; eine Zeitlang dauerte das, dann flossen die Tränen schon sachter, und als er noch
etwas geweint hatte, da hörte er auf, und dann nahm er sich wieder eine Frau.
Mit der zweiten Frau hatte er eine Tochter; das Kind aber von der ersten
Frau war ein kleiner Sohn, und war so rot wie Blut und so weiss wie Schnee. Wenn die Frau
ihre Tochter so ansah, so hatte sie sie sehr lieb; aber dann sah sie den kleinen Jungen
an, und das ging ihr so durchs Herz, und es dünkte sie, als stünde er ihr überall im
Wege, und sie dachte dann immer, wie sie ihrer Tochter all das Vermögen zuwenden wollte,
und der Böse gab es ihr ein, dass sie dem kleinen Jungen ganz gram wurde, und sie stiess
ihn aus einer Ecke in die andere, und puffte ihn hier und knuffte ihn dort, so dass das
arme Kind immer in Angst war. Wenn er dann aus der Schule kam, so hatte er keinen Platz,
wo man ihn in Ruhe gelassen hätte.
Einmal war die Frau in die Kammer hoch gegangen; da kam die kleine Tochter
auch herauf und sagte: "Mutter, gib mir einen Apfel." "Ja, mein Kind",
sagte die Frau und gab ihr einen schönen Apfel aus der Kiste; die Kiste aber hatte einen
grossen schweren Deckel mit einem grossen scharfen eisernen Schloss. "Mutter",
sagte die kleine Tochter, "soll der Bruder nicht auch einen haben?" Das verdross
die Frau, doch sagte sie: "Ja, wenn er aus der Schule kommt." Und als sie ihn
vom Fenster aus gewahr wurde, so war das gerade, als ob der Böse in sie gefahren wäre,
und sie griff zu und nahm ihrer Tochter den Apfel wieder weg und sagte; "Du sollst
ihn nicht eher haben als der Bruder." Da warf sie den Apfel in die Kiste und machte
die Kiste zu. Da kam der kleine Junge in die Tür; da gab ihr der Böse ein, dass sie
freundlich zu ihm sagte: "Mein Sohn, willst du einen Apfel haben?" und sah ihn
so jähzornig an. "Mutter", sagte der kleine Junge, "was siehst du so
grässlich aus! Ja, gib mir einen Apfel!" "Da war ihr, als sollte sie ihm
zureden. "Komm mit mir", sagte sie und machte den Deckel auf, "hol dir
einen Apfel heraus!" Und als der kleine Junge sich hineinbückte, da riet ihr der
Böse; bratsch! Schlug sie den Deckel zu, dass der Kopf flog und unter die roten Äpfel
fiel. Da überlief sie die Angst, und sie dachte: "Könnt ich das von mir
bringen!" Da ging sie hinunter in ihre Stube zu ihrer Kommode und holte aus der
obersten Schublade ein weisses Tuch und setzt den Kopf wieder auf den Hals und band das
Halstuch so um, dass man nichts sehen konnte und setzt ihn vor die Türe auf einen Stuhl
und gab ihm den Apfel in die Hand.
Darnach kam Marlenchen zu ihrer Mutter in die Küche. Die stand beim Feuer
und hatte einen Topf mit heissem Wasser vor sich, den rührte sie immer um.
"Mutter", sagte Marlenchen, "der Bruder sitzt vor der Türe und sieht ganz
weiss aus und hat einen Apfel in der Hand. Ich hab ihn gebeten, er soll mir den Apfel
geben, aber er antwortet mir nicht; das war mir ganz unheimlich." "Geh noch
einmal hin", sagte die Mutter, "und wenn er dir nicht antwortet, dann gib ihm
eins hinter die Ohren." Da ging Marlenchen hin und sagte: "Bruder, gib mir den
Apfel!" Aber er schwieg still; da gab sie ihm eins hinter die Ohren. Da fiel der Kopf
herunter; darüber erschrak sie und fing an zu weinen und zu schreien und lief zu ihrer
Mutter und sagte: "Ach, Mutter, ich hab meinem Bruder den Kopf abgeschlagen",
und weinte und weinte und wollte sich nicht zufrieden geben. "Marlenchen", sagte
die Mutter, "was hast du getan! Aber schweig nur still, dass es kein Mensch merkt;
das ist nun doch nicht zu ändern, wir wollen ihn in Sauer kochen." Da nahm die
Mutter den kleinen Jungen und hackte ihn in Stücke, tat sie in den Topf und kochte ihn in
Sauer. Marlenchen aber stand dabei und weinte und weinte, und die Tränen fielen alle in
den Topf, und sie brauchten kein Salz.
Da kam der Vater nach Hause und setzte sich zu Tisch und sagte: "Wo
ist denn mein Sohn?" Da trug die Mutter eine grosse, grosse Schüssel mit
Schwarzsauer auf, und Marlenchen weinte und konnte sich nicht halten. Da sagte der Vater
wieder: "Wo ist denn mein Sohn?" "Ach", sagte die Mutter, "er ist
über Land gegangen, zu den Verwandten seiner Mutter; er wollte dort eine Weile
bleiben." "Was tut er denn dort? Er hat mir nicht mal Lebewohl gesagt!"
"Oh, er wollte so gern hin und bat mich, ob er dort wohl sechs Wochen bleiben
könnte; er ist ja gut aufgehoben dort." "Ach", sagte der Mann, "mir
ist so recht traurig zumute; das ist doch nicht recht, er hätte mir doch Lebewohl sagen
können." Damit fing er an zu essen und sagte: "Marlenchen, warum weinst du? Der
Bruder wird schon wiederkommen." "Ach Frau", sagte er dann, "was
schmeckt mir das Essen schön! Gib mir mehr!" Und je mehr er ass, um so mehr wollte
er haben und sagte: "Gebt mir mehr, ihr sollt nichts davon aufheben, das ist, als ob
das alles mein wäre." Und er ass und ass, und die Knochen warf er alle unter den
Tisch, bis er mit allem fertig war. Marlenchen aber ging hin zu ihrer Kommode und nahm aus
der untersten Schublade ihr bestes seidenes Tuch und holte all die Beinchen und Knochen
unter dem Tisch hervor und band sie in das seidene Tuch und trug sie vor die Tür und
weinte blutige Tränen. Dort legte sie sie unter den Machandelbaum in das grüne Gras, und
als sie sie dahin gelegt hatte, da war ihr auf einmal ganz leicht, und sie weinte nicht
mehr. Da fing der Machandelbaum an, sich zu bewegen, und die zweige gingen immer so
voneinander und zueinander, so recht, wie wenn sich einer von Herzen freut und die Hände
zusammenschlägt. Dabei ging ein Nebel von dem Baum aus, und mitten in dem Nebel, da
brannte es wie Feuer, und aus dem Feuer flog so ein schöner Vogel heraus, der sang so
herrlich und flog hoch in die Luft, und als er weg war, da war der Machandelbaum wie er
vorher gewesen war, und das Tuch mit den Knochen war weg. Marlenchen aber war so recht
leicht und vergnügt zumute, so recht, als wenn ihr Bruder noch lebte. Da ging sie wieder
ganz lustig nach Hause, setzte sich zu Tisch und ass. Der Vogel aber flog weg und setzte
sich auf eines Goldschmieds Haus und fing an zu singen:
"Mein Mutter der mich schlacht,
mein Vater der mich ass,
mein Schwester der Marlenichen
sucht alle meine Benichen,
bindt sie in ein seiden Tuch,
legts unter den Machandelbaum.
Kiwitt, kiwitt, wat vörn schöön Vagel bün ik!"
Der Goldschmied sass in seiner Werkstatt und machte eine goldene Kette; da
hörte er den Vogel, der auf seinem Dach sass und sang, und das dünkte ihn so schön. Da
stand er auf, und als er über die Türschwelle ging, da verlor er einen Pantoffel. Er
ging aber so recht mitten auf die Strasse hin, mit nur einem Pantoffel und einer Socke;
sein Schurzfell hatte er vor, und in der einen Hand hatte er die goldene Kette, und in der
anderen die Zange; und die Sonne schien so hell auf die Strasse. Da stellte er sich nun
hin und sah den Vogel an. "Vogel", sagte er da, "wie schön kannst du
singen! Sing mir das Stück noch mal!" "Nein", sagte der Vogel,
"zweimal sing ich nicht umsonst. Gib mir die goldene Kette, so will ich es dir noch
einmal singen." "Da", sagte der Goldschmied, "hast du die goldene
Kette; nun sing mir das noch einmal!" Da kam der Vogel und nahm die goldene Kette in
die rechte Kralle, setzte sich vor den Goldschmied hin und sang: "Mein Mutter der
mich schlacht, mein Vater der mich ass, mein Schwester der Marlenichen, sucht alle meine
Benichen, bindt sie in ein seiden Tuch, legts unter den Machandelbaum. Kiwitt,
kiwitt, wat vörn schöön Vagel bün ik!"
Da flog der Vogel fort zu einem Schuster, und setzt sich auf sein Dach und
sang: "Mein Mutter der mich schlacht, mein Vater der mich ass, mein Schwester der
Marlenichen, sucht alle meine Benichen, bindt sie in ein seiden Tuch, legts unter
den Machandelbaum. Kiwitt, kiwitt, wat vörn schöön Vagel bün ik!"
Der Schuster hörte das und lief in Hemdsärmeln vor seine Tür und sah zu
seinem Dach hinauf und musste die Hand vor die Augen halten, dass die Sonne ihn nicht
blendete. "Vogel", sagte er, "was kannst du schön singen." Da rief er
zur Tür hinein: "Frau, komm mal heraus, da ist ein Vogel; sieh doch den Vogel, der
kann mal schön singen." Dann rief er noch seine Tochter und die Kinder und die
Gesellen, die Lehrjungen und die Mägde, und sie kamen alle auf die Strasse und sahen den
Vogel an, wie schön er war; und er hatte so schöne rote und grüne Federn, und um den
Hals war er wie lauter Gold, und die Augen blickten ihm wie Sterne im Kopf.
"Vogel", sagte der Schuster, "nun sing mir das Stück noch einmal!"
"Nein", sagte der Vogel, "zweimal sing ich nicht umsonst, du musst mir
etwas schenken." "Frau", sagte der Mann, "geh auf den Boden, auf dem
obersten Wandbrett, da stehen ein paar rote Schuh, die bring mal her!" Da ging die
Frau hin und holte die Schuhe. "Da, Vogel", sagte der Mann, "nun sing mir
das Lied noch einmal!" Da kam der Vogel und nahm die Schuhe in die linke Kralle und
flog wieder auf das Dach und sang:
"Mein Mutter der mich schlacht,
mein Vater der mich ass,
mein Schwester der Marlenichen
sucht alle meine Benichen,
bindt sie in ein seiden Tuch,
legts unter den Machandelbaum.
Kiwitt, kiwitt, wat vörn schöön Vagel bün ik!"
Und als er ausgesungen hatte, da flog er weg; die Kette hatte er in der
rechten und die Schuhe in der linken Kralle, und er flog weit weg, bis zu einer Mühle,
und die Mühle ging: Klippe klappe, klippe klappe, klippe klappe. Und in der Mühle sassen
zwanzig Mühlknappen, die klopften einen Stein und hackten: Hick hack, hick hack, hick
hack; und die Mühle ging klippe klappe, klippe klappe, klippe klappe. Da setzte sich der
Vogel auf einen Lindenbaum, der vor der Mühle stand und sang: "Mein Mutter der mich
schlacht", da hörte einer auf; "mein Vater der mich ass", da hörten noch
zwei auf und hörten zu; "mein Schwester der Marlenichen" da hörten wieder vier
auf; "sucht alle meine Benichen, bindt sie in ein seiden Tuch", nun hackten nur
acht; "legts unter", nun nur noch fünf; "den Machandelbaum"
nun nur noch einer; "Kiwitt, kiwitt, wat vörn schöön Vagel bün
ik!" Da hörte der letzte auch auf, und er hatte gerade noch den Schluss gehört.
"Vogel", sagte er, "was singst du schön!" Lass mich das auch hören,
sing mir das noch einmal!" "Neun", sagte der Vogel, "zweimal sing ich
nicht umsonst; gib mir den Mühlenstein, so will ich das noch einmal singen."
"Ja", sagte er, "wenn er mir allein gehörte, so solltest du ihn
haben." "Ja", sagten die anderen, "wenn er noch einmal singt, so soll
er ihn haben." Da kam der Vogel heran und die Müller fassten alle zwanzig mit
Bäumen an und hoben den Stein auf, "hu uh uhp, hu uh uhp, hu uh uhp!" Da
steckte der Vogel den Hals durch das Loch und nahm ihn um wie einen Kragen und flog wieder
auf den Baum und sang:
"Mein Mutter der mich schlacht,
mein Vater der mich ass,
mein Schwester der Marlenichen
sucht alle meine Benichen,
bindt sie in ein seiden Tuch,
legts unter den Machandelbaum.
Kiwitt, kiwitt, wat vörn schöön Vagel bün ik!"
Und als er das ausgesungen hatte, da tat er die Flügel auseinander und
hatte in der echten Kralle die Kette und in der linken die Schuhe und um den Hals den
Mühlenstein, und flog weit weg zu seines Vaters Haus.
In der Stube sass der Vater, die Mutter und Marlenchen bei Tisch, und der
Vater sagte: "Ach, was wird mir so leicht, mir ist so recht gut zumute."
"Nein", sagte die Mutter, "mir ist so recht angst, so recht, als wenn ein
schweres Gewitter käme." Marlenchen aber sass und weinte und weinte. Da kam der
Vogel angeflogen, und als er sich auf das Dach setzte, da sagte der Vater: "Ach, mir
ist so recht freudig, und die Sonne scheint so schön, mir ist ganz, als sollte ich einen
alten Bekannten wiedersehen!" "Nein", sagte die Frau, "mir ist angst,
die Zähne klappern mir und mir ist, als hätte ich Feuer in den Adern." Und sie riss
sich ihr Kleid auf, um Luft zu kriegen. Aber Marlenchen sass in der Ecke und weinte, und
hatte ihre Schürze vor den Augen und weinte die Schürze ganz und gar nass. Da setzte
sich der Vogel auf den Machandelbaum und sang: "Meine Mutter die mich schlacht"
- Da hielt sich die Mutter die Ohren zu und kniff die Augen zu und wollte nicht sehen und
hören, aber es brauste ihr in den Ohren wie der allerstärkste Sturm und die Augen
brannten und zuckten ihr wie Blitze. "Mein Vater der mich ass" - "Ach
Mutter", sagte der Mann, "da ist ein schöner Vogel, der singt so herrlich und
die Sonne scheint so warm, und das riecht wie lauter Zinnamom." (Zimt) "Mein
Schwester der Marlenichen" - Da legte Marlenchen den Kopf auf die Knie und weinte in
einem fort. Der Mann aber sagte: "Ich gehe hinaus; ich muss den Vogel in der Nähe
sehen." "Ach, geh nicht", sagte die Frau, "mir ist, als bebte das
ganze Haus und stünde in Flammen." Aber der Mann ging hinaus und sah sich den Vogel
an - "sucht alle meine Benichen, bindt sie in ein seiden Tuch, legts unter den
Machandelbaum. Kiwitt, kiwitt, wat vörn schöön Vagel bün ik!"
Damit liess der Vogel die goldene Kette fallen, und sie fiel dem Mann
gerade um den Hals, so richtig herum, dass sie ihm ganz wunderschön passte. Da ging er
herein und sagte: "Sieh, was ist das für ein schöner Vogel, hat mir eine so schöne
goldene Kette geschenkt und sieht so schön aus." Der Frau aber war so angst, dass
sie lang in die Stube hinfiel und ihr die Mütze vom Kopf fiel. Da sang der Vogel wieder:
"Mein Mutter der mich schlacht" - "Ach, dass ich tausend Klafter unter der
Erde wäre, dass ich das nicht zu hören brauchte!" "Mein Vater der mich
ass" - Da fiel die Frau wie tot nieder. "Mein Schwester der Marlenichen" -
"Ach", sagte Marlenchen, "ich will doch auch hinausgehen und sehn, ob mir
der Vogel etwas schenkt?" Da ging sie hinaus. "Sucht alle meine Benichen, bindt
sie in ein seiden Tuch" - Da warf er ihr die Schuhe herunter. "Legts unter
den Machandelbaum. Kiwitt, kiwitt, wat vörn schöön Vagel bün ik!"
Da war ihr so leicht und fröhlich. Sie zog sich die neuen roten Schuhe an
und tanzte und sprang herein. "Ach", sagte sie, "mir war so traurig, als
ich hinausging, und nun ist mir so leicht. Das ist mal ein herrlicher Vogel, hat mir ein
Paar rote Schuhe geschenkt!" "Nein", sagte die Frau und sprang auf, und die
Haare standen ihr zu Berg wie Feuerflammen, "mir ist, als sollte die Welt untergehen;
ich will auch hinaus, damit mir leichter wird." Und als sie aus der Tür kam,
bratsch! Warf ihr der Vogel den Mühlstein auf den Kopf, dass sie ganz zerquetscht wurde.
Der Vater und Marlenchen hörten das und gingen hinaus. Da ging ein Dampf und Flammen und
Feuer aus von der Stätte, und als das vorbei war, da stand der kleine Bruder da, und er
nahm seinen Vater und Marlenchen bei der Hand und waren alle drei so recht vergnügt und
gingen ins Haus, setzten sich an den Tisch und assen.
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